„Es ist eine große Ehre für mich“

Der Neo-ÖTV-Headcoach blickt positiv auf seine neue Aufgabe und ist „guter Hoffnung“, dass es auch in Österreich viele Talente gibt.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 10.02.2014, 17:31 Uhr

Der neue ÖTV-Headcoach Michiel Schapers im Interview über Ronnie Leitgeb als erfolgreichen Headcoach-Scout, Lucas Miedler und Dominic Thiem als große Hoffnungsträger der österreichischen Tenniszukunft. Wird sein Jugendprogramm, aus dem in den Niederlanden das gesamte aktuelle Davis-Cup-Team rund um Robin Haase „herausgekommen" ist, auch in Österreich greifen?

Die Verhandlungen zwischen dem ÖTV und Ihnen liefen bereits seit Monaten. Können Sie sich noch daran erinnern, wann zum ersten Mal Kontakt aufgenommen wurde?

Das war während der Davis-Cup-Begegnung Niederlande gegen Österreich in Groningen. Dort bin ich Ronnie Leitgeb begegnet, der mich zum ATP-Turnier nach Wien eingeladen hat. Am Finalwochenende haben wir dann die ersten Details miteinander besprochen.

Was war für Sie letztendlich ausschlaggebend, dass Sie die Funktion des ÖTV-Headcoaches übernommen haben?

Einerseits ist es eine große Ehre für mich, dass mir von Ronnie Leitgeb diese Position angeboten worden ist. Ich kenne ihn sehr gut noch aus meiner eigenen Profikarriere und aus meiner Zeit als Privatcoach und schätze ihn bis heute sehr. Auf der anderen Seite ist für mich die Herausforderung, im österreichischen Jugendprogramm verbesserte Strukturen zu schaffen, sehr wichtig. Ebenso wichtig ist mir aber auch, den österreichischen Spitzenspielern dabei zu helfen, bestmögliche Resultate zu erringen.

Sie hatten in Amsterdam bis vor kurzem eine eigene Tennis-Akademie. War es für Sie schwierig, die Entscheidung zu treffen, von den Niederlanden nach Österreich zu übersiedeln?

Nein. Es gibt einen Trainer, der auch ein Freund von mir ist und eine Tennisschule in Amsterdam hat. Wir besprechen derzeit mit den Eltern und Spielern, wie es für sie weitergehen wird. Zu diesem Trainer können sie wechseln. Ich werde ihn auf jeden Fall empfehlen.

Kommt Ihre Familie ebenfalls nach Österreich?

Nein, nicht die gesamte Familie, da meine Kinder in den Niederlanden studieren. Aber meine Freundin wird nach einer gewissen Zeit zu mir nach Wien kommen. Wann das passieren wird, hängt vor allem von ihrer beruflichen Situation ab, da sie in den Niederlanden arbeitet. Ich glaube, es wird schon einige Monate dauern, bis für uns alles optimal eingerichtet ist.

Wie gut kennen Sie die österreichische Tennisszene?

Ich kenne u.a. Günter Bresnik sehr gut, der im Moment wahrscheinlich einer der erfahrensten Trainer in Österreich ist. Ich glaube, dass ich mit ihm künftig sehr gut zusammenarbeiten werde. Ansonsten kenne ich natürlich Clemens Trimmel, der mir, als ich im Oktober 2013 einen Tag lang im ÖTV-Leistungszentrum Südstadt war, sehr viele Informationen über die österreichischen Tennisspieler gegeben hat. Wenn ich nach Österreich komme, werde ich auch alle anderen Spieler und Trainer kennenlernen.

Wen zum Beispiel?

Vor allem Lucas Miedler. Er hat im Vorjahr bei der U18-EM in Klosters gegen einen meiner Spieler (Jelle Sels; Anmerkung) gespielt, und mein Schützling hat ihn in drei Sätzen geschlagen. Was ich in diesem Match gesehen habe, hat mir aber sehr gut gefallen. Als ich dann im Oktober in Wien war und ihn im Training beobachtet habe, war ich von seiner Einstellung sehr beeindruckt. Dann habe ich auch Dominic Thiem, von dem ich schon davor sehr viel Positives gehört habe, in der Wiener Stadthalle gesehen. Und selbstverständlich kenne ich auch Jürgen Melzer - zwar noch nicht persönlich, aber als Spieler. Ich kann mich erinnern, dass wir einmal, als er 17 Jahre alt war, in Österreich einen Jugend-Davis-Cup Österreich gegen die Niederlande gespielt haben. Das ist zwar schon lange her, ich glaube aber, dass Österreich knapp gewonnen hat.

Werden Sie in Österreich ausschließlich mit männlichen Spielern trainieren?

Da es um das gesamte Jugendprogramm gehen wird, werde ich nicht nur mit Jungs, sondern auch mit den Mädels trainieren. Über die genauen Details werde ich mit Clemens demnächst sprechen.

Werden Sie auch als Touring-Coach unterwegs sein?

Ja, ich werde auch unterwegs sein. Davor muss man sich aber noch überlegen, wie die Programme aussehen werden.

Eines der Hauptaugenmerke des neuen ÖTV-Sportprogrammes wird sein, junge SpielerInnen an die Nationalmannschaften heranzuführen. Österreich ist ein relativ kleines Land, in dem deshalb das „SpielerInnen-Material" in gewisser Weise begrenzt ist. Wie kann dennoch internationales Niveau erreicht werden?

Man muss immer versuchen, die Programme optimal zu machen. Das ist das Erste, das passieren muss. Wie viele gute SpielerInnen vorhanden sind, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Dass es zahlenmäßig weniger SpielerInnen als in den Niederlanden sein werden, ist mir bewusst.

Wie soll es trotz begrenzter Quantität dennoch gelingen, soviel Qualität wie möglich zu produzieren?

Ich habe in den Niederlanden von 1999 bis 2004 ein Programm erstellt, das ziemlich erfolgreich war. Die Spieler haben sich seither so gut entwickelt, dass z.B. die gesamte Davis-Cup-Mannschaft - Robin Haase, Igor Sijsling, Thiemo de Bakker, Jesse Huta Galung - aus diesem Programm „herausgekommen" ist. Mit solchen Programmen habe ich also eine gewisse Erfahrung. Jetzt schon zu sagen, wie das auf Österreich zugeschnittene Programm aussehen wird, ist schwierig. Ich bin aber guter Hoffnung, dass es auch in Österreich viele Jugendliche gibt, die Talent haben.

Österreichs Davis-Cup-Team hat einen relativ hohen Altersdurchschnitt. Wie wollen Sie diesen senken?

Zunächst einmal wird es nicht meine Hauptaufgabe sein, mich ausschließlich um ein künftiges Davis-Cup-Team zu kümmern - neue Spieler werden automatisch hinzustoßen, wenn mein Jugendprogramm greifen wird. Das Wichtigste wird sein, gute JugendspielerInnen auf ATP- bzw. WTA-Niveau zu bringen. Konkret zum Thema Davis Cup: Hier sind derzeit Dominic Thiem und Lucas Miedler die großen Hoffnungen. Diese beiden Burschen haben den großen Vorteil, dass sie noch sehr jung sind. Wenn sie dann einmal in die Davis-Cup-Mannschaft integriert sind, dann wird sich der Altersdurchschnitt automatisch sehr stark senken. Aber eigentlich muss ich ganz ehrlich sagen, dass mir der Altersdurchschnitt nicht wirklich wichtig ist. International ist der Altersdurchschnitt auf der ATP- und WTA-Tour im Top-100-Bereich ziemlich hoch. Und auch unter den besten 200 SpielernInnen gibt es derzeit kaum jugendliche Spieler. Stattdessen gibt es im Moment viele SpielerInnen, die sehr lange durchspielen, bevor sie ihre Karrieren beenden. Wenn man in Österreich ein jugendlicher Spieler mit einer guten Basis ist und die Entscheidung trifft, Profi zu werden, dann kann ich ihm dabei helfen.

Im April bekommt es unser Davis-Cup-Team in der Europa-Afrika-Zone mit der Slowakei zu tun. Wie schätzen Sie unsere Chancen ein?

(lacht) Zufälligerweise fällt dieser Davis Cup genau in meine erste Arbeitswoche in Österreich. Ob ich in Bratislava mit dabei sein werde oder dabei sein soll, das werde ich noch mit Clemens besprechen. Und wie dieses Duell ausgehen wird? Da wird viel davon abhängen, ob Jürgen Melzer bis dahin wieder fit sein wird - er hat noch zwei Monate. Wenn er dabei ist, stehen die Chancen gut. Wenn er nicht mit dabei ist, wird das Ganze schon etwas schwieriger. Das österreichische Team hat auf jeden Fall den Vorteil, über sehr gute Doppelspieler zu verfügen. Aber eigentlich bin ich kein Mann, der gerne spekuliert. Ich lebe viel lieber im Hier und Jetzt.

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10.02.2014, 17:31 Uhr