München-Chef Patrik Kühnen: „Eine Wildcard kann einen richtigen Boost geben“

Die 2022er-Ausgabe des ATP-Tour-250-Turniers in München ist seit Sonntag Geschichte, Holger Rune durfte erstmals einen Veranstaltungsort als Champion verlassen. Möglich gemacht hat dies eine Wildcard von Turnierdirektor Patrik Kühnen.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 03.05.2022, 07:48 Uhr

Patrik Kühnen mit Geburtstagskind Holger Rune am Donnerstag in München
© Getty Images
Patrik Kühnen mit Geburtstagskind Holger Rune am Donnerstag in München

Wer Patrik Kühnen während der Turnierwoche in München über die Anlage des MTTC Iphitos hat eilen sehen, der konnte nicht umhin anzumerken, dass dem ehemaligen Davis-Cup-Spieler und -Kapitän Deutschlands sein Job als Turnierdirektor mehr Spaß denn ja machte. Kein Wunder: Nachdem das Event 2020 ganz abgesagt und im Jahr darauf ohne Zuschauer abgehalten werden musste, kamen diesmal über 40.000 Fans, die am Ende ein kurzes Einzel-Finale sahen, aus dem Holger Rune als Sieger hervorging.

Der junge Däne hatte von Kühnen nicht nur eine Wildcard, sondern am Donnerstag nach dem Erfolg gegen Emil Ruusuvuori auch eine Torte anlässlich seines 19. Geburtstags überreicht bekommen. Ein Mann mit Zukunft also, den Patrik Kühnen emotional wohl längerfristig an München gebunden hat.

Im Gespräch mit tennisnet führte Kühnen am Sonntag noch einmal seine Gedanken zu den diesjährigen Offenen Bayerischen Tennismeisterschaften aus.

tennisnet: Herr Kühnen. Von anderen Turnieren auf der ATP-Tour weiß man, dass etwa Agenturen bei der Vergabe von Wildcards eine Rolle spielen. Wie sieht das in München aus?

Kühnen: Der Bayerische Tennisverband und der MTTC Iphitos hatten in diesem Jahr für die Qualifikation eine Wildcard. Grundsätzlich vergeben wir aber alle Wildcards immer in Absprache. Wir tauschen uns mit den Parteien aus. Und für das Hauptfeld mache ich das am Ende.

tennisnet: Holger Rune hat das Bestmögliche aus seiner Wildcard rausgeholt. Ist es nicht dennoch schade für das deutsche Tennis, dass sich eigentlich kein Spieler zwingend vor Rune für eine Wildcard aufgedrängt hat?

Kühnen: Moment: Eine haben wir ja schon an einen jungen Deutschen vergeben, an Max Rehberg. Ich interpretiere meine Aufgabe als Turnierdirektor so, dass ich natürlich auf die deutschen Spieler schaue, keine Frage. Ich bin im engen Austausch mit Michael Kohlmann und Lars Uebel, was die deutschen Talente angeht, weil die beiden am Nachwuchs sehr nah dran sind. Wir haben natürlich auch das Interesse, den Nachwuchs zu fördern. Hier und da gibt es aber auch international große Talente, die aus meiner Sicht großes Potenzial haben. Das garantiert nicht, dass sie auch wirklich nach vorne kommen. Aber wir haben etwa Alexander Zverev im Alter von damals 16 Jahren hier eine Wildcard gegeben, ihn in jungen Jahren sehr unterstützt.

tennisnet: Die Entwicklung gibt Ihnen recht.

Kühnen: Es hat sich zum Glück bewahrheitet, dass Sascha sehr, sehr gut geworden ist. Dann hätten wir als nächste Beispiel Casper Ruud, da war es 2017 und 2018 ähnlich. Auch auf diese Karte haben wir gesetzt, weil ich dachte, der kommt in die Weltspitze. Mit beiden Spielern haben wir es geschafft , eine gute Verbindung aufzubauen. Beide Spieler kommen gerne zu uns zurück, unser Turnier ist ein wichtiger Pfeiler in deren Jahresplanung.

tennisnet: In diesem Jahr dann also Holger Rune …

Kühnen: Bei Holger Rune war es dann so, dass ich ihn schon im vergangenen Jahr ein wenig beobachtet habe. Die Situation war in diesem Jahr eine sehr gute: Rune hat in Sanremo einen Challenger gewonnen, sich danach in Monte-Carlo qualifiziert. Und im Bestfall kann eine Wildcard einem Spieler im richtigen Moment auch einen Boost geben. Und Holger Rune hat hier fantastisch gespielt.

tennisnet: Nun hat es im Laufe der Jahre Spitzenspieler gegeben, die in München nicht ganz ihr Potenzial abgerufen haben. Müssen sich Alexander Zverev und Casper Ruud, die 2022 früh ausgeschieden sind, diesen Vorwurf gefallen lassen?

Kühnen: Ich mache keinem Spieler einen Vorwurf. Letztendlich geht es darum, dass die Spieler auf den Platz gehen und ihr Bestes geben. Den Ausgang kann man nicht vorhersagen. Ich habe bei allen Spielern, auch schon in der Qualifikation, gesehen, dass sie auf dem Platz alles gegeben haben. Das ist das, was für mich zählt. Ich habe selbst lang genug auf der ATP-Tour gespielt. Ich weiß, dass es manchmal Tage gibt, an denen es nicht läuft. Dass es Phasen gibt, in denen man kein Selbstvertrauen hat. Das ist im Sport einfach so. Die Kunst ist es, da schnell wieder rauszukommen. Es ist kein schönes Gefühl, wenn man auf dem Platz steht und nicht gut spielt. Die Ränge sind voll, man hat sich viel vorgenommen - und dann läuft nichts zusammen. Und die große Herausforderung ist dann ja auch, die Wende innerhalb eines Matches herbeizuführen. Wenn man sich die ganz großen Namen wie Roger Federer oder Rafael Nadal vor Augen führt, dann muss man sagen: Die haben eben öfters Matches gewonnen, in denen sie nicht ihr bestes Tennis gespielt haben, als andere Spieler. Und das führt dann halt dazu, dass sie länger oben stehen.

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