"Mein Ehrgeiz hat mich nach hinten geworfen"

Der 20-Jährige will sich nach schnellen Erfolgen und einem jähen Absturz rasch wieder auf der Profitour zurechtfinden.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 17.11.2010, 12:07 Uhr

Von Nils Lehnebach

„Heute ist so ein schöner Tag“ Wer mit Nils Langer telefonieren will, wird gleich freundlich von Tim Toupets „Fliegerlied“ begrüßt. Schöne Tage hatte der 20-jährige aus dem schwäbischen Affalterbach, der das Lied „einfach nur so“ auf seinem Handy hat, zuletzt nicht sehr viele. Der dreimalige deutsche Jugendmeister hat in den vergangenen Monaten den Albtraum eines Profisportlers erlebt: Verletzungen. Im Gespräch mit tennisnet.com äußert sich der mittlerweile auf Weltranglistenposition 919 abgerutschte Langer über seine sechsmonatige Verletzungspause, die Unterstützung von Patrik Kühnen sowie seinen Traum vom Davis-Cup-Einsatz.

Herr Langer, haben Sie sich eigentlich schon über das Wetter für die nächste Zeit in der Dominikanische Republik informiert?


Nein, habe ich nicht.

30 Grad, bewölkt. Aber das Tennis soll ja bei Ihnen eh im Vordergrund stehen, Sie werden dort drei kleine Futures spielen. Mit welchen Zielen reisen Sie in die Karibik?

Ich will auf jeden Fall da weitermachen, wo ich in Griechenland angefangen habe und möchte jeweils ins Halbfinale oder Finale. Aber man weiß natürlich nie, wie es kommt, nach sechs Monaten Pause kann immer was dazwischen kommen. Dennoch bin ich gut in Form, fühle mich gut im Training und auch im Match wird es immer besser. Ich will schon mit ein paar Pünktchen nach Hause kommen.

Mit Peter Gojowczyk und Kevin Krawietz sind weitere deutsche Talente bei den Turnieren mit dabei. Ein Zufall?

Ich hatte das erstmal alleine geplant und habe nun zufällig den gleichen Flug wie Peter. Als wir gesehen haben, dass wir beiden spielen, haben wir uns abgesprochen.

Sie haben die lange Pause schon angesprochen. Im April haben Sie sich einen Innenbandanriss im rechten Ellbogen zugezogen. Wie ist es dazu gekommen?

Das war eine chronische Verletzung, da ich zuviel und zu lange mit Schmerzen gespielt habe. Ich habe nicht auf die Schmerzen gehört und irgendwann war es so schlimm, dass ich trotz Schmerztabletten nicht mehr spielen konnte.

Das klingt nach falschem und übertriebenem Ehrgeiz?

Das stimmt sicherlich. Ich habe zu der Zeit gut gespielt und wollte dann immer weiter spielen. Es ist einfach schwer nein zu sagen, wenn man gut drauf ist. Im Nachhinein betrachtet war der Ehrgeiz zu groß und hat mich nach hinten geworfen. Jetzt habe ich es zum Glück überstanden und denke nicht mehr zurück. Ich fühle mich wieder gut, habe in der Zeit viel Fitness-Training gemacht, was wiederum Vorteile für die kommende Zeit hat.

Man hört immer wieder, wie schwer der Übergang vom Juniorenbereich zum Herrentennis ist. Waren Sie vielleicht auch deshalb so ehrgeizig, weil Sie schon einen guten Schritt in Richtung Profitour gemacht haben?

Ich habe eigentlich nicht daran gedacht, dass es schwer ist. Klar ist es schwer, aber das war nicht der Grund. Wenn es gut läuft, hört man auch eher nicht auf die Schmerzen, die man vielleicht in einer schlechten Phase merkt. Ich wollte immer mehr, immer weiter und immer besser. Es war mein eigener Fehler, ein leichtsinniger Fehler eines jungen Spielers. Ich hatte noch nicht die Erfahrung, habe nicht richtig auf meinen Körper gehört.

War die Verletzungspause die bisher schwerste Zeit Ihrer noch jungen Karriere?

Auf jeden Fall. Vor allem, nachdem ich im letzten Jahr sehr gut gespielt hatte, wollte ich immer weiter hochkommen. Ich hatte mir schon die Qualifikation für die Grand-Slam-Turniere als Ziel gesetzt. So war es die in jedem Fall die härteste Zeit, auch weil es sich so lange rausgezögert hat. Das tut schon weh, die Geduld lässt nach und man will einfach nur spielen und nicht nur Fitness-Training machen.

Sie standen zum Jahreswechsel 2009/2010 nach zwei Future-Titel und zwei Challenger-Viertelfinalen mit 19 Jahren schon fast auf Position 350. Wo wären Sie denn heute ohne die Verletzung?

Puhh. Das kann man so nicht sagen. Jeder spielen hat mal Höhen und Tiefen, insofern weiß man nicht wie es danach gelaufen wäre, da ich ja auch Punkte zu verteidigen hatte. Insofern will ich nicht sagen, dass ich erste 200 gestanden hätte oder Ähnliches. Es bringt ja auch nix, wenn ich jetzt darüber nachdenken würde und mich deswegen noch mehr aufrege. Jetzt gilt es wieder nach vorne zu schauen!


Hatten Sie denn in der Zeit keine Unterstützung von außen, die sie hätte bremsen können?

Das war mein eigenes Ding. Ich habe nichts nach außen gelassen, da ich wusste, dass meine Betreuer dann sagen, dass ein Arzt drauf schauen muss. Ich habe es in mich reingefressen, eingesteckt und weiter gemacht. Insofern überhaupt keine Schuldzuweisung an mein Team.

Das klingt so, als ob Sie insgesamt mit Ihrem Umfeld und der Unterstützung vom Württembergischen Tennis-Bund zufrieden sind?

Ja, ich bin sehr positiv auf den Verband zu sprechen. Sie unterstützen mich, wo es nur geht. Ich kann soviel trainieren, wie und wo ich will und habe mit Günther Metzger und Hans-Dieter Beutel zwei gute Trainer, dazu einen Konditionstrainer. Zudem unterstützt mich der Verband finanziell. Ich kann mich nicht beklagen, ich muss mich im Gegenteil bedanken. Ohne den Verband könnte ich das alles gar nicht machen und kein Tennis mehr spielen. Der DTB unterstützt mich zudem mit Wildcards für Turniere.

Welche Ziele haben Sie sich für die nächste Zeit gesetzt?

Ich verschiebe einfach mein Ziel aus diesem Jahr auf das nächste. Das bedeutet das Erreichen der Qualifikationen für die Grand-Slam-Turniere, außer Australien natürlich, und das Jahr unter den besten 200 zu beenden. Es ist zwar schwer nach der langen Pause wieder schnell Fuß zu fassen, andersrum habe ich aber auch nichts zu verteidigen und jeder Punkt den ich mache kommt direkt aufs Konto.

Auf welchem Belag fühlen Sie sich eigentlich am wohlsten? Was für ein Spielertyp sind Sie?

Ich bin vom Spiel her kein Läufertyp, sondern spiele eher aggressiv, gehe gerne ans Netz und spiele viele Flugbälle. Mein großer Vorteil ist, dass ich von hinten und von vorne spielen kann und mit 1,92 Metern am Netz eine große Reichweite habe. Ich denke ich muss weiter an meiner körperlichen Fitness, an der Schnelligkeit und Kraft arbeiten. Ich spiele sowohl auf Hartplatz wie auch auf Sand gut und habe jeweils die Hälfte meiner Punkte auf jedem Belag gemacht. Ein bisschen bevorzugt sind aber schon die schnellen Beläge, auf denen ich mit meinen schnellen Schlägen punkten kann.

Verdrängt eine so lange Pause auch ein wenig die großen Ziele oder haben Sie sich Ihre Träume bewahrt?

Ich habe aus der Verletzung nur gelernt, meine Träume sind weiterhin vorhanden. Ich bin mittlerweile anders von der Einstellung im Training, ich bin schon froh, dass ich üben und spielen darf. Es war von klein auf mein Traum für Deutschland zu spielen und das ist durch die Verletzung nur noch stärker geworden. Natürlich will ich auch in die Top 100, aber die Ranglistenposition würde dann von alleine kommen, wenn ich gut spiele.

Das Thema Davis Cup hängt unweigerlich mit Patrik Kühnen zusammen, der nun auch den B-Kader übernimmt. Was haben Sie für ein Verhältnis zum deutschen Teamchef?

Wir hatten schon Lehrgänge zusammen und ich weiß, dass er guckt, was ich mache. Allerdings weiß ich noch nicht wie es fürs nächste Jahr aussieht und ob ich weiter dabei bin. Ich glaube nicht, dass ich rausgenommen werde und hoffe auf weitere Unterstützung von Patrik. Es ist immer interessant und gut, wenn man mit ihm zusammenarbeiten kann und er einem seine Erfahrung weitergibt. Der Anreiz nach oben zu kommen, wird einfach noch größer, wenn man mit ihm trainieren darf. Er ist ein netter und sympathischer Typ, der mich gut unterstützt und mir gute Ratschläge gibt.

In diesem Jahr stehen noch die deutschen Meisterschaften im schwäbischen Biberach auf dem Programm. Ihr Ziel?

Ich bin dreimal Deutscher Jugendmeister geworden, da will man natürlich bei den Herren auch mal den Titel holen. Ob es in Erfüllung geht, sehen wir dann in ein paar Wochen.

(Fotos: WTB)

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17.11.2010, 12:07 Uhr