Roger Federer und Dubai - Eine besondere Beziehung mit schwierigem Anfang

Roger Federer peilt in Dubai nicht nur seinen 100. Karriere-Titel an, der Schweizer verbringt auch in seiner Offseason viel Zeit am Golf. Was mittlerweile eine solide Liebesbeziehung ist, hat beim allerersten Auftritt des Maestro noch arg gekracht.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 28.02.2019, 08:17 Uhr

Roger Federers Beziehung mit Dubai ist über die Jahre gewachsen
© Jürgen Hasenkopf
Roger Federer

Jeff Chapman hat später selbst über die Episode schmunzeln müssen, wie einst alles begann in Dubai. Mit Roger Federer und dem ATP-Millionenspiel am Golf. Es war im Jahr 2002, der Australier Chapman war seinerzeit der Turnierdirektor, und Federer war einer der möglichen neuen Stars der Branche. Aber als Federer damals in Dubai zu den Ausscheidungsspielen im mondänen Aviation Club ankam, zu seiner Turnierpremiere, da hatte er gerade die Doppelkonkurrenz in Rotterdam gewonnen, er war müde, abgekämpft, ausgezehrt. Er gewann zwar noch sein erstes Einzel gegen den Rumänen Adrian Voinea, aber danach, gegen Rainer Schüttler, war der Akku komplett leer. Federer verlor 3:6, 1:6, am Ende traf er kaum noch einen Ball.

Chapman war nicht amüsiert, er machte ordentlich Rabatz, kündigte an, Federer weder das Preisgeld noch eine Antrittsprämie auszahlen zu wollen. „Ich war total geladen. Und ziemlich sauer auf Roger“, sagte Chapman zum 25-jährigen Turnierjubiläum, vor zwei Jahren. Am Ende löste sich dann aber alles doch noch in Wohlgefallen auf zwischen Federer und den Turniermachern in Dubai, es war eine denkwürdige Drehung und der Beginn einer langen Partnerschaft bis zum heutigen Tag. Federer bekam sein Preisgeld für 2002. Und 2003, so lautete der Kompromiss, sollte Federer sein Bestes geben, um seinen Bonus für beide Jahre zu erhalten. Bekanntlich war das Beste dann gut genug, um nicht weniger als den ersten von sieben Titeln in Dubai zu gewinnen. „Eine ziemlich skurrile Geschichte“ sei es gewesen, sagt Federer schmunzelnd, „damals war mir allerdings nicht nach Lachen zumute. Es ging um meinen Stolz, um meine Reputation.“

Federer mittlerweile ein Botschafter für Dubai

Aber was ist inzwischen nur aus diesem Ach-und-Krach-Start geworden, aus dieser kleinen bis mittleren Staatsaffäre beim ersten Auftritt in der Glitzerstadt der Arabischen Emirate. Federer ist heute nicht nur Teilzeit-Einwohner von Dubai, in seinem Luxus-Apartment an der schicken Marina. Er ist über all die Jahre auch ein Botschafter des einst als „Über-Morgenland“ beschriebenen Fürstentums der Herrscherfamilie Makthoum geworden – und das Gesicht des Tennisturniers, das wie eh und je in der Nähe des expandierenden Internationalen Flughafens abgehalten wird. „Dubai ist eine perfekte Plattform für mich, um in der Saison immer wieder in Ruhe Trainingsblöcke zu absolvieren. Außerdem ist es ein Rückzugsort, um die Energien neu aufzuladen“, sagt der 37-jährige Vater von Zwillingstöchtern und Zwillingssöhnen. Oft lädt Federer andere Profis zu Sparringseinheiten an den Golf ein, etwa den Franzosen Lucas Pouille oder jüngst auch das kanadische Supertalent Felix-Auger-Aliassime. Manchmal können Federers Fans das Übungsprogramm sogar via Livestream verfolgen.

Federer hatte rasch nach den ersten großen Erfolgen auf den größten Bühnen Gefallen an der Unaufgeregtheit in Dubai gefunden - an der Anonymität in der vibrierenden Metropole, in der er in aller Seelenruhe seine Auszeiten nehmen konnte und die im positiven Sinne nur vergleichsweise wenig Notiz von ihm nahm. „Das große Plus ist die Anonymität, die ich hier habe“, sagt Federer. Das gilt auch für die Trainingsausflüge, die er regelmäßig zum Luftfahrtklub unternimmt, dorthin, wo sich einmal im Jahr dann auch die Tourkarawane zu den Pokalmatches trifft. Es gibt kein Gedränge, keinen Menschenauflauf, wenn das Clubmitglied Federer eintrifft, eher ein freundliches Hallo und sonst nichts. Man kennt ihn, man sieht ihn, aber man läßt ihn in Ruhe, einen der berühmtesten Sportler des Planeten.

Mit Agassi auf dem Burj Al Arab

Federer ist wie an anderen ausgewählten Standorten des Tennisbetriebs, natürlich in seiner Heimatstadt Basel oder im deutschen Halle, auch hier in Dubai eine Art Außenminister – einer, der in souveräner Gelassenheit seine diplomatischen Dienste verrichtet. Kaum ein zweiter hat der boomenden Stadt mit ihren futuristischen Wolkenkratzer-Schluchten und der hochtourigen Freizeit-Industrie über nun schon knapp anderthalb Jahrzehnte so nachhaltig und hartnäckig Aufmerksamkeit verschafft wie Federer, das 2005er Foto mit dem Schweizer und seinem einstigen amerikanischen Rivalen Agassi auf dem Hubschrauber-Landeplatz des Sieben-Sterne-Palastes Burj Al Arab hat sogar ikonischen Charakter auch für die Entwicklungsgeschichte des aufstrebenden Dubai. „Es ist unglaublich, wie die Stadt gewachsen ist“, sagt Federer. Man könnte auch sagen, dass sie beide immer mehr gewachsen sind: Dubai und Federer.

Geht es nach den Turniermachern von Dubai Duty Free, den Herrschern über den zollfreien Verkauf, dann bleibt Federer auch nach seiner aktiven Karriere im Spiel. „Ich wünschte mir, dass Roger in unser Turnier eingebunden bleibt, in einer Botschafterrolle“, sagt Duty Free-Impresario Colm McLoughlin, der einst den Anstoß für die Tennismeisterschaften gab. Möglich, dass Federer auch in einer Kooperation für die Expo 2020 auftritt, die Weltausstellung, die ab dem Oktober 2020 im Emirat über die Bühne geht. Wenn er dann immer noch Tennis spielte, wäre er ja auch einige Zeit im Winter vor Ort, vielleicht sogar noch beim Turnier des Jahres 2021, die Weltausstellung liefe dann noch. Aber so weit kann und will selbst Federer nicht vorausschauen, der Mann, der bisher siebenmal der Wüstenkönig in der Zeltdach-Arena war. 

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von Jörg Allmeroth

Donnerstag
28.02.2019, 10:05 Uhr
zuletzt bearbeitet: 28.02.2019, 08:17 Uhr

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