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„Wimbledon macht einen anderen Menschen aus mir“

Die 23-jährige Deutsche spielt beim Rasenklassiker im Südwesten Londons mal wieder groß auf.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 28.06.2013, 12:10 Uhr

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Von Jörg Allmeroth aus Wimbledon

Auf der Terrasse des Spielerzentrums war das ganz besondere Wimbledon-Gefühl vonSabine Lisickinicht zu übersehen. Wie eine Hausherrin im All England Club begrüßte die freudestrahlende Berlinerin am Donnerstagabend den Fed-Cup-Doktor Ulf Blecker aus Düsseldorf, drückte schnell mal Bundestrainerin Barbara Rittner ein Küsschen auf die Wange – und dann eilte sie auch noch hinunter zum Empfangsbereich neben dem Pressezentrum, um Stuttgarts Fußballprofi Christian Gentner in den heiligen Tennishallen an der Church Road herzlichst willkommen zu heißen.

„Bum-Bum-Bine“ oder „Doris Becker“

„Wimbledon ist Wimbledon. Dieses Turnier macht einen anderen Menschen aus mir“, sage die deutsche Weltklasse-Spielerin, „am liebsten würde ich das ganze Jahr nur hier spielen.“ Schon ist Lisicki, in London SW 19 auch als „Bum-Bum-Bine“ oder „Doris Becker“ bekannt, wieder in die dritte Turnierrunde vorgerückt, nach zwei spielerisch leichten Auftaktsiegen gegen keineswegs harmlose Konkurrenz. „Sabine schwebt hier wie auf einer Wolke durch die Welt“, sagt Vater Dr. Richard Lisicki, „sie spielt hier einfach gelöster, freier, selbstbewusster.“ Kein Wunder allerdings auch - nach Halbfinal-Einzug im Jahr 2011 und Viertelfinal-Teilnahmen in 2009 und 2012, nach Auftritten, die plötzlich die ganze Tenniswelt auf die blonde Deutsche mit den krachenden Assen und gepeitschten Grundschlägen aufmerksam machten.

Auch gegen die Australierin Samantha Stosur, ihre ehemalige Doppel- und langjährige Trainingspartnerin, geht Lisicki an diesem Samstag, im Wimbledon des Jahres 2013, als leichte Favoritin ins große Spiel. „Ich traue ihr das Achtelfinale zu“, sagt Rittner, die Fed-Cup-Chefin, „und dort will ich sie auch gerne sehen – dann gegen Serena Williams. Das wäre ein Hammerspiel.“ Auch Rittner spürt sie mit feiner Antenne, die Verwandlung, die ihre Nationalspielerin beim Turnier der Turniere erlebt und durchlebt: „Geht sie hier auf den Rasen, ist es eine Sabine Lisicki mit ganz breiten Schultern. Und einem Selbstbewusstsein, das die Gegnerinnen erdrückt.“

Trainerkarussell in wenigen Monaten

Die Pfundslaune im grünen Tennis-Wohnzimmer lässt so manchen Frust und Ärger der letzten Monate vergessen – die etwas unterdurchschnittlichen Ergebnisse. Das Trainertheater um den gefürchteten spanischen Schleifer Ricardo Sanchez, der sich nur drei Monate bei den Lisickis hielt. Das leicht bizarre Intermezzo beim deutschen Coach Robert Orlik, der kaum eine Woche in Amt und Würden war. Nun indes ist der renommierte Belgier Wim Fissette zum Team der Weltranglisten-Vierundzwanzigsten hinzugestoßen, ein Mann, der einst Kim Clijsters mit großer Umsicht zu beeindruckenden Erfolgen führte. „Das ist jetzt eine tolle Truppe, die sich gut ergänzt“, sagt Vater Lisicki, selbst Coach und Sportwissenschaftler, „wir lernen voneinander, wir verstehen uns gut. Da stimmt die Chemie.“

Wo andere Spielerinnen über eine „Rasen-Allergie“ klagten, wie etwa Deutschlands ehemalige Frontfrau Andrea Petkovic, stürzte sich Lisicki schon als Teenagerin mit Herzenslust in die Partien auf den Tenniswiesen von Wimbledon. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Lisicki, „dieses Turnier ist so schön, so ungewöhnlich wie kein anderes. Einfach ein Juwel.“ Um den Kopf frei zu bekommen für die Aufgaben im All England Club, ließ die Trainings-Weltmeisterin letzte Woche sogar mal ein paar Übungseinheiten sausen und fuhr hinüber nach Berkshire, zum Royal-Ascot-Renntag. Ganz stilecht mit elegantem Hütchen und neuem Kleid tauchte der Tennisstar da auf und genoss die elegante, gediegene Atmosphäre: „Es war ähnlich faszinierend wie in Wimbledon. Aber das echte Wimbledon ist noch viel schöner.“(Foto: Jürgen Hasenkopf)

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28.06.2013, 12:10 Uhr