"Babsi hat bis jetzt alle Vorgaben erfüllt"
Raimund Stefanits zieht im tennisnet.com-Interview Bilanz.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
22.12.2010, 13:22 Uhr

2010 war für Raimund Stefanits ein abwechslungsreiches Jahr. Während sein Schützling Barbara Haas von Erfolg zu Erfolg eilte und zuletzt als erste Österreicherin das Nike Junior Masters gewonnen hat, lief es für „Stallkollegin“ Niki Hofmanova nicht nach Wunsch. Statt in den Top 100 steht die Burgenländerin derzeit nur auf Position 245 der Weltrangliste. Im tennisnet.com-Interview spricht der Manager der beiden heimischen Talente über Babsis erfreuliche Entwicklung, die verkorkste Saison von Niki und Fehler im ÖTV.
Babsi Haas hat als erste Österreicherin das Nike Junior Masters gewonnen – welchen Stellenwert hat der Turniersieg für Sie als ihr Manager?
Der Triumph ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Das Nike Junior Masters ist ein Traditionsturnier, bei dem auch Größen wie Nadal entdeckt worden sind. Es waren nur die besten Spielerinnen der Welt eingeladen. Babsi hat den Bewerb dominiert und beste Werbung für sich gemacht.
Ihr erster Kommentar nach dem Turniersieg: „Es war wichtig, dass Barbara sich als Nike-Vertragsspielerin einen guten Namen macht.“ Wie sieht die Kooperation zwischen Haas und Nike aus?
Wir haben mit Nike einen gut dotierten Vertrag über vier Jahre mit der Option auf zwei weitere Jahre. Nike hat in den letzten Jahren die meisten Verträge gekürzt – es ist also keine Selbstverständlichkeit, einen so langen Vertrag mit einem Weltkonzern zu haben. Aber auch das zeigt: Babsis Leistungen werden international anerkannt und honoriert!
Sie gehen mit Haas einen ähnlichen Weg wie zuvor schon mit Niki Hofmanova: Private Investoren zahlen sechs Jahre in einen Fördertopf ein und profitieren danach fünf Jahre von ihren Einnahmen. Wie schwierig ist es, in Österreich Investoren zu finden?
Es ist sehr schwierig, aber in Österreich der einzige Weg, die Karriere eines so hoffnungsvollen Talents zu finanzieren. Die Kosten für eine Saison betragen zwischen 60.000 und 100.000 Euro. Es ist mir trotzdem gelungen, genügend Sponsoren und Förderer zu finden, damit Babsis Karriere für die nächsten fünf Jahre durchfinanziert ist.
Gibt es auch in irgendeiner Form Unterstützung vom ÖTV?
Im letzten Jahr hat die Zusammenarbeit mit dem Verband gut funktioniert. Wir haben einen kleinen Teil der Kosten durch die externe Förderung vom ÖTV abdecken können. Diese Förderung ist prinzipiell eine gute Sache, müsste aber in Richtung einer mehrjährigen Förderung gehen. Nur so kann man für junge Spieler optimale Rahmenbedingungen schaffen, damit sie sich ganz auf das Tennis konzentrieren können.
Babsi hat sich heuer mit Erfolg auf den Sport konzentriert: Mit Siegen bei U18-ITF-Turnieren, dem ersten Viertelfinale auf Future-Ebene und dem Gewinn des Nike Junior Masters hat sie sensationelle Erfolge gefeiert. Fällt Ihre Saisonbilanz ausschließlich positiv aus?
Absolut, wir konnten nicht erwarten, dass es heuer so gut läuft! Das Saisonziel war ein Platz unter den Top 300 in der ITF-Jugendrangliste – derzeit steht sie unter den besten 80! Es gibt wenige Spielerinnen, die in ihrem Alter so weit sind. Sie hat bis jetzt alle Vorgaben erfüllt.
Wie soll es im kommenden Jahr weitergehen?
Ich hoffe, dass Babsi am Ende des nächsten Jahres in der Jugend-Weltrangliste unter den Top 25 steht. Den Großteil der Turniere wird sie auf ITF-Ebene spielen – mit Ausnahme der Australian Open wird sie auch bei Grand-Slam-Turnieren antreten. Ich möchte aber auch, dass sie auf Future-Ebene weiter Erfahrungen sammelt und sich ein WTA-Ranking erspielt. Im taktischen und technischen Bereich sollte sie am Ende Saison eine fertig ausgebildete Spielerin sein, die in zwei bis drei Jahren auch bei Futures um den Turniersieg mitspielt.
Was unterscheidet Babsi von anderen 14-Jährigen?
Für mich ist Babsis Zielstrebigkeit und ihre Lernbereitschaft der Schlüssel zum Erfolg. Sie weiß genau, was sie will und gibt nicht auf, bevor sie ihre Ziele erreicht hat.
Einen großen Anteil am Erfolg haben wohl auch ihre Trainer. Was machen Helmut Fellner und Marco Zandomeneghi besser als andere?
Die beiden tragen eine Riesenverantwortung und haben bis jetzt einen hervorragenden Job gemacht. Sie haben die große Chance, sich als Trainer einen Namen zu machen und haben diese bis jetzt optimal genützt. Zusätzlich arbeiten wir sehr eng mit internationalen Top-Trainern wie Jan Kukal zusammen – davon profitieren letztlich sowohl Babsi, als auch Helmut und Marco.
Während Babsi im Jahr 2010 von Erfolg zu Erfolg eilte, hat ihre Schwester Patricia ein schwieriges Jahr hinter sich und wechselte vom ÖTV zu Günter Bresnik. Was läuft im Nachwuchsbereich falsch, immerhin trainiert bei den Mädchen momentan nur Anna-Maria Heil in der Südstadt …
Bei Patricia wurde viel Geld in die Ausbildung investiert, aber die internationalen Erfolge haben einfach gefehlt – die Eltern mussten also handeln. Ich habe heuer im La Ville auch die U18-Meisterschaften ausgerichtet, die Leistungen waren größtenteils unfassbar schlecht. Es fehlt der komplette Unterbau, das derzeitige System in der Südstadt ist aus meiner Sicht reine Geldverschwendung. Gruppentraining kann nur dann funktionieren, wenn alle Spieler in etwa auf einem Niveau sind. Heil kann zwar mit den Burschen mittrainieren und von ihnen lernen, aber umgekehrt haben die Burschen von diesem Training nichts.
Wenig erfreulich ist auch die Entwicklung ihres zweiten Schützlings, Niki Hofmanova. Als Weltranglisten-245. ist sie derzeit weit von ihrem Ziel Top 100 entfernt. Was sind die Ursachen für Nikis Rückfall?
Niki hat ihr Ziel für heuer leider ganz klar verpasst. Sie war einige Male verletzt und hat nach sechs Jahren die Zusammenarbeit mit ihrem Trainer Jan Kukal beendet. Niki hat heuer zum ersten Mal gesehen, dass es nicht nur bergauf geht. Wenn sie das richtig verarbeiten kann, dann bin ich überzeugt, dass sie den Durchbruch in den nächsten zwei bis drei Jahren schaffen kann.
Was waren die Gründe für die Trennung von Kukal?
Wir konnten uns die volle Betreuung nicht mehr leisten, und die Harmonie zwischen Niki und Jan war nicht mehr da. Wir sind aber in Freundschaft auseinander gegangen. Er unterstützt Nikis Vater, der jetzt für das Training verantwortlich ist, bei der Turnierplanung und steht uns weiterhin als Berater zur Seite.
Auf viele Zuschauer wirkt Niki auf dem Platz lustlos. Darf man ihr das vorwerfen?
Ich bin mit ihrer Art auf dem Platz auch nicht zufrieden. Bei einem Muster hat man immer gesehen, dass er 100 Prozent gibt – das sieht man bei Niki nicht immer. Aber ich weiß, dass sie alles gibt, wenn sie auf dem Platz steht.
Die Investoren haben sechs Jahre in das Projekt „Niki Hofmanova – ein Versprechen für die Zukunft“ investiert – wie geht es nun weiter?
Jetzt beginnt die Auszahlungsphase, wo die Investoren fünf Jahre an den Erfolgen von Niki mitverdienen. Im ersten Jahr ist das bei einem Preisgeld von rund 35.000 Euro allerdings nicht aufgegangen. Das Geld wurde zur Abdeckung der anfallenden Kosten benötigt. Für die Investoren wird es erst richtig interessant, wenn Niki den Sprung in die Top 100 schafft.
Wie wird die weitere Karriere von Niki finanziert?
Die „Erste Bank“ ist uns als großer Sponsor leider abgesprungen, mit dem Sportland Burgenland und dem La Ville hat sie aber weiterhin kleine Sponsoren, die sie unterstützen. Natürlich werde ich weiterhin versuchen, Sponsoren für sie zu finden.
Während es beim Herren-Tennis durch die Erfolge von Jürgen Melzer, dem Davis-Cup-Team und durch das Muster-Comeback eine Euphorie gibt, hinkt das heimische Damentennis hinterher – woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Bei den Damen fehlen uns derzeit die erfolgreichen Spielerinnen: Bammers Karriere neigt sich dem Ende zu, bei Paszek weiß man nicht, wie sie sich weiterentwickelt. Ich würde aber auch bei den Herren nicht von Euphorie sprechen: Die gute Stimmung haben wir nur Melzers Erfolgen zu verdanken. Beim Davis Cup gegen Frankreich wird man dann sehen, ob es tatsächlich eine Euphorie gibt: Da müsste die Halle in jedem Fall an allen drei Tagen ausverkauft sein.
Beim Muster-Comeback in Wien war die Stadthalle ausverkauft, die WTA-Turniere in Linz und Bad Gastein haben hingegen nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Was müssen die Veranstalter besser machen?
Die Turnierveranstalter müssen besser mit den regionalen Verbänden zusammenarbeiten. Es wird den Veranstaltern in Österreich nicht gelingen, mit Sponsoren in die nächste Turnierkategorie aufzusteigen und so die großen Stars zu bekommen. Aber auch das Comeback von Muster hat nur in der Stadthalle super funktioniert – beim Challenger in Salzburg war die Halle auch bei ihm nicht voll.
Das Fedcup-Team kämpft im kommenden Jahr in Israel um den Wiederaufstieg in die Weltgruppe II. Wie wichtig wäre der Aufstieg für das heimische Damentennis?
Der Aufstieg wäre unheimlich wichtig, wird aber nur schwer erreichbar sein. Einige Nationen werden in Bestbesetzung antreten, in Österreich weiß man nie genau, wer tatsächlich spielt. Bammer und Paszek haben ja schon einige Male kurzfristig für den Fedcup abgesagt.
Ist Jürgen Waber der richtige Mann als Fedcup-Kapitän?
Er hat mit Bammer bewiesen, dass er ein sehr guter Trainer ist. Als Fedcup-Kapitän würde ich mir aber besseren Kontakt zu ihm wünschen. Die Spielerinnen treffen sich erst wenige Tage vor dem Fedcup. Wichtig wären aber gemeinsame Trainingswochen während der Saison, damit ein richtiges Team entstehen kann. Man sollte auch versuchen, möglichst früh mit Babsi zusammenzuarbeiten – sie wird in Zukunft hoffentlich eine wichtige Rolle im Fedcup spielen.
„Sex sells“ im Damentennis. Wie weit kann, darf oder soll man als Manager gehen?
Das hängt auch von der Spielerin selbst ab. Babsi Schett hat das früher sehr gut gemacht, war aufgrund ihrer Erfolge und ihres Aussehens medial permanent vertreten. Das ist für die Sponsoren extrem wichtig. Man muss das Ganze aber mit Maß und Ziel betreiben: Wenn man Erfolge hat, kann man sich etwas mehr leisten, nur wegen Liebesgeschichten in den Medien zu sein, bringt einen nicht weiter.(Foto: GEPA pictures)
Das Interview führte Bernt Baumgartner