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Tennis-Panel: Ist die Setzliste in Wimbledon gerecht?

Das dritte Major des Tennisjahres 2019 steht an. Und wir haben uns in der großen deutschsprachigen Journalisten-Runde umgehört, was denn von der diesjährigen Ausgabe von Wimbledon zu erwarten ist.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 29.06.2019, 11:08 Uhr

Auch das ist Wimbledon
© Jürgen Hasenkopf
Auch das ist Wimbledon

Und so haben wir folgende Frage gestellt: Wimbledon richtet sich bei der Setzung nur bedingt nach der jeweils aktuellen Weltrangliste. Fair oder unfair? Die Antworten gehen weit auseinander ...

Eher Zeit für Änderungen

Jörg Allmeroth (tennisnet): In Zeiten der nivellierten Platzverhältnisse überkommen. 

Doris Henkel (FAZ): Wimbledon folgt bei der Setzliste der Männer einer mathematischen Formel, die auch Ergebnisse auf Rasen berücksichtigt. Als sie 2002 eingeführt wurde, unterschied sich das Spiel auf Rasen noch deutlich von dem auf Sand- oder Hartplätzen. Das ist nicht mehr der Fall. Es wäre also an der Zeit, die Formel abzuschaffen und wie bei den anderen Grand-Slam-Turnieren nach der Weltrangliste zu setzen. Aber noch ist sie in Betrieb, und auf dieser Grundlage verdient Federer den Platz vor Nadal.

Birgit Nössing (Eurosport): Unfair. Alte Regel, die zu einer Zeit passt, in der es noch mehr reine Rasenspezialisten gab. Mittlerweile spielt doch jeder auf jedem Belag. Und wenn es schon ein Ranking nach Belägen gibt, dann bitte bei allen Grand-Slam-Turnieren.

Andrej Antic (tennisMAGAZIN): Eigentlich überholt, weil sich die Belege so angenähert haben. Insofern eher unfair.

Alexander Antonitsch (Servus TV): Nicht mehr zeitgemäß. Auch die erspielten Punkte auf Rasen sind ja nicht wirklich aussagekräftig, wenn Thiem, Djoker, Nadal etc. kein Turnier im Vorfeld spielen! Wimbledon sollte das ATP Ranking nehmen wie alle anderen Turniere auch!

Nikolaus Fink (tennisnet): Unfair. Bei keinem anderen Turnier der Welt gibt es diese Möglichkeit. Was das Ganze zusätzlich ad absurdum führt, ist die Tatsache, dass das "Grass-Court-Formular" nur bei den Herren angewandt wird.

Sebastian Kayser (BILD): Es sollten alle Turniere setzen, wie sie wollen. Wenn ich immer nach der Weltrangliste setze, was ja außer in Wimbledon so ist, dann brauche ich ja keine Setzliste mehr, sondern kann gleich festlegen: Weltrangliste gleich Setzliste. Diese Diskussion gab es schon in der 80-ern, als Steffi Graf mal an Nr. 1 gesetzt wurde, obwohl sie in der Weltrangliste hinter Martina Navratilova lag.

Oliver Faßnacht (DAZN/Eurosport): Inkonsequent, da die Bewertungen unterschiedlich sind : bei den Männern geht es nach einer Formel, bei den Damen nach subjektiver Beurteilung . Beispiel Kerber: wenn es in Kombination mit der aktuellen Weltrangliste z.B auch um Qualität auf Rasen, Siegchancen und die bisherige Bilanz auf diesem Belag ginge, müsste sie sogar an 2 oder 3 gesetzt werden. Generell: Die Diskussion bei den Herren war vorhersehbar - aufgrund der klar festgelegten -, und offiziell bekannten Berechnungs-Kriterien aber wieder mal völlig überflüssig.  

Jens Huiber (sportradio360): An der Setzliste kann man gerne herumdoktern. Viel wichtiger wäre aber eine Rückkehr zu jenen Zeiten, als im Sand noch gewühlt wurde. Und die Bälle auf Rasen nicht höher als acht Zentimeter abgesprungen sind.

Stefan Hempel (Sky): Ich würde das ganze Jahr einheitlich gestalten - und verstehe nicht, warum die Briten immer eine Sonderrolle einnehmen wollen, egal. ob bei der Setzliste oder bei der Vergabe der Wildcards. Einfach anders sein. Wenn wir uns das Turnier im Queen´s Club angeschaut haben: Anstatt mal früher anzufangen, weil die Wetterprognose ungünstig war: Nein, wir starten um 12 Uhr, weil das ist so TRadition.

Florian Goosmann (tennisnet): Der Spanier in mir schreit: Unfair! Der Schweizer in mir aber denkt: Die Rasenexperten haben den Nachteil einer arg kurzen Rasenphase. Da dürfen sie auch einen kleinen Vorteil bei der Setzung genießen. Zumal diese nach einem fixen und somit fairen System abläuft.

Eher gut so, wie es ist

Markus Theil (Eurosport): Wenn man die Absicht zu Grunde legt, dass die 32 besten Spieler der vergangenen 12 Monate sich aus dem Weg gehen sollen in den ersten Runden, ist es m.M. nach auch richtig, sich komplett nach der Weltrangliste zu richten. Ich verstehe die Intention der Organisatoren, sich mehr nach der individuellen Stärke auf Rasen zu richten, würde es aber gerechter, besonders für die auf Rasen "schwächeren" Spieler finden, wenn die Weltrangliste eins zu eins übernommen würde.

Robert Frank (tennisnet): Fair, so lange diese Setzregelung transparent und nachvollziehbar ist. Wimbledon nimmt unter den Grandslams schon immer eine besondere Stellung ein und hebt sich damit von den anderen großen Turnieren ab. Vor diesem Hintergrund finde ich eine eigene Setzregelung vertretbar.

Moritz Lang (Sky): Ich liebe die Traditionen in Wimbledon und dazu gehört nun mal auch die Setzung der Spieler. Meiner Meinung nach ist das nicht nur schön, weil schon immer gelebt, sondern inzwischen auch fair, weil transparent.

Florian Regelmann (spox.com): Ich habe damit überhaupt kein Problem. Die Rasensaison ist kurz und speziell, da ergibt eine spezielle Herangehensweise durchaus Sinn. Und sie ist auch fair, weil wir es ständig erleben, dass Spieler auf Rasen nicht so performen, wie es ihr Ranking eigentlich aussagen würde. Es wirkt vielleicht komisch, Kevin Anderson jetzt an 4 gesetzt zu sehen, aber es ist kein Quatsch. Ich verstehe die Aufregung nicht.    

Marcel Meinert (Sky): Die Setzungen sind durchaus fair, denn alle haben die gleichen Chancen, Wimbledons „Rasen-Formel“ für sich zu nutzen. Diskussionswürdig ist aber vor allem die Tatsache, warum die Regel nicht auch bei den Damen angewandt wird.

Lukas Zahrer (tennisnet): Die Rasen-Saison ist kurz. Es gibt kein Masters-Turnier, im Idealfall kann man vor Wimbledon exakt 1000 Punkte „verdienen“, sollte man das 500er in Halle oder Queens und zwei kleinere Turniere davor und danach gewinnen. Daher ist es nur fair, jenen Spielern, die auf diesem Belag ihre Stärken haben, ein wenig unter die Arme zu greifen. Was für mich völlig unerklärlich ist: Bei den Damen gibt es keine solche Formel. Ja, die Punktevergabe auf der WTA-Tour ist eine andere. Aber es gibt keinen Grund, hier Geschlechterunterschiede durchzusetzen.

Paul Häuser (Sky): Das ist für mich ok. Rasen ist so anders als die anderen Beläge. Wimbledon hat sich deshalb eine eigene Setzung verdient. (Ich wünsche mir generell mehr Rasenturniere auf der Tour.) 

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Samstag
29.06.2019, 13:40 Uhr
zuletzt bearbeitet: 29.06.2019, 11:08 Uhr