„Quo vadis, Tennis?“, Teil 2 – Veränderungen des Materials

Wir beleuchten in unserer Serie „Quo vadis, Tennis?” die Veränderungen des Tennissports.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 16.12.2015, 17:55 Uhr

Serie - Quo Vadis Tennis

Von Philipp Heger

Im ersten Teil unserer Serie „Quo vadis, Tennis?“ haben wir uns mit den Veränderungen der Regeln beschäftigt.Im heutigen Teil untersuchen wir die Veränderungen der Materialien. Denn ohne diese Weiterentwicklung wäre das Spiel, das wir heute live vor Ort oder auch an den TV-Geräten zu sehen bekommen, so nicht möglich.

Vom Holzschläger zum modernen Tennisracket

Eine gravierende und einschneidende Veränderung war die Weiterentwicklung der Materialien, insbesondere der Tennisschläger. Mit den Holzschlägern zu Beginn der Open Era wäre ein so dynamisches schnelles Spiel, wie es heutzutage stattfindet, nicht spielbar. Benutzt wurden die Holzschläger bis Mitte der 1980er-Jahre. Jedoch kamen bereits in den 1960ern Schläger aus Aluminium und Stahl auf den Markt. In den 1970ern wurden diese durch Schläger aus glasfaser- und kohlefaserverstärktem Kunststoff abgelöst. Heutzutage sind die meisten Schläger aus Graphit. Weitere Stoffe wie Keramik, Titan und Aramid-Fasern (Kevlar, Twaron,...) sind ebenfalls bei der Rahmenkonstruktion von Bedeutung.

Aber nicht nur die Materialien an sich haben sich verändert, sondern auch die Form der Tennisschläger. Hatten die Holz- und Metallschläger früher immer einen fast runden Schlägerkopf mit relativ kleiner Schlagfläche, dafür aber einem sehr langen Griff, so haben die heutigen Schläger einen ovalen Schlägerkopf mit eher kurzem Griff, der über das Schlägerherz zum Schlägerkopf führt. Der letzte Spieler, der versuchte, mit einem Schläger mit kleiner Schlagfläche und langem Griff erfolgreich zu sein, war 1995Jimmy Connorsbei seinem Mini-Comeback in Halle. Allerdings war nur die äußere Form seines damals verwendeten Rackets den Holz- und Metallschlägern ähnlich. Der Schläger selbst war ebenfalls aus Graphit.

Auch sind die Schläger im Laufe der Zeit immer leichter geworden, und der Schlägerkopf wurde größer. Haben Holzschläger in etwa um 400 Gramm gewogen und hatten eine Kopfgröße um 300 cm², so spielen die Profis heutzutage mit Schlägern zwischen 300 Gramm und 360 Gramm, bei Kopfgrößen zwischen 570 cm² und 645 cm². Auffällig ist, dass die Profis sehr unterschiedliche Rackets spielen und diese für sie sehr individuell angefertigt werden. So spielt zum BeispielRafael Nadalmit deutlich leichteren Schlägern alsRoger FedereroderTomas Berdych.

Entwicklungen im Saitenbereich und Veränderung der Griffe

Auch im Bereich der Tennissaiten hat sich in den letzten 50 Jahren einiges getan. Auffällig ist vor allem, dass auch im Profibereich vermehrt mit Kunstsaiten gespielt wird. Früher galt die Darmsaite als qualitativ unerreichbar. Andererseits war und ist sie aber auch sehr teuer und fasert bei Feuchtigkeit schnell aus. Kunstsaiten lassen sich in Polyester-Saiten, Nylon-Saiten, Titanium-Saiten und Multifilament-Saiten sowie strukturierte Saiten unterteilen. Gerade Multifilament-Saiten und strukturierte Saiten erfreuen sich heutzutage auch im Profibereich immer größerer Beliebtheit, da sich aufgrund der Struktur der Saiten beispielsweise mehr Spin erzeugen lässt. Außerdem glänzen die Saiten häufig durch geringere Spannungsverluste.

Eine andere Weiterentwicklung ist die mögliche Härte der Bespannung. AlsThomas Muster1995 die French Open gewann, wurde über verschiedene Veränderungen der Spielweise sowie auch in Musters Umfeld berichtet. Eine dieser Veränderungen war, dass er mit dem Bespannungsexperten Frank Messerer zusammenarbeitete, und dieser es mittels eines Tricks erstmals schaffte, Musters Racket mit 42 Kilopond zu besaiten. Bis dahin war dies so nicht möglich, da sich dann die Schläger verzogen haben. Ob es sinnvoll ist, einen Schläger so hart zu bespannen, ist eine andere Frage. Jedenfalls ist es heutzutage möglich, die Tennisschläger sehr hart zu besaiten. Auch hier haben wir wieder eine große Vielfalt hinsichtlich der Saiten und Besaitungshärten der Profispieler. Federer und Nadal bespannen eher weich, Djokovic und Berdych oder vor allem auch Haas verhältnismäßig hart.

Auch in Bezug auf die Griffstärken gab es in den letzten Jahren ein Umdenken bei den Profispielern. War es früher üblich mit sehr dicken Griffen (oftmals Griffstärke 5, zuweilen noch mit zusätzlichen Overgrips umwickelt) zu spielen, verwenden die Top-Spieler heutzutage fast alle eher dünne Griffe. Federer spielt beispielsweise mit Griffstärke 3, Nadal gar mit Griffstärke 2. Eine Ausnahme ist hierbei Karlovic, der aufgrund seiner großen Hände nach wie vor Griffstärke 5 spielt. Der Vorteil von dünnen Griffstärken ist, dass der Spieler mehr Gefühl hat. Dünne Griffe werden in der Regel von Spielern bevorzugt, die mit viel Spin agieren. Dickere Griffe begünstigen dagegen eine höhere Beschleunigung. Natürlich haben sich auch die Griffbänder an sich weiter entwickelt. Ähnlich wie die Sportkleidung heutzutage absorbieren auch die Griffbänder den Schweiß besser als früher. Allerdings sind die Veränderungen nicht so stark wie beispielsweise im Bereich der Tennisschläger.

Tuning der Schläger

Wie in den anderen Bereichen auch sind die Spieler auch hier noch professioneller geworden. Wer es sich leisten kann, bringt eigene Spezialisten mit, die sich ausschließlich um die Schläger kümmern. Angefangen beim Besaiten der Schläger. Aber auch werden die Schläger genau auf die Spieler angepasst. Gewicht, Schwerpunkt, Rahmenhärte, Rahmendicke, Länge, Schlägerkopf-Größe sind Parameter, die sich verändern lassen. Entschließt sich ein Spieler zu einer Veränderung, wie zum Beispiel Federer im Jahr 2013, als er sich von Wilson Schläger mit größerem Schlägerkopf liefern ließ, so verändern sich auch die anderen Parameter automatisch. Die Schlägerexperten haben dann die Aufgabe, die anderen Parameter so zu verändern, dass sich der Spieler mit dem Racket wohl fühlt. Außerdem ist die Bespannung auch ein Bereich, bei dem viel „gespielt“ werden kann. Bei Hitze wird härter bespannt, bei Feuchtigkeit oder niedrigen Temperaturen eher weich. Je nach Spieltaktik und Gegner werden dann auch wieder minimale Veränderungen vorgenommen. Auch im Bereich des Tunens und Besaitens der Schläger wird alles immer wissenschaftlicher. Die Top-Profis versuchen hierbei auch wieder ein paar Prozent herauszukitzeln.

Hilfsmittel

Auch im Bereich der Trainingshilfen gibt es tolle Innovationen. War zu Beginn der Open Era die Ballmaschine das am meisten verwendete Trainingsgerät, so kommt diese heute im Profibereich kaum mehr zum Einsatz. Es gibt immer noch Ballmaschinen, die sich auch extrem weiterentwickelt haben, aber die Hauptveränderung im Bereich der Trainingshilfen spielt sich vor allem außerhalb des Platzes ab. Einheiten zur Verbesserung der Kondition, Koordination und Schnelligkeit werden heute sehr gewissenhaft durchgeführt. Hierbei werden Lichtschranken eingesetzt, und der Puls der Spieler nimmt eine wichtige Rolle ein. Viel wird auch mit speziellen Geräten im Bereich Stabilität trainiert.

Auch in anderen Bereichen gibt es verbesserte innovative Trainingshilfen. Eine Neuerung, über die wir auch schon berichtet haben, ist die Sensortechnik (Babolat Play, Babolat Pop, Sony Smart Sensor), die den Spielern interessante Daten über ihr Spiel liefert.

Fazit:

Die Profispieler überlassen nichts mehr dem Zufall. Das Material spielt eine immer größere Rolle und ermöglicht ein schnelleres und kontrollierteres Spiel.

Im dritten Teil unserer Reihe „Quo vadis, Tennis?“ werden wir uns mit der körperlichen Weiterentwicklung der Spieler beschäftigen.

von tennisnet.com

Mittwoch
16.12.2015, 17:55 Uhr