tennisnet.comATP › Grand Slam › French Open

Thiem-Leistungsdiagnostiker Dr. Michael Reinprecht - „Wichtiger Mosaikstein für den Erfolg von Dominic“

Dr. Michael Reinprecht begleitet seit ein paar Jahren den Weg von Dominic Thiem auf der ATP-Tour. Im Gespräch mit tennisnet erläutert der Steirer, worauf es in der Trainingsarbeit ankommt.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 26.09.2020, 20:52 Uhr

Dominic Thiem und Dr. Michael Reinprecht im Spätherbst 2013
© GEPA Pictures
Dominic Thiem und Dr. Michael Reinprecht im Spätherbst 2013

tennisnet: Herr Dr. Reinprecht. Wie hat Ihr Kontakt mit Dominic Thiem nach dessen Sieg bei den US Open ausgesehen?

Dr. Michael Reinprecht: Ich habe mit Dominic nach den US Open nur ein lockeres Gespräch gehabt, der Fokus ist auf der Regeneration gelegen. Man denkt in der Regel immer wieder nur in der Kategorie Körper. Der kritische Punkt ist aber viel tiefer. Man muss sich vorstellen, was ein zwei Wochen andauernder Wettkampf  mit einem macht. Danach will man seine Ruhe haben, zu sich kommen, muss wieder Freude gewinnen. Ich hoffe, dass die Zeit lang genug für Dominic war, dass er auf allen Ebenen bereit ist für die French Open.

tennisnet: Dominic hat viele Termine erledigen müssen. Wie hätten die Tage nach dem Sieg in New York idealerweise ausgesehen?

Dr. Reinprecht: Als Trainer wünscht man sich natürlich möglichst wenige, im Idealfall gar keine Termine. Aber ein Punkt ist dabei entscheidend: Es gibt Termine, die sind positiv, die beflügeln einen. Und es gibt mühsame Termine. Auch diese Geschichte ist eine Kopfsache und hängt von der eigenen Einstellung massiv ab. Es ist immer eine Herausforderung, mit diesen Dingen in einer hilfreichen Art und Weise umzugehen.

tennisnet: Gibt es einen Unterschied, ob ich mich auf New York mit über 30 Grad oder Paris mit knapp über zehn Grad vorbereite?

Dr. Reinprecht: Es sind in der Vorbereitung eher Kleinigkeiten, die man berücksichtigen muss. Bei den US Open hat man gesehen: Die Athleten haben extrem geschwitzt, da muss man also ganz akribisch darauf schauen, dass die Elektrolyt-Zufuhr gut passt. Da hat der Alex Stober einen sehr guten Job gemacht. Bei niedrigeren Temperaturen muss man sich eher ein wenig länger aufwärmen. Aber für Dominic ist es jetzt keine so große Herausforderung, damit umzugehen. Wichtig ist, dass der Athlet topfit ist.

Die Tartanbahn nimmt Dominic Thiem gerne mit
© privat/Michael Reinprecht
Die Tartanbahn nimmt Dominic Thiem gerne mit

tennisnet: Wie schaut denn die Zusammenarbeit mit Alex Stober, dem Physiotherapeuten von Dominic Thiem aus?

Dr. Reinprecht: Wir haben eine tolle Kooperationsbasis. Wir verstehen uns sehr, sehr gut. Hauptsächlich ist es so, dass sich der Alex um den physiotherapeutischen und regenerativen Bereich kümmert. Er macht dort einen Weltklasse-Job. Meine Aufgabe ist die Athletik, die körperliche Fitness, die Leistungsdiagnostik. Weil ich bin während der Turniere eher zu Hause. Unsere Tätigkeiten ergänzen sich perfekt.

tennisnet: Sie haben vor kurzem Dominic zum Training in die Steiermark geholt. Warum?

Dr. Reinprecht: Fitnesstraining soll generell spannend und abwechslungsreich sein. Es soll Freude machen. Da ist der Wechsel von Locations eine der Möglichkeiten. Ich wohne in diesen Weinbergen. Wir sind nach St. Nikolai in meine Heimat gekommen, da kenne ich alle Leute, da habe ich perfekte Unterstützung von der Gemeinde. Wir haben wirklich sehr gut trainiert. Und das war ein weiterer, sehr wichtiger Mosaik-Stein für Dominics Leistung in New York.

"Auf der Tartanbahn fühlt sich Dominic wohl"

tennisnet: Welche logistischen Voraussetzungen müssen für ein erfolgreiches Fitnesstraining denn gegeben sein? Sie haben sich mit Dominic ja auch in den USA vorbereitet.

Dr. Reinprecht: Das Athletiktraining im Tennis hat sich während der letzten Jahrzehnte massiv verändert. Das Training ist sehr komplex. Man diverse Instrumente ständig dabei, wie etwa eine Speed Leiter. Natürlich braucht man zwischendurch auch Gyms für die muskuläre Entwicklung. In Miami haben wir alles auf einem super Level vorgefunden und auch in Los Angeles. Es war alles da - bis hin zum Ambiente. Ganz wichtig ist auch eine Tartanbahn. Auf der fühlt sich Dominic in der Regel auch wohl.

tennisnet: Stichworte Abwechslung, wechselnde Trainingspartner: Mit wem trainiert Dominic seine Fitness?

Dr. Reinprecht: Unterschiedlich. Meistens war in letzter Zeit sein Bruder Moritz dabei, auch in der Südsteiermark. In Teneriffa wiederum waren fünf bis zehn Kollegen dabei. das wirkt sich in der Regel sehr positiv aus. Es geht ja nicht nur um das Training allein, sondern auch darum, dass die Burschen untereinander einen guten Schmäh haben. Und es macht einen riesengroßen Unterschied, ob ein Athlet beim training Freude hat. Oder ob er das einfach abspult. Oder im schlimmsten Fall widerwillig macht. Man möchte nicht glauben, welche Steigerung möglich ist, wenn der Athlet das Training liebt.

tennisnet: Dominic hat im Sommer ordentlich an Muskelmasse zugelegt. Warum?

Dr. Reinprecht: Die grundsätzliche Idee ist, dass ich über eine vermehrte Muskelmasse explosiver und schneller werde. Ich kann das ganze aber überziehen, wenn ich zu viel Masse aufbaue. Ich glaube, wir haben da einen sehr guten Mittelweg gefunden. Wir haben zwischendurch geschaut, wie entwickelt sich die Sprintgeschwindigkeit, wie die Sprungkraft. Wir haben aber auch Maximalkraft- oder Kraftausdauer-Trainig gemacht. In unserem Training steckt sehr viel Erfahrung und Know-How drin.   

Mike Reinprecht und Dominic Thiem - einmal nicht beim Schwitzen
© privat/Michael Reinprecht
Mike Reinprecht und Dominic Thiem - einmal nicht beim Schwitzen

 

 

 

Verpasse keine News!
Aktiviere die Benachrichtigungen:
Thiem Dominic

von Jens Huiber

Sonntag
27.09.2020, 09:55 Uhr
zuletzt bearbeitet: 26.09.2020, 20:52 Uhr

Verpasse keine News!
Aktiviere die Benachrichtigungen:
Thiem Dominic