Thiem´s 7: Jan-Lennard Struff reist mit Fragezeichen aus Kitzbühel ab

Die Reise von Jan-Lennard Struff geht nach seinem knappen Ausscheiden bei Thiem´s 7 weiter nach Berlin. Die deutsche Nummer zwei konnte in Tirol spielerisch überzeugen. Und hatte einiges zu sagen.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 10.07.2020, 07:39 Uhr

Jan-Lennard Struff am Donnerstag in Kitzbühel
© GEPA Pictures
Jan-Lennard Struff am Donnerstag in Kitzbühel

Von Jens Huiber aus Kitzbühel

Jan-Lennard Struff kommt gerne nach Kitzbühel, das betont der Warsteiner nicht nur am Fuße des Kitzbüheler Horns. Auch wenn die deutsche Nummer zwei im vergangenen Jahr die Reise nach Tirol nicht angetreten, sich lieber in Washington versucht hat. Mit bescheidenem Erfolg, aber als guter Vorbereitung für die darauffolgenden Hartplatz-Turniere in den USA: In Cincinnati schlug Struff vor knapp einem Jahr Stefanos Tsitsipas. Mit dem Griechen hat er vor ein paar Monaten erneut bis zum bitteren Ende mitgehalten, musste in Dubai im Viertelfinale am Ende doch klein beigeben.

In Kitzbühel ist Struff bei Dominic Thiems Einladungsturnier in der Vorrunde gescheitert, der Gastgeber persönlich hat ihn am Donnerstag verabschiedet. Die beiden sehen sich bald wieder, Struff ist wie Thiem einer der Fixstarter beim Rasen-Hartplatz-Kombi-Event in Berlin. Zwei Plätze sind dort nach den Absagen von Alexander Zverev und Nick Kyrgios noch offen, freiwillige Meldungen nimmt Veranstalter Edwin Weindorfer gerne entgegen. Voraussetzungen allerdings: ein möglichst niedriges zweistelliges Ranking in den ATP-Charts. Und minimale Lust auf öffentliche Parties, bei denen im Zweifel oben ohne Limbo getanzt wird. Karen Khachanov scheint ein ernsthafter Kandidat zu sein.

Struff hat sich in Kitzbühel 2020 dennoch stark präsentiert, den Sieg gegen Andrey Rublev zum Auftakt buchstäblich auf dem Schläger gehabt. Und per Volley im Netz versenkt. Am zweiten Tag folgte ein ungefährdeter Sieg gegen Casper Ruud, gegen Thiem reichten zwei kurze Phasen der Unaufmerksamkeit, um als Verlierer vom Court zu gehen.

Struff weiß noch zu wenig

Eskapaden wie den oben genannten ist Jan-Lennard Struff nicht zugeneigt, es sei denn, der glorreiche Ballspielverein Borussia von 1909, beheimatet in Dortmund, gibt Anlass zur Freude. Zum kleinen Pressegespräch mit tennisnet und Gerald Kleffmann von der Süddeutschen Zeitung am Dienstag kam Struff im trägerlosen Shirt, massive Veränderungen des Oberkörpers während der Corona-Zeit waren, anders als bei den Kollegen Thiem und Novak, nicht auszumachen. Die Zukunft über Berlin hinaus ist ungewiss für Struff, der sich von der ATP nicht ausreichend informiert fühlt.

„Als die Meldung kam, dass die US Open stattfinden werden und auch die Turniere davor, war ich sehr happy drüber“, sagte Struff also. „Das war dann wieder ein Ziel, auf das ich hinarbeiten konnte.“ Aber: „Ich kann jetzt nicht sagen, dass wir hier so viele Informationen bekommen haben, dass ich sagen könnte: Ich kann mir ein optimales Bild davon machen.“ Es sei nun ja nicht mehr so lange hin - und etwa zum Turnier in Washington mit geplantem Start am 14. August habe er noch kein Fact Sheet gesehen, nichts. „Es sind noch so viele Fragezeichen da.“

Zverev benachteiligt, Berrettini mit Vorteilen

Zum jüngst vorgestellten ATP-Ranking-Modell hat Struff auch eine klare Meinung. „Als ich das das erste Mal gelesen habe, habe ich mir gedacht: Ok, das ist ein ganz ordentliches Modell. Man kann es sowieso nie allen Spielern recht machen. Wie einem Alexander Zverev, der bei den Australian Open Halbfinale gespielt hat und diese Punkte dann wieder verteidigen muss. Andererseits muss Matteo Berrettini sein Halbfinale von den US Open nicht verteidigen und hat es bis nächstes Jahr drin. Aber generell hört es sich ganz gut an. Weil somit ist niemand gezwungen zu spielen, der es aus gesundheitlichen Gründen vielleicht nicht möchte.“

Was auf Jan-Lennard Struff, das sei noch einmal erwähnt, nicht zutrifft. Er ist richtig heiß auf den Re-Start der ATP-Tour, hoffentlich im August. Noch heißer ist der Warsteiner lediglich auf Informationen seiner Spielervertretung, wie diese Wiederaufnahme aussehen soll.

Zu beantworten ist von Seiten Struff dann natürlich auch noch die Frage, wer denn mit ihm auf Reisen geht. In Kitzbühel sind Physiotherapeut Uwe Liedtke und Coach Carsten Arriens mit dabei. Gerade mit letzterem hat Struff erst in der jüngeren Vergangenheit wieder intensiver trainiert. Anders als zu Beginn der Corona-Zeit. "Auch wenn es mir ganz gut geht finanziell, muss man natürlich sehen: Wenn ich nun fünf Tage pro Woche mit Carsten arbeiten würde, entstehen dadurch Kosten. Aber wir haben auch schnell gesagt, dass es keinen Sinn machen würde, täglich zusammen zu arbeiten. Und haben dann variiert: manchmal einmal die Woche, dann wieder drei Mal. So wie wir uns gefühlt haben."

Wer dann an der Seite von Struff in New York City wirken wird, hängt allerdings nicht nur von den Wünschen des Spielers ab. Noch steht ja eine quantitative Einschränkung durch die Veranstalter, die USTA, im Raum.

von Jens Huiber

Freitag
10.07.2020, 08:10 Uhr
zuletzt bearbeitet: 10.07.2020, 07:39 Uhr