Von Roger Federer in den Bann gezogen
Roger Federer hat nicht nur die Kollegen und Fans begeistert. Auch jene Menschen, die beruflich mit ihm zu tun hatten, werden den Maestro vermissen. Der Verfasser ist da keine Ausnahme.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
17.09.2022, 12:10 Uhr

Der große Tennis-Fotograf Jürgen Hasenkopf hat vor kurzem in einem Podcast Folgendes erzählt: Er war mit dem legendären Kollegen Jörg Allmeroth nach den Turnier in Doha gerade beim Auschecken aus dem Hotel, während Roger Federer, der eben dort auch untergebracht war, mit seinem Tross samt Gepäck schon auf dem Weg nach draußen war. Was macht Federer aber? Er kommt noch einmal an den Counter und verabschiedet sich bei Hasenkopf und Allmeroth persönlich. Kann man so machen.
Dazu passt, was René Stauffer, der zwei Biographien über Roger Federer geschrieben hat, berichtet: Der Maestro würde sich alle Begegnungen einprägen, sich die Namen zu den Gesichtern merken. Umgekehrt ist es natürlich einfacher, schließlich ist die grundsätzliche Arbeitssituation ja jene, dass Federer alleine hinter einem Mikrofon sitzt und die versammelte Mannschaft der Journalisten vor ihm. Und es gibt verschwindend wenige Reporter, die Federer nicht in seinen Bann gezogen hat.
Da nimmt sich der Verfasser nicht aus. Achtung, es wird nun fast persönlich. Aber drei Begebenheiten seien hier kurz erzählt …
- Nürnberg, Dezember 2004: Thomas Gottschalk und Gäste aus dem Sportbereich, das hat nie so recht zusammen gepasst bei „Wetten, dass..?“. Zu gering das Interesse des großen Moderators an allen Disziplinen außer dem Eiskunstlauf (ja, das ist belegt!), zu gering aber auch der Beitrag des erfolgreichen Olympioniken, der gerne vergisst, dass er oder sie in einer Unterhaltungsshow sitzt und ein wenig mehr als die von den Medienbeauftragten eines Sportverbandes vorgestanzten Sätze einbringen sollte. Umso bedauerlicher für die TV-Zuschauer, dass Gottschalks Redaktion Roger Federer bei jener Show im Dezember ganz ans Ende der Sendung verplant hat. Denn der hätte sehr wohl was zu erzählen gehabt. Umso besser indes für den Verfasser, der, damals beruflich noch nicht mit dem Tennissport befasst, so mit dem noch fast jugendlichen Großmeister backstage ein richtig lässiges Plauscherl führen konnte (belastendes Foto-Material ist vorhanden, wird aber nur auf richterliche Anordnung zur Vorführung gebracht). In Erinnerung geblieben sind die Neugier von Federer, die Verbindlichkeit, die Unkompliziertheit.
- New York, August 2017: Früher, und so lange ist die gute, alte Zeit gar nicht her, war auch bei den US Open alles einfacher. Da hieß es am Media Day: Pressekonferenz Roger Federer im Interview Room 1 um 13 Uhr, danach ab in den Players´ Garden für die nationale, also die Schweizer Presse. Da fühlen sich natürlich grundsätzlich alle Reporter aus der DACH-Region angesprochen. 2017 nun war die gesammelte Schweizer Journalisten-Armada aus irgendwelchen Gründen am Media Day noch nicht im National Tennis Center präsent. Der Verfasser und die grandiose Doris Henkel aber schon. Und so haben ein Österreicher und eine Deutsche ein paar Minuten Two-on-One mit dem Schweizer Champion der Champions (Zitat Billie Jean King) bekommen, in denen es nur um ein Thema gegangen ist: Wird sich Federer den Kampf zwischen Connor McGregor und Floyd Mayweather ansehen? Und mit wem? Man plane das fest ein und werde für die Pay-per-View-Gebühren zusammenlegen, so Federer damals. Unser freundliches Angebot, dass wir uns daran beteiligen und persönlich für etwaige Fragen zum Verlauf des Kampfes zur Verfügung stünden, wurde ebenso freundlich abgelehnt.
- Halle/Westfalen, Juni 2021: Wer zum Tennisstadion in Halle/Westfalen kommen möchte, muss zwingend über die Roger-Federer-Allee anreisen. Der Schweizer hat dieses Turnier geprägt wie kein anderer, dafür gesorgt, dass die Tribünen voll waren. 2021 wäre das nicht anders gewesen. Da allerdings, ältere Sport- und Pandemiefreunde werden sich daran erinnern, war grad irgendwas mit Corona. Die Ballkinder mussten bei sehr sommerlichen Temperaturen Masken tragen, Fans waren nur in homöopathischen Dosen zugelassen, Journalisten durften allerdings von vor Ort berichten. Gesehen hat man als Reporter Roger Federer vor etwas mehr als einem Jahr nur auf dem Court - die Pressekonferenzen fanden via Video-Konferenz statt. Dennoch lag schon da ein Hauch von Abschied über der Szenerie. Denn selten hat man Federer so nachdenklich erlebt wie nach seiner Niederlage gegen Félix Auger-Aliassime. Es sollte der letzte Auftritt in Halle gewesen sein.