Wer wird DTB-Präsident?
Der Faktencheck zu anstehenden Wahl am Sonntag in Berlin.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
11.11.2011, 10:55 Uhr

Von Jörg Allmeroth
Am Sonntag wird bei der Mitgliederversammlung des Deutschen Tennis Bund ein neues Präsidium gewählt. Zur Wahl für den Chefposten beim größten Tennisverband der Welt stehen Amtsinhaber Dr. Georg von Waldenfels (67), der den Verband seit Dezember 1999 führt, und Karl-Georg Altenburg (49), der Deutschland-Chef der Investmentbank JP Morgan. Ob von Waldenfels überhaupt antreten wird, scheint indes noch gar nicht so sicher.Die Kandidatur des amtierenden DTB-Präsidenten "hängt an inhaltlichen Voraussetzungen".
Dr. Georg von Waldenfels
Der ehemalige bayrische Finanzminister trat vor fast zwölf Jahren die Nachfolge des Kölner Sportprofessors Karl Weber an. Waldenfels war zuvor Chef des Bayrischen Tennis Verband gewesen. Eigentlich wollte der 67-jährige zur jetzigen Präsidentenwahl seinen Posten räumen, änderte dann aber seine Meinung, als Karl-Georg Altenburg zur Wahl antrat. Waldenfels betonte, er sei von „verschiedenen Seiten“ zu einer neuerlichen Kandidatur gedrängt worden. Als einer seiner Fürsprecher gilt der einstige DTB-Chef Dr. Claus Stauder (Essen). Zu seinen Absichten erklärte Waldenfels, es gehe ihm vor allem darum, „Kontinuität zu wahren“. In die Amtszeit des in Hof geborenen Juristen fällt zunächst die Konsolidierung der maroden DTB-Finanzen, später aber auch ein Bedeutungsverlust des Profitennis-Standorts Deutschland.
Die Degradierung der German Open in Hamburg führte zu einem teuren und verlustreichen Gang vor die Gerichte, gegen die Spielergewerkschaft ATP verlor der DTB fast alle anhängigen Prozesse. Von Waldenfels arbeitet für die internationale Anwaltskanzlei Clifford Chance und besetzte in den letzten Jahren diverse Aufsichtsratsposten, u.a. bei der E.ON oder der Georgsmarienhütte Holding GmbH. Der Deutschen Bahn diente er als zudem als Beauftragter des Vorstands. Er ist seit 2010 auch der Vorsitzende und Schatzmeister der „Gesellschaft der Freunde von Bayreuth“, also des größten Fördervereins der Bayreuther Festspiele. Waldenfels ist selbst passionierter Tennisspieler, neben dem DTB-Amt rückte er auch in das „Board of Directors“ des Weltverbands ITF. Dort wurde er kürzlich für zwei weitere Amtsjahre wiedergewählt.
Dr. Karl-Georg Altenburg
Der Investmentbanker tritt mit dem Ziel an, dem DTB ein „jüngeres Gesicht“ zu geben und ihn für Kinder und Jugendliche attraktiver zu machen: „Tennis muss wieder cool werden, ein echter Trendsport.“ Der Vater von fünf Kindern, der einer Juristenfamilie entstammt, wurde in Mülheim/Ruhr geboren und studierte nach dem Abitur Maschinenbau mit Schwerpunkt Kraftfahrwesen. Er absolvierte auch eine Lehre zum Kfz-Mechaniker. Nach einigen Jahren in der Unternehmensberatung wechselte der Tennisfreak ins Investmentbanking – und an die Wall Street nach New York. Für JP Morgan arbeitete er im „Big Apple“ und in London. 2000 verließ er das Institut, um in Rumänien als Unternehmer eine Telefongesellschaft zu etablieren. Er erlebte, wie er selbst sagt, „dabei eine lehrreiche Bauchlandung“, und kehrte zu JP Morgan zurück.
Dem Blatt „Junge Karriere“ benannte Altenburg sein Arbeitsmotto so: „Ich sehe meinen Beruf wie ein Tennismatch. Sie strengen sich an, sie geben alles, sie versuchen zu gewinnen – immer im Rahmen der Regeln.“ Auf die Frage, was er machen würde, wenn er an einem Tag etwas anderes als seinen jetzigen Beruf ausüben könne, sagte er: „Dann würde ich gerne auf dem Tennisplatz in Wimbledon im Endspiel stehen.“ Altenburg saß in den letzten anderthalb Jahren bereits in einer DTB-Kommission, die an einer Strukturreform arbeitete – vermittelt hatte das der Generalsekretär des DOSB, Michael Vesper. Während der Arbeit an dem Modernisierungs-Konzept für den Verband wurde er von mehreren Landesbossen des DTB zu einer Kandidatur für den damals scheinbar vakanten Präsidentenposten aufgefordert. Altenburg spielt selbst „leidenschaftlich gern Tennis“, trat zuletzt für den TC Oberursel an.
Die Teams
Bekanntester Name im Team von Herausforderer Altenburg ist der frühere deutsche Davis-Cup-Sieger Carl-Uwe Steeb, der sich fortan als Vizepräsident um den Leistungssport kümmern soll. Zentrale Figur in der Mannschaft ist daneben Stephan Brune, der neuer hauptamtlicher Geschäftsführer mit Zugriff auf die Ressorts Finanzen, Medien und Marketing werden soll, er steht also nicht direkt zur Wahl. Brune war früher Vorstandsvorsitzender der Zapf AG. Auch Stefan Felsing, ehedem ein Geschäftsführer bei Ufa Sports, ist mit an Bord, er soll das Ressort Recht übernehmen. Der badische Verbandspräsident Bernd Greiner soll im Team Altenburg künftig das Ressort Sport und Sportentwicklung leiten, der Niedersachse Henner Steuber wäre dann für Jugend/Ausbildung zuständig. Aus dem bisherigen, von Georg von Waldenfels geführten Präsidium scheidet – lang angekündigt – der Dresdner Peter Gorka aus, der als Vizepräsident u.a. für Ausbildungsfragen zuständig war. Nicht mehr im Team von Waldenfels ist offenbar der bisherige Sportwart Heinz Wagner (Verband Rheinland-Pfalz), als neue Kandidatin tritt nun Dr. Eva Maria Schneider (Herrsching/Bayrischer Tennis Verband) an. Für das wichtige Rechtsressort kandidiert dem Vernehmen nach wieder der Bayer Dr. Günther Lang.
Die Stimmenlage
Der DTB hat 18 Landesverbände, die je nach Mitgliederzahl über unterschiedliche Stimmenpakete verfügen. Die meisten Stimmen hat der Bayrische Verband (22), jeweils nur eine Stimme besitzen Sachsen, Nordwest, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Die absolute Mehrheit liegt bei 56 Stimmen (111 Gesamtstimmen). Die Verbände Württemberg, Niedersachsen, Westfalen, Hessen, Baden, Niederrhein und Mittelrhein haben angekündigt, Karl Altenburg zu wählen. Sie kämen zusammen auf 66 Stimmen. Die Wahl des neuen Präsidenten steht als Tagesordnungspunkt 14 an, zuvor wird u.a. über einen Antrag abgestimmt, der kleineren Mitgliedsverbänden mehr Stimmgewicht geben soll. Für den (offenbar chancenlosen) Antrag ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig, würde ihm stattgegeben, würden sich die Stimmverhältnisse mit sofortiger Wirkung verändern.
Programme und Perspektiven
Erste Kernaufgaben für das neue Präsidium formuliert ein Antrag des Niedersächsischen Tennisverbandes: Entwicklung einer Gesamtstrategie für den DTB, Installation eines neuen Geschäftsführers mit Mitgliedschaft im Präsidium, Einrichtung eines Verwaltungsrates als beratendes Gremium. Dazu mahnen verschiedene Landesbosse verstärkte Marketingaktivitäten und eine offensivere Öffentlichkeitsarbeit an. Niedersachsen-Chef Gottfried Schumann sagt: „Wir müssen unsere Botschaften besser vermitteln, gerade jetzt, wo wir im Damentennis neue, tolle Stars haben.“ Westfalens Tennisboss Robert Hampe verknüpft mit Altenburgs Kandidatur die „Zuversicht, dass neue und zeitgemäßere Strukturen im DTB Einzug halten.“(Foto: GEPA pictures)