Wildcards bei Grand-Slam-Turnieren? Hier wäre mal eine Idee!
Und wieder einmal hat Wimbledon traurige Fakten geschaffen: Mindestens 14 der 16 Wildcards für das Hauptfeld des größten Rasenturniers der Saison gehen an Spieler und Spielerinnen aus Großbritannien. Das ist nachhaltig ungerecht.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
18.06.2025, 17:12 Uhr

Es ist fast wie ein Henne-Ei-Problem: Müssen nun alle Tennisprofis, die nicht für Australien, Frankreich, Großbritannien oder die USA antreten, froh und dankbar dafür sein, dass in diesen Ländern die vier wichtigsten und bestdotierten Events jedes Tennisjahres stattfinden - bestens organisiert, etwaige Erfolge mit großem Ruhm verbunden? Oder ist es eher umgekehrt, dass die die nationalen Verbände der genannten vier Länder endlich mal anerkennen sollten, welchen Beitrag die internationalen Spieler und Spielerinnen für die Majors leisten?
Letzteres jedenfalls scheint, mit Blick auf die Vergabe der Wildcards (zum Beispiel aktuell in Wimbledon) nicht der Fall zu sein. Ohne mit der Wimper zu zucken hat die LTA wieder einmal sieben von acht vorgemerkten Plätzen im 128er-Raster an Profis in Großbritannien vergeben. Die es via Weltrangliste nicht geschafft haben - also (noch) nicht stark genug sind.Das ist beileibe kein Alleinstellungsmerkmal der Engländer, auch in Roland-Garros wurde das so gehandhabt. Wobei die Franzosen mit den Australiern und Amerikanern ja die Abmachung haben, dass jeweils ein Platz bei Männern und Frauen füreinander reserviert ist. So sieht eine Oligarchie aus: die Herrschaft der Wenigen.
Im konkreten Fall hat sich Wimbledon fast selbst übertroffen: alle bisher für die Männer bekannten Freifahrtscheine gingen an Briten (Jay Clarke, Oliver Crawford, Daniel Evans, George Loffhagen, Johannus Monday, Jack Pinnington Jones und Henry Searle - ganz ehrlich: mit Ausnahme von Evans und unseretwegen Searle eine hanebüchene Liste), sieben von acht bei den Frauen (Jodie Burrage, Harriet Dart, Francesca Jones, Hannah Klugman, Mika Stojsavlejic, Heather Watson und Mingge Xu).
Immerhin: 2025 wird Petra Kvitova mit einer Wildcard bedacht
Klar, Ausnahmen gibt es immer wieder: für Stan Wawrinka zuletzt in Paris, für Dominic Thiem im vergangenen Jahr bei den US Open. Aber das Verteilungsverfahren für Wildcards basiert nur in den selteneren Fällen (Turniersieg in ilkley!) auf dem Leistungsprinzip. Sondern in erster Linie auf dem Reisepass der (glücklichen) Betroffenen. Und in Wimbledon 2025 die zweimalige Siegerin Petra Kvitova.
Das ist insgesamt dennoch unschön. Könnte man aber zumindest in Teilen vielleicht doch mal überdenken. Wie wäre es nämlich damit: Die Gewinner der Junioren-Wettbewerbe erhalten automatisch jeweils eine Wildcard für die kommenden vier Grand-Slam-Events? Da redet es sich aus deutschsprachiger Sicht natürlich gerade leicht. Aber Lilli Tagger (die oben genannte und mit einer Wildcard bedachte Hannah Klugman im Mädchenfinale von Paris paniert hat) und Niels McDonald hätten sich eine Chance bei den Erwachsenen ab Wimbledon 2025 bis nach Roland-Garros 2026 redlich verdient. Auf jeden Fall eher als viele jener Kandidatinnen, die die USTA, Tennis Australia und die FFT in den kommenden Monaten aus dem Ärmel zaubern werden.