Wimbledon: „Chancentod“ Fonseca - zwischen Druck und Privileg
Joao Fonseca ist gestern in vier Sätzen an Nicolas Jarry gescheitert. Was wenig am Enthusiasmus seiner Fans ändern wird.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
05.07.2025, 11:04 Uhr

Eines lässt sich ganz nüchtern festhalten: es ist deutlich leichter, einen Platz in einer Pressekonferenz von Joao Fonseca zu ergattern als bei seinen Matches. In Roland-Garros etwa, wo die wie immer weitsichtigen Franzosen den aufstrebenden Brasilianer auf dem kleinen 7er-Court angesetzt hatten, wurden die Tribünen inklusive der Pressplätze früh geschlossen. Am gestrigen Freitag nun war es Court 12 im All England Lawn Tennis Club, auf dem Fonseca und Nicolas Jarry um den Einzug in das Achtelfinale von Wimbledon 2025 kämpfen durften. Mit dem besseren Ende für den Chilenen.
Die Mehrheit der Fans war indes im Lager von Fonseca, das Stöhnen der brasilianischen Aficionados nach beinahe jedem vergebenen Breakball ihres Landsmannes war bis zum Centre Court zu hören. Aber gut: Das gehört zum Lernprozess dazu. Joao Fonseca ist immerhin erst 18 Jahre alt, hat jetzt drei Grand-Slam-Turniere bei den Erwachsenen auf seinem jungen Buckel.
Was er gelernt hat? Zum Beispiel, dass die Gegner bei Majors viel konzentrierter agieren als bei kleineren Events. Oder dass jedes Match noch zu drehen ist. Gegen Jarry war Fonseca von einem fünften Satz nicht weit entfernt - hätte er sich nicht als wahrer Chancentod entpuppt. Wobei er auch anmerkte, dass Jarry in den entscheidenden Phasen auch gut gespielt habe. Nicht zu vergessen: Vor seinem allerersten Antreten in Melbourne war sich Fonseca nicht sicher, ob sein Körper den Belastungen eines Best-of-Five-turniers schon gewachsen sei. Daran glaubt er mittlerweile.
Fonseca mit seiner Basis in Brasilien
Die Unterstützung der Zuschauer war ihm jederzeit sicher. Aber ist das nun eher eine Bürde oder ein Privileg? „Für mich ist es ein Privileg, wenn einen das Heimatland unterstützt und man fühlt, dass man für sein Land spielt“, führte Joao Fonseca also aus. „Wir haben nicht so viele Top-100-Spieler wie etwa die USA. Also: Ja, es ist toll, wenn sie mich anfeuern und unterstützen. Aber manchmal wird das auch Druck mit sich bringen. Da werden dann Erwartungen geschürt wie: Oh, er wird der nächste Sinner, der nächste Guga. Aber ich werde immer ich selbst bleiben."
Und das aktuelle Ich von Joao Fonseca ist noch tief in Brasilien verwurzelt. Eines Tages werde er sich vielleicht eine Basis in Europa zulegen, an die er während der langen Turniersiege im Frühjahr immer wieder zurückkehren kann. Im Moment aber möchte er immer wieder zurück in seine Heimat fliegen. Weshalb man ihn wahrscheinlich auch erst wieder in Toronto auf der ATP-Tour sehen wird.
Hier das Einzel-Tableau in Wimbledon