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Wimbledon: Laura Siegemund versucht's jetzt wie Balu, der Bär

Laura Siegemund steht erstmals in Wimbledon in der dritten Runde, mit stolzen 37 Jahren. An ihrem Spiel feilt sie immer noch, ebenso an der richtigen Entspannung. Es ist auch eine Folge des Alters. 

von Florian Goosmann aus Wimbledon
zuletzt bearbeitet: 03.07.2025, 12:19 Uhr

Laura Siegemund
© Jürgen Hasenkopf
Laura Siegemund

Balu, der Bär, wusste es schon immer. Probier's mal mit Gemütlichkeit? Ein guter Gedanke für stressgeplagte Menschen. Im Profisport allerdings nicht zwingend das Motto für Erfolg. 

Auch nicht für Laura Siegemund. Die gute Laura steht ja immer etwas unter Strom, und das kann man (als eher energiesuchender Mensch) nur bewundern. Dennoch: Im Alter passt selbst Siegemund sich etwas an.

Zunächst mal spielerisch. Sie habe sich “wahnsinnig gefreut" nach dem 6:2, 6:3-Erfolg gegen Leylah Fernandez, "weil ich mir für das Match viel vorgenommen hatte und den Ton angeben wollte", erzählte sie. Nicht alles habe funktioniert, aber egal. “Ich war stolz auf mich.” Siegemund hält die DTB-Damen damit im Rennen in Wimbledon: Nach dem Aus von Tatjana Maria (Runde 1) und Eva Lys (Runde 2) ist die Stuttgarterin die letzte deutsche Spielerin im Einzelwettbewerb.

Auch weil sie, Stichwort Anpassung, ihr Spiel immer noch verbessert. “Stillstand ist Rückschritt, egal ob im Sport oder in anderen Bereichen”, so Siegemund. Dazu komme das Alter. Sie habe - mit 37 Jahren - nicht mehr die Fitness wie vor fünf Jahren, “nicht mal die von vor drei Jahren. Da muss man sein Spiel anpassen.” Tenniskenner würden das auch sehen, so Siegemund, denn neue Aspekte seien hinzugekommen, Chip and Charge beispielsweise. "Ich habe mein Spiel variabler gestaltet, schneller, druckvoller.” Ja, auch sie würde gerne noch geduldig ihre Rallyes spielen “und 18 Bälle aus den Ecken graben, aber das geht in dem Alter nicht mehr. Andere Sachen gehen aber.”

Jetzt dürfen wir's schreiben: Siegemund trifft auf Madison Keys

Siegemund trifft nun am Donnerstag auf Australian-Open-Siegerin Madison Keys, bekannt für ihren schnellen Arm. “Sie ist eine druckvolle Spielerin, die nicht an den Drücker darf", so Siegemund, “sonst wird's schwierig, in der Defensive rumzuzwackeln.” 

Bis in die Presserunde hinein hatte Siegemund dabei nicht von Keys als kommender Gegnerin gewusst - und das bewusst. “Im Tennis hat man viel zu wenig Zeit, den Moment zu genießen", erklärte sie. Denn es sei doch so: Kaum habe man den Matchball verwandelt, sei stolz und happy, gehe es schon um die nächste Runde. "Die interessiert mich in dem Moment null, weil ich mir das gönne, einfach abfeiern zu können. Wenn man dann den Namen hört, geht direkt die Mühle an. Diese Gefühle brauche ich nicht.” Oft reiche ihr das Wissen um die nächste Gegnerin erst am nächsten Tag. “Man hat dann noch viel Zeit, sich vorzubereiten.”

Ähnlich sei es nach Turniersiegen. Das konkrete Beispiel aus jüngster Vergangenheit: Vor anderthalb Wochen habe sie sonntags das Turnier in Nottingham im Doppel gewonnen. Alles toll. “In der Nacht geht es dann nach Bad Homburg, am nächsten Mittag spiele ich kein gutes Match und verliere. Es ist null Zeit im Tennis, mal den Moment zu genießen. Das ist der Fluch dieses Sports.”

Siegemund geht's entspanner an

Und eine Sache, die man kaum beeinflussen kann. Andere Dinge kann man aber beeinflussen, und Siegemund tut das. Bisschen Sightseeing in London in der Freizeit? Nee, hatte sie alles schon. Zudem sei sie zum Tennisspielen hier. Auch das sei eine Frage des Alters und der Krafteinteilung für drei Wettbewerbe - Siegemund ist im Einzel, Doppel und Mixed am Start. Statt im London Eye ihre Runden zu drehen, setze sich mittlerweile lieber abends auf die Terrasse und lese ein Buch. "Da freue ich mich meines Lebens wie ein Schnitzel. Da bin ich gemütlicher geworden.”

Zupass kam ihr in Sachen Gemütlichkeit auch die Verlegung ihres Doppels mit Beatriz Haddad Maia. Deren Einzel hatte sich, auch wetterbedingt, verzögert, sodass man das Doppel frühzeitig auf Donnerstag verlegt hatte. Okay für sie, so Siegemund. Gegen einen freien Tag hätte sie zwar nichts gehabt, aber: “Ich kenne mich: Dann mache ich wieder zu viel, und dann bin ich müde am nächsten Tag.” 

Ein bisschen an der Gemütlichkeit arbeiten muss sie also doch noch.

von Florian Goosmann aus Wimbledon

Donnerstag
03.07.2025, 11:22 Uhr
zuletzt bearbeitet: 03.07.2025, 12:19 Uhr