Wimbledon: Simona Halep - "Tennis lässt mich nie ganz los"
Simona Halep bleibt es vorbehalten, Serena Williams den so dringend ersehnten 24. Triumph bei einem Grand-Slam-Turnier zu verwehren. Die Rumänin ist längst eine etablierte Größe im Tenniszirkus.
von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet:
13.07.2019, 07:04 Uhr

Von Jörg Allmeroth aus London
Wenn Simona Halep auf dem Tennisplatz um Spiel, Satz und Sieg kämpft, kann selbst Ion Tiriac schon mal aus der Fassung geraten. Der Transsylvanier, einst der finstere Geschäftsbesorger von Boris Becker in besseren Zeiten, zeigt bei Matches seiner jungen Landsfrau ungewohnte Emotionen. Tiriac in Jubelpose, Tiriac mit aufgebrachter Zornesmiene – es kommt gar nicht so selten vor. Selbst mit Schiedsrichtern oder Offiziellen, die Haleps Weg behindern, legt sich der im Mai 80 Jahre alt gewordene Impresario immer wieder gerne an.
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Förderer und Gönner Tiriac wird am Samstag auch in Wimbledon zum Frauenfinale erwartet, zum Duell von Halep gegen die langjährige Dominatorin Serena Williams. Pikant genug, dass Tiriac unlängst wenig Freude an den Comebackbemühungen der Amerikanerin gefunden hatte. „Bei allem Respekt: 37 Jahre, 90 Kilogramm schwer, da wünsche ich mir etwas anderes“, hatte der Milliardär gegrummelt, bekanntermaßen noch nie ein Freund des exzentrischen Williams-Familienclans und seiner prominentesten Vertreterin.
Simona Halep hat Spaß an Herausforderungen
Was sich Tiriac im letzten Tennis-Fall für Zwei auf Wimbledons grüner Zentralbühne wünscht, liegt auf der Hand. Nämlich, dass Halep nicht auch noch eine machtlose Statistin bei der Sturm-und-Drang-Kampagne von Wuchtbrumme Serena wird, die letzte artige Gratulantin zum 24. Rekordtitel auf Grand-Slam-Niveau. Halep selbst ist durchaus guten Mutes, die bisherige Machtphalanx ihrer Rivalin bei dieser 2019er Auflage der Offenen Englischen Meisterschaften zu durchbrechen: „Ich fühle mich so gut wie lange nicht mehr auf dem Platz. Ich weiß, es ist eine brutal schwere Aufgabe“, sagt Halep vor ihrem Finaldebüt in London SW19, „aber ich habe Spaß an diesen Herausforderungen."
Ein Sieg – es wäre dann in jedem Fall der größte Tag im Tennisleben von Halep, noch größer als der Tag, an dem die 27-jährige ihre Grand Slam-Durststrecke beendete und 2018 die French Open-Krone gewann. Seit jenem Pokaltriumph unterm Eiffelturm ist sie daheim in ihrer Geburtsstadt Konstanza und in ganz Rumänien sowieso schon eine gefeierte Volksheldin. „Sie wird verehrt. Sie ist auch eine ganz große Persönlichkeit“, sagt Tiriac, „wie sie stets um ihre Chancen kämpft und nie nachläßt, ist beeindruckend.“
Drei verlorene Grand-Slam-Finals
Tatsächlich ist Halep eine Getriebene in ihrem Sport, eine leidenschaftliche Arbeiterin. „Das Tennis lässt mich nie ganz los, nicht mal im Urlaub“, sagt die 27-jährige, die stets am möglichst perfekten Auftritt feilt. Auch vor unbequemen Entscheidungen scheut sie nicht zurück: Immer mal wieder mussten in der Vergangenheit Trainer gehen, weil sie Haleps Anforderungen nicht erfüllten, zwischenzeitlich coachte sie sich sogar selbst. Schwere Rückschläge wie drei verlorene Grand-Slam-Finals konnten sie nicht entscheidend zurückwerfen, Halep stand immer wieder auf, wurde sogar schon zwei Mal die Nummer eins der Weltrangliste. „Das waren unglaubliche Glücksmomente. Es kommt ja nicht oft vor, dass jemand aus Rumänien die Nummer eins in einer Sportart wird“, sagt Halep, die ihren allerersten Turniererfolg in Nürnberg feierte, 2013 im Finale gegen Andrea Petkovic.
Früher war Halep als reine Ausdauerspezialistin gebrandmarkt, die ihre Gegnerinnen in Grund und Boden rannte. Doch inzwischen sucht sie auch gern mit kalkuliertem Risiko die Attacke, die Entscheidung – und wartet nicht auf den letzten Fehler der Gegnerin. Genau wie Endspielrivalin Williams geriet Halep bisher noch nicht ernsthaft in Gefahr, bezwang u.a. Wunderkind Cori Gauff, die frühere Nummer eins, Viktoria Azarenka, und zuletzt die Ranglisten-Achte Elian Svitolina. Williams, natürlich, das ist eine andere Liga, eine andere Preisklasse. Aber Halep ist trotz 1:9-Bilanz gegen die Amerikanerin nicht angst und bange: „Ich habe diesen Sieg auf dem Schläger“, sagt sie. Den größten Sieg überhaupt.