Zehn denkwürdige Endspiele in Melbourne

tennisnet.com präsentiert Finals in Melbourne, die für viel Aufsehen gesorgt haben.

von Christian Albrecht Barschel
zuletzt bearbeitet: 07.01.2013, 10:51 Uhr

Wer gewinnt? Tippt jetzt!

Von Christian Albrecht Barschel

Herren:

2012: Novak Djokovic - Rafael Nadal 5:7, 6:4, 6:2, 6:7 (5), 7:5

Ob es das beste Herren-Endspiel der Australian Open war, darüber lässt sich kräftig streiten. Eines ist aber sicher: Es war das längste Grand-Slam-Finale, das bislang gespielt wurde. Die Rede ist von der historischen Schlacht zwischen Novak Djokovic und Rafael Nadal im Finale der letztjährigen Australian Open. Die beiden Finalisten lieferten sich 5:53 Stunden lang einen Kampf auf Biegen und Brechen. Das Endspiel hatte nahezu alles, was man sich als Tennis-Fan wünschen kann. Es war ein Spiel auf Augenhöhe mit vielen atemberaubenden Ballwechseln, vielen Wendungen und ganz viel Emotionen. Um 1:37 Uhr Ortszeit verwandelte Djokovic seinen ersten Matchball und fiel anschließend einfach um. Bei der Siegerehrung konnten die beiden Matadore kaum stehen. Es mussten Stühle gereicht werden, auf denen beide erschöpft zusammensackten. "‚Rafa', wir haben heute Geschichte geschrieben. Leider konnte es heute nur einen Sieger geben", sagte Djokovic nach seiner erfolgreichen Titelverteidigung in Melbourne.

2009: Rafael Nadal - Roger Federer 7:5, 3:6 7:6 (3), 3:6, 6:2

Im Endspiel der Australian Open 2009 standen sich Roger Federer und Rafael Nadal zum insgesamt siebten Mal in einem Grand-Slam-Finale gegenüber. Bei einem Finalerfolg hätte Federer seinen 14. Grand-Slam-Titel errungen und mit Pete Sampras gleichgezogen. Nadal strebte seinen ersten Erfolg "Down Under" an. Wie so oft boten Nadal und Federer über weite Strecken Traumtennis. Federer machte einen Punkt mehr als Nadal, doch das nützte ihm am Ende gar nichts. Nach 4:22 Stunden hieß der Sieger Nadal. Der Spanier hatte zwei Tage zuvor im Halbfinale bereits 5:14 Stunden auf dem Platz gestanden. Mal wieder konnte der Schweizer seine Chancen gegen Nadal nicht nutzen. Bei der Siegerehrung kämpfte Federer mit den Tränen. Nadal nahm ihn in den Arm und tröstete ihn. "Oh mein Gott, das bringt mich um. ‚Rafa', du hast unglaublich gespielt. Du hast den Sieg verdient", sagte der emotionale Federer. "Roger, tut mir leid für heute. Ich weiß ganz genau, wie du dich jetzt fühlst. Denk daran, dass du ein großer Champion bist, einer der Besten in der Geschichte. Du wirst die 14 von Sampras verbessern", erklärte Nadal und sollte damit Recht behalten.

1995: Andre Agassi - Pete Sampras 4:6, 6:1, 7:6 (6), 6:4

Die Australian Open bekamen 1995 ein ultimatives Traumfinale. Die Nummer eins traf auf die Nummer zwei. Andre Agassi, überhaupt zum allerersten Mal in Melbourne dabei, forderte Pete Sampras heraus. Agassi war in bestechender Form und spazierte ohne Satzverlust ins Endspiel. Für Sampras war der Weg ins Endspiel steinig. Zweimal bog er einen 0:2-Satzrückstand um, darunter im Viertelfinale gegen Jim Courier. In diesem Match weinte Sampras hemmungslos um seinen erkrankten Trainer. Im Endspiel fügte Sampras seinem Landsmann den ersten Satzverlust im Turnier zu. Doch Agassi ließ sich davon und auch von den 28 Assen von Sampras nicht beirren. Der Knackpunkt des Endspiels kam im Tiebreak des dritten Satzes, als Agassi zwei Satzbälle abwehren konnte. Mit einem Ass beendete Agassi das Match. "Ich bin mit dem Glauben an mich hierher gekommen, mit dem Glauben, dass ich gewinnen kann. Es war das erste Mal, dass ich mit diesem Gefühl in ein Grand-Slam-Turnier ging", erklärte Agassi, der zwei Monate später zum ersten Mal die Nummer eins der Weltrangliste wurde. Der Erfolg in Melbourne blieb Agassis einziger Finalsieg über Sampras in fünf Endspiel-Duellen bei Grand-Slam-Turnieren.

1991: Boris Becker - Ivan Lendl 1:6, 6:4, 6:4, 6:4

Boris Becker gegen Ivan Lendl. Das versprach immer beste Unterhaltung. So auch im Endspiel der Australian Open 1991. Für Tennis-Deutschland war dieser 27. Januar 1991 ein besonderer Tag. Es stand nicht nur zum ersten Mal ein deutscher Herrenspieler im Finale in Melbourne, sondern Becker war kurz davor, die Nummer eins der Weltrangliste zu werden. Damit das aber auch passieren konnte, musste er Lendl, den zweifachen Titelverteidiger in Melbourne, schlagen. Becker erwischte einen richtigen Kaltstart, gab den ersten Satz klar ab und ließ sich im zweiten Satz massieren. Danach lief es richtig rund beim Deutschen, der Lendl mit Powertennis und vielen Netzattacken den Zahn zog. Mit einem krachenden Vorhand-Returnwinner nutzte Becker seinen zweiten Matchball zu seinem ersten von zwei Titeln "Down Under". Einen Tag nach seinem Finalsieg grüßte Becker zum ersten Mal als Weltranglisten-Erster.

1988: Mats Wilander - Pat Cash 6:3, 6:7 (3), 3:6, 6:1, 8:6

1988 war ein historischer Moment bei den Australian Open. Zum ersten Mal wurde das Turnier im Flinders Park (heute Melbourne Park) in Melbourne ausgetragen, mit einem schließbaren Dach auf dem Centre Court. Mit dem Umzug ging auch ein Belagwechsel einher. Bis 1987 wurden die Australian Open im Kooyong Stadium auf Rasen gespielt. Nun wurden die Sieger in Melbourne auf Hartplatz ermittelt. Die Australier hofften vergeblich auf den Heimsieg ihres Landsmannes Pat Cash. Der Australier erreichte wie im Vorjahr das Finale, und erneut verdarb ein Schwede Cash den Sieg vor heimischem Publikum. 1987 hatte sich Stefan Edberg gegen Cash in fünf Sätzen durchgesetzt. 1988 machte Mats Wilander dem Australier einen Strich durch die Rechnung. Es war ein Endspiel der unterschiedlichen Spielphilosophien. Defensivkünstler Wilander gegen den Serve-and-Volley-Papst Cash. Nach 4:28 Stunden setzte sich Wilander mit 6:3, 6:7 (3), 3:6, 6:1, 8:6 durch und gewann zum dritten und letzten Mal die Australian Open. Der Sieg in Melbourne war der Startschuss für Wilanders beste Saison. Der Schwede gewann im gleichen Jahr noch die French Open und die US Open und übernahm die Führung in der Weltrangliste.

Damen:

2004: Justine Henin - Kim Clijsters 6:3, 4:6, 6:3

Im Finale der Australian Open 2004 kam es zum 18. Mal zum Duell der beiden Belgierinnen Kim Clijsters und Justine Henin. Und wieder einmal machte die Wallonin Henin der Flämin Clijsters einen Strich durch die Rechnung. Clijsters verlor auch ihr viertes Grand-Slam-Endspiel (zum dritten Mal gegen Henin) und konnte ihren Finalfluch nicht ablegen. Henin hatte etwas Schwierigkeiten, ihren dritten Grand-Slam-Titel einzutüten. Am Ende war die zierliche Belgierin aber überglücklich. "Es war sehr emotional, wir beide waren sehr nervös. Ich habe nun drei Grand-Slam-Titel. Das ist wundervoll." Clijsters fasste die Niederlage, wie man es von ihr gewohnt war, als faire Verliererin auf, auch wenn die Belgierin einige Fehlentscheidungen gegen sich hatte. "Das ist sehr enttäuschend, aber ich beschwere mich nach Spielen nicht und werde jetzt nicht die Schuld bei der Schiedsrichterin suchen", erklärte Clijsters. Es sollte die letzte Finalniederlage für Clijsters bei einem Grand Slam gewesen sein. Die nächsten vier Endspiele gewann sie allesamt.

2003: Serena Williams - Venus Williams 7:6 (4), 3:6, 6:4

Zum insgesamt fünften Mal und zum vierten Mal in Folge spielten die Williams-Schwestern Serena und Venus in einem Grand-Slam-Finale gegeneinander. Serena hatte in Paris, Wimbledon und New York die Endspiele gegen ihre ältere Schwester gewonnen und strebte nun nach ihrem persönlichen "Serena Slam" - dem Sieg bei vier Majors in Folge. Doch Venus machte es ihrer Schwester nicht einfach und leistete erbitterten Widerstand. Doch mit vier leichten Fehlern im letzten Spiel gab Venus das Match leichtfertig ab. "Ich bin nie zu Tränen gerührt, aber gerade bin ich sehr emotional. Ich bin wirklich, wirklich, wirklich glücklich. Ich möchte meiner Mutter und meinem Vater für die Hilfe danken", sagte die gerührte US-Amerikanerin nach ihrem "Serena Slam". "Ich wünschte, dass ich die Siegerin bin, aber natürlich ist Serena ein großer Champion. Sie hat alle vier Grand Slams gewonnen, was etwas ist, was ich auch gerne mal schaffen möchte", sagte die geschlagene Venus, die auch das vierte Grand-Slam-Finale in Folge gegen ihre Schwester verloren hatte. Den "Serena Slam" hätte man also auch "Sister Slam" nennen können.

2002: Jennifer Capriati - Martina Hingis 4:6, 7:6 (7), 6:2

2002 kam es zur Neuauflage des Australian-Open-Finales vom Vorjahr. Martina Hingis forderte Jennifer Capriati heraus. Ein Jahr zuvor krönte Capriati ihr Comeback mit dem Finalsieg in Melbourne gegen die Nummer eins Hingis. Ein Jahr später waren die Vorzeichen andersrum. Capriati war als Weltranglisten-Erste in der Favoritenrolle. Es entwickelte sich das für viele Experten beste Damen-Endspiel in Melbourne. In der Rod Laver Arena wurden Temperaturen von 50 Grad gemessen. Hingis kam mit der Hitze zunächst besser zurecht. Die Schweizerin erspielte sich eine 6:4,-4:0-Führung. Ihre insgesamt vier Matchbälle bei 5:3, 6:5 und im Tiebreak des zweiten Satzes ließ Hingis aber aus. Capriati sicherte sich in einem hochklassigen Tiebreak den Satzausgleich. Das Spiel wurde anschließend wegen der großen Hitze für 15 Minuten unterbrochen. Hingis kam nicht mehr auf die Beine und ergab sich ihrem Schicksal. "Ich hatte Schüttelfrost und Gänsehaut. Ich konnte mich nicht mehr richtig bewegen und habe nicht mehr daran geglaubt, noch zu gewinnen", erklärte Hingis. Capriati schaffte die Titelverteidigung und wurde die erste Spielerin, die nach Abwehr von vier Matchbällen ein Grand-Slam-Finale gewann. "Mehr kann ich nicht geben. Ich weiß nicht, wie ich das gewonnen habe. Das waren die schwersten Bedingungen, unter denen ich je gespielt habe", sagte die US-Amerikanerin. Capriati hatte ihren Erfolg aus dem Vorjahr bestätigt. "Ich kann nicht sagen, welcher Titel der schönere ist. Es war diesmal schwerer, aber ich habe gezeigt, wenn man immer weitermacht, dann kann man gewinnen. Das zählt viel für mich."

1993: Monica Seles - Steffi Graf 4:6, 6:3, 6:2

Das Endspiel bei den Australian Open 1993 zwischen Monica Seles und Steffi Graf sollte das letzte Duell zwischen den beiden für eine etwas längere Zeit sein. Die 19-jährige Seles war in der Form ihres Lebens und reiste als zweifache Titelverteidigerin in Melbourne an. Mit ihrem 25. Sieg in Serie erreichte Seles das Finale und ließ schließlich ihren achten Grand-Slam-Titel folgen. "Es war die ganze Zeit ein enges Match. Wir beide haben den Ball so hart geschlagen, dass man sich immer konzentrieren musste. Ich hätte nie gedacht, dass ich es so gut mache bei Grand Slams. Das ist unglaublich", freute sich Seles. "Sie hat heute den Sieg wirklich verdient. Sie hat eine unglaubliche Willenskraft und ein immenses Selbstvertrauen. Wenn sie einmal im Groove ist, spielt sie jeden Punkt so hart sie nur kann", sagte Graf. Drei Monate später wurde der Erfolgslauf abrupt gestoppt. Ein irrer Steffi-Graf-Fan stach Seles beim Turnier am Hamburger Rothenbaum nieder. Seles nahm sich eine zweijährige Auszeit und stand Graf erst im Finale der US Open 1995 wieder gegenüber.

1987: Hana Mandlikova - Martina Navratilova 7:5, 7:6 (1)

1987 war das letzte Damen-Endspiel der Australian Open, das auf Rasen im Kooyong-Stadion ausgetragen wurde. Titelverteidigerin Martina Navratilova war die Spielerin, die es zu schlagen galt. Die US-Amerikanerin erreichte mit ihrem 58. Sieg in Folge das Finale. Ihre Gegnerin war ihre ehemalige Landsfrau: Hana Mandlikova aus der Tschechoslowakei. Drei Jahre zuvor riss in Melbourne Navratilovas Serie mit 74 Siegen in Folge. Und auch dieses Mal ging die Siegesserie von Navratilova bei den Australian Open zu Ende. Mandlikova gewann ein enges und spannendes Endspiel mit 7:5, 7:6 (1). "Es ist immer schön, gegen Martina zu gewinnen. Ich respektiere sie als Spielerin und als Person. Ich habe viel von ihr gelernt", sagte Mandlikova nach ihrem vierten und letzten Grand-Slam-Sieg.

Foto: GEPA pictures

von Christian Albrecht Barschel

Montag
07.01.2013, 10:51 Uhr