Anastasia Pavlyuchenkova schießt gegen Ex-Trainer: "Viele Coaches haben ein riesiges Ego"

Anastasia Pavlyuchenkova hat in einem ausführlichen Interview die überraschende Trennung von ihrem Trainer Sam Sumyk erklärt. Die 28-Jährige wirft dem Franzosen Egoismus vor und sieht ein generelles Problem in Trainer-Spielerinnen-Beziehungen. Außerdem forderte die Russin eine Änderung im WTA-Kalender und gibt Einblicke in die Gespräche des Spielerinnenrates.

von Lukas Zahrer
zuletzt bearbeitet: 29.03.2020, 11:04 Uhr

Im Juli 2019 nahm Pavlyuchenkova über ihren Agenten erstmals Kontakt zu Sumyk auf, nachdem sich dieser von Garbine Muguruza getrennt hatte. Bis zu den US Open gab es Probetrainings und weiterführende Gespräche, ehe sich die beiden auf eine Zusammenarbeit einigten.

"Davor hatte ich eine schwierige Phase in meiner Karriere. Die Trainings fielen mir nicht leicht, deshalb fand ich einen strengen Trainer, der viel Wert auf Disziplin legt, passend", sagte Pavlyuchenkova der russischen Tageszeitung Kommersant. Es folgten gute Resultate, Pavlyuchenkova erreichte das Finale von Osaka und Moskau. Zu Saisonbeginn 2020 schlug sie bei den Australian Open unter anderem Karolina Pliskova und Angelique Kerber und zog ins Viertelfinale ein.

Doch beim ersten Grand Slam des Jahres spürte Pavlyuchenkova, dass etwas falsch liefe. "Mir gefiel die Stimmung im Team nicht. Ich konnte nicht offen sprechen", sagte Pavlyuchenkova. "Mir ist wichtig, dass ich eine Verbindung zu meinem Trainer herstelle. Ich fühlte mich unwohl, es war nervtötend."

Nach dem Turnier in Melbourne stoppte sie eine Verletzung an der Hüfte, die Schuld dafür schiebt sie Sumyk zu. "Er und mein Physio waren zum Teil dafür verantwortlich. In meiner gesamten Karriere hatte ich bis auf eine Kleinigkeit in der Schulter noch nie Schmerzen. Trainings- und Turnierplan waren einfach unpassend." So habe sie zwar im Februar in Dubai Belinda Bencic geschlagen, konnte aber tags darauf kaum noch spielen.

Und weiter: "Ich habe einen großen Erfolgshunger und lege mir die Latte sehr hoch. Mir ist egal, wie der Trainer heißt, wen er zuvor trainierte oder wie viele Titel er gewann. Das beginne ich erst mit meiner Erfahrung zu verstehen. Viele Trainer haben ein riesiges Ego und sprechen viel zu oft vom "ich". Deshalb entstehen häufig große Probleme."

WTA bat Pavlyuchenkova um Diskretion

Kurioserweise war es auch Sumyk, der die Öffentlichkeit von der Trennung von Pavlyuchenkova unterrichtete. Die aktuelle Nummer 30 der Welt stellte aber klar, dass sie die Zusammenarbeit beendete. "Er sucht wahrscheinlich einen neuen Job und wollte sagen, dass er zu haben wäre. Es kam für ihn überraschend, er war sicher nicht vorbereitet auf die Trennung."

Die WTA soll Pavlyuchenkova sogar darum gebeten haben, zunächst nichts von der Trennung bekanntzugeben. Die Gesamtsituation auf der Tour sei aufgrund der Coronakrise und der ausgesetzten Turniere aktuell ohnehin kompliziert genug. "Da Sam es selbst ausgeplaudert hat, fühlte ich, dass es etwas Aufklärung braucht", sagte Pavlyuchenkova. "Das war allein meine Entscheidung."

Pavlyuchenkova, die nomarlerweise in Frankreich trainiert, reiste nach einem Kurzbesuch in Indian Wells zurück in ihre Heimat. Aktuell verbringt sie die Zeit mit ihrer Familie etwas außerhalb von Moskau. Nach einer zweiwöchigen, selbst auferlegten Heimquarantäne hält sie sich in einem kleinen Fitnessstudio fit. Sie könne sogar auf einem abgelegenen Tennisplatz ein paar Bälle schlagen.

WTA-Tour-Spielerinnenrat: Gespräche mit Jürgen Melzer

Als Mitglied im Spielerinnenrat der WTA - neben Sloane Stevens, Madison Keys, Kristie Ahn, Johanna Konta, Aleksandra Krunic und Donna Vekic - führt sie aktuell viele Gespräche, um über die weitere Saison 2020 zu beraten. Dabei gab sie Einblicke in die überraschende Verlegung der French Open in den September.

"So wie ich es verstehe, haben sie ein Problem mit der Versicherung. Das ist aber nur meine Annahme. Sie können offenbar nur am 20. September ihr Turnier beginnen, ein anderes Datum sei nicht möglich", sagte Pavlyuchenkova, die sich auch regelmäßig mit Jürgen Melzer austauscht, um herauszufinden, welche Positionen die Spieler der ATP vertreten. "Wir vom Spielerinnenrat verstehen noch nicht ganz, wie die Situation geklärt werden könnte. Außerdem können wir ohnehin nur wenig selbst entscheiden."

Sie selbst befürwortet eine verlängerte Saison, die bis in den Dezember geht und nahtlos in die Saison 2021 übergeht. "Es ist an der Zeit, den Turnierplan umzukrempeln", hielt sie jedoch fest. Von Januar bis November zu spielen, wie das normalerweise der Fall wäre, sei einfach nur "verrückt". "Jetzt bin ich bereit und motiviert, auch im Dezember zu spielen", sagte sie.

von Lukas Zahrer

Sonntag
29.03.2020, 10:30 Uhr
zuletzt bearbeitet: 29.03.2020, 11:04 Uhr