Andrea Petkovic geht IOC-Präsident Bach im Fall Peng Shuai an: "Bedarf keines Kommentars"

Im Fall der zwischenzeitlich verschwundenen Tennisspielerin Peng Shuai werden Forderungen nach einem Olympia-Boykott lauter. Die Kritik am IOC wächst - auch Andrea Petkovic und Jan-Lennard Struff äußern sich.

von SID / tennisnet
zuletzt bearbeitet: 29.11.2021, 12:17 Uhr

Andrea Petkovic eröffnet gegen Karolina Muchova
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Andrea Petkovic

Peng Shuai ist wieder aufgetaucht - doch damit hat sich der mysteriöse Fall der chinesischen Tennisspielerin längst nicht aufgelöst. Die WTA drängt weiterhin auf Aufklärung und droht mit dem Rückzug aus China, die Forderungen nach einem diplomatischen Boykott der Winterspiele in Peking werden lauter - und das Internationale Olympische Komitee mit Präsident Thomas Bach an der Spitze gerät zunehmend unter Druck.

"Was soll ich dazu sagen? Es scheint so offenkundig. Die Winterspiele finden in China statt, er ist der Erste, der mit Peng Shuai redet, ich glaube, das bedarf keines Kommentars", sagte die deutsche Tennisspielerin Andrea Petkovic im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) über IOC-Boss Bach und dessen Rolle in dem Fall. 

Bach hatte nach dem Verschwinden der 35-Jährigen Peng, die Anfang des Monats in dem Twitter-ähnlichen Medium Weibo den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs durch den ehemaligen chinesischen Vizepremier Zhang Gaoli (75) erhoben hatte, zunächst tagelang geschwiegen. Vor einer Woche führte er dann ein Videotelefonat mit der Athletin, der es laut IOC-Angaben gut gehe. Zu den von Peng geäußerten Vorwürfen gab es kein Wort.

Nicht nur die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch reagierte daraufhin empört, auch die Athleten Deutschland kritisieren das Vorgehen des IOC. 

Der Ringeorden laufe Gefahr, "die systematischen Repressalien gegen unliebsame Personen in China zu legitimieren und damit zum Kollaborateur der chinesischen Staatsführung zu werden", meinte Sprecher Maximilian Klein. 

"IOC mitschuldig"

Laut der Sportlervereinigung Global Athlete zeige das IOC keinerlei Aufklärungswillen und sei daher "mitschuldig an der böswilligen Propaganda der chinesischen Behörden".

Auch deshalb fordern Politiker der Koalitionsparteien der künftigen Bundesregierung einen diplomatischen Boykott der Winterspiele in Peking. "Wir sollten die Olympischen Spiele 2022 als das benennen, was sie sind: eine Propagandashow unter Beteiligung des IOC und seiner Sponsoren", sagte Erhard Grundl, sportpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, der FAS. Kein deutscher Politiker sollte sich "an dieser Propagandashow beteiligen".

WTA-Chef Steve Simon: "Tief besorgt"

Die Spielerinnen-Organisation WTA drängt unverändert auf Aufklärung in dem Fall. WTA-Chef Steve Simon sei "nach wie vor zutiefst besorgt darüber, dass Peng nicht frei von Zensur oder Zwang ist", teilte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur AFP mit. 

Simon habe Peng zwei E-Mails geschickt, "ihre Antworten waren eindeutig von anderen beeinflusst". Es bleibe unklar, ob Peng frei sei und ob sie ihre eigenen Entscheidungen wirklich treffen könne.

Die WTA hatte gedroht, ihre Turniere aus dem Reich der Mitte abzuziehen, sollte der Fall nicht transparent und umfassend aufgeklärt werden. "Da muss ich der Tennis-Organisation ein Lob aussprechen", sagte Petkovic: "Die WTA hat wirklich etwas zu verlieren: Fast 30 Prozent ihrer Einnahmen kommen aus China."

Dass chinesische Staatsmedien Bilder und Videoclips der wieder aufgetauchten Sportlerin veröffentlichen, beruhigt Petkovic kaum. "Mir wäre am liebsten, wenn jemand von der WTA mit Peng Shuai sprechen könnte", sagte die 34-Jährige. Sie hoffe, dass der Fall "untersucht wird und vor Gericht landet." Doch Petkovic weiß auch: "Da befinde ich mich in einer Fantasiewelt."

Struff: "Kein Problem, nicht mehr in China zu spielen"

Auch Jan-Lennard Struff äußerte sich im Rahmen des Davis Cups in Innsbruck um einen möglichen Abzug von Männer-Turnieren aus China. "Ich bin da ganz ehrlich. Ich hätte auch als Herrenspieler auf der ATP-Tour kein Problem, wenn wir nicht mehr nach China fliegen und dort spielen, sagte der 31-Jährige im SPOX-Interview: "Ich muss da nicht unbedingt hin. Aber das ganze Thema ist höchst brisant und schwierig zu greifen für uns."

Auch innerhalb des deutschen Teams sei die gesamte Sache ein Thema. "Das ist ja alles Wahnsinn, krass und heftig. Ausgetauscht haben wir uns darüber auf jeden Fall", sagte Struff: "Als Tennisprofi hatte man das nicht für möglich gehalten, aber es ist doch passiert. Wir hoffen als deutsches Team natürlich, dass es ihr gut geht und sie in Sicherheit ist."

von SID / tennisnet

Montag
29.11.2021, 12:05 Uhr
zuletzt bearbeitet: 29.11.2021, 12:17 Uhr