ATP Challenger: Maxime Cressy und Jiri Vesely - Teppichtänzer in Ismaning

Während die Temperaturen draußen langsam sinken und die Blätter von den Bäumen fallen, geht es in den deutschen Tennishallen heiß her. In den nächsten drei Wochen ist die ATP-Challenger-Tour mit gleich drei Indoor-Events zu Gast. In Hamburg und Eckental werden zwei Turniere mit einem Preisgeld von je 46.600 Euro ausgetragen. Den Anfang machen in dieser Woche aber die Wolffkran Open. Knapp 70.000 Euro sind insgesamt im bayerischen Ismaning zu vergeben. Hier wartet auf die Akteure im Kampf um Preisgeld und 90 ATP-Weltranglistenpunkte für den Sieger aber eine besondere Herausforderung: Teppichboden.

von Florian Heer
zuletzt bearbeitet: 19.10.2019, 10:33 Uhr

Maxime Cressy steht in Ismaning im Halbfinale
Maxime Cressy steht in Ismaning im Halbfinale

Von Florian Heer aus Ismaning

Teppich als Spielbelag bei internationalen Tennisturnieren ist zu einer Rarität geworden. Konnten die Top-Spieler der 1980er Jahre noch regelmäßig ihre Serve-and-Volley Künste auf diesem ultraschnellen Untergrund zur Schau stellen, stehen die Verbände dem Belag inzwischen sehr kritisch gegenüber. Als die Wolffkran Open vor drei Jahren ihre Premiere auf der Challenger-Tour feierten, war nur eine besondere Konstellation die Basis zur Austragung des Turniers. Die Organisatoren in Ismaning waren in dieser Woche des Challenger-Kalenders die einzigen Bewerber aus Europa und somit gestattete die ATP eine Rückkehr des als eigentlich bereits ausgestorben geglaubten Teppichs.

„Retro-Tennis“ in Ismaning

So wirken die Matches in dieser Woche in Ismaning ein wenig wie eine Reise in die Blütezeiten eines Boris Becker oder Stefan Edberg, wo mit starken Aufschlägen und solidem Volleyspiel die Ballwechsel möglichst kurzgehalten wurden. Ein Spielstil, der einem Akteur in Ismaning fast auf den Leib geschneidert zu sein scheint. Maxime Cressy ist ein reiner Serve-and-Volley-Spieler. Die Zeichen stehen beim US-Amerikaner immer auf Angriff, egal ob bei eigenem Aufschlag oder beim Return, wo mit Chip-and-Charge Taktik sofort wieder der Weg ans Netz gesucht wird.

Cressy spielt erst sein zweites volles Jahr auf der Tour. Nach Jahren des College-Tennis und einem erfolgreichen Abschluss an der University of California hat der 22-jährige jetzt den Sprung auf den Wanderzirkus gewagt. Im Januar dieses Jahres hat er in Cleveland sein erstes ATP-Challenger-Turnier gewinnen können. Seitdem war er lediglich in Nordamerika unterwegs. Jetzt hat er den Weg über den großen Teich unternommen.

Cressys Teppich-Premiere

„Ich freue mich wieder in Europa zu sein“, gibt der locker-wirkende Cressy nach seinem Viertelfinalsieg über Daniel Masur zu Protokoll. Mit seinem verkehrt herumsitzenden Baseball-Cap und seiner fröhlichen Attitüde wirkt er fast wie das Abziehbild eines US-Sonny-Boys, überrascht jedoch mit der Aussage in Paris geboren zu sein und neben der US-Amerikanischen auch die französische Staatsbürgerschaft zu besitzen.

Dass sich die aktuelle Nummer 214 der ATP-Weltrangliste in Ismaning pudelwohl zu fühlen scheint, liegt aber auch am Spielbelag. „Es ist mein erstes Turnier auf Teppich. Ich habe aber schon beim ersten Match gespürt, dass der Untergrund gut zu meinem Spielstil passt. Ich fühle mich sehr wohl,“ sagt Cressy und betont immer wieder hochmotiviert zu sein als „Full-time-Pro“ auf der Tour mit von der Partie zu sein.

„Der Plan war nach Europa zu kommen, um hier ein paar Turniere in der Halle zu spielen. Als ich sah, dass hier auf Teppich gespielt wird, habe ich die Möglichkeit beim Schopfe gepackt und für das Turnier gemeldet.“

Vesely top-gesetzt

Auch der in Ismaning an Nummer 1 gesetzte Tscheche Jiri Vesely ist ein Profiteur des schnellen Geläufs. Der knapp Zwei-Meter-Mann wirkt mit seinem kraftvollen Aufschlag aus dem Obergeschoss fast unbezwingbar bei eigenem Service. Gut 60 Asse schlug Vesely in seinen ersten drei Matches gegen Lucas Miedler, Stefano Napolitano und Adrian Menendez Maceiras. Vollends glücklich wirkt er mit dem Untergrund jedoch nicht.

„Es ist schwer. Allerdings will ich mich nicht beschweren. Ich spiele sehr gut auf Rasen und Teppich ist sehr ähnlich“, so die Nummer 120 der Weltrangliste, der in Wimbledon nach überstandener Qualifikation bis in die dritte Runde vorgedrungen ist und auf dem Weg dabei auch Alexander Zverev besiegte.

Zu einem direkten Duell der Teppichtänzer kommt es nun im Halbfinale, wo Vesely und Cressy aufeinandertreffen werden. Und falls beide dann noch nicht genug haben sollten, gibt es im Laufe des Indoor-Swings in Deutschland sogar noch eine weitere Chance auf dem rar-gewordenen Untergrund zu spielen. Auch das Turnier in Eckental wird auf Teppich ausgetragen. Neben Ismaning, das einzige auf der Challenger-Tour weltweit.

von Florian Heer

Samstag
19.10.2019, 09:55 Uhr
zuletzt bearbeitet: 19.10.2019, 10:33 Uhr