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ATP: „Ciao, Paolo Lorenzi“ - der Italiener ist zurückgetreten

Die ATP-Tour ist mit Paolo Lorenzi um einen echten Kämpfer am Tennisplatz ärmer geworden. Ein kleiner Nachgesang für den unbeugsamen Spätstarter.

von Stefan Bergmann
zuletzt bearbeitet: 28.08.2021, 23:50 Uhr

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© Getty Images
Paolo Lorenzi beendete nach seinem Ausscheiden in der Qualifikation für die diesjährigen US Open seine Karriere

Es war ein Abschied, den er sich zwar gewünscht hatte, aber eigentlich doch völlig anders. Paolo Lorenzi wählte mit Bedacht die US Open 2021 als letztes Turnier seiner langen Karriere. Da der Italiener in den letzten Monaten aber deutlich in der Weltrangliste abgerutscht war, war ein Gang durch die Qualifikationsmühlen unumgänglich. Und just dort ging in der zweiten Runde - wegen der COVID-Sicherheitsmaßnahmen ohne Zuseher - die facettenreiche Laufbahn des Römers zu Ende. Der 39-Jährige unterlag dem Franzosen Maxime Janvier mit 4:6 und 3:6. Gerne hätte sich Lorenzi im Hauptwettbewerb persönlich von seinen Fans verabschiedet. Manchmal ist das Leben einfach ungerecht.

„Kein professionelles Tennis mehr. An das habe ich gedacht, als ich mich entschied in New York aufzuhören. Ich habe New York immer geliebt, ich denke, es ist ein guter Ort, um es zu beenden“, erzählte Lorenzi ATPTour.com nach seinem letzten Auftritt im Herren-Wanderzirkus. „Alles war schwieriger und ich hatte einige Verletzungen zu Beginn des Jahres. Ich wusste also, dass mein Körper nicht mehr so ist, wie er einmal war. Du musst wissen, wann es Zeit ist abzuschließen.“ Der Südeuropäer hatte auch in seinem letzten Match alles gegeben, etwas was ihn seine ganze Karriere über ausgezeichnet hatte. Im letzten Game wehrte er noch drei Matchbälle ab, erspielte sich noch einen Breakball, aber der 24-Jährige aus Nordfrankreich servierte schlussendlich doch noch aus.

Mit 34 Jahren zum Rekordmann

„Ich wollte immer jedes Match so beenden, dass ich bei jeder Chance, bei jeder Möglichkeit mein Bestes geben wollte. Ich hoffe, dass mir das immer gut in Erinnerung bleibt“, betonte Lorenzi. Die US Open waren für den heutigen Wahl-US-Amerikaner immer ein besonderes Highlight. „Jedes Mal wenn ich hier gewesen bin, war ich glücklich, deshalb habe ich New York ausgewählt. Es ist seltsam. Ich weiß natürlich, dass ein Teil meines Lebens jetzt vorbei ist, mit Sicherheit der beste Teil. Ich hatte sehr viel Glück. Meine Leidenschaft war meine Arbeit, ich könnte nicht mehr vom Leben verlangen. Aber ich bin auch deshalb glücklich, weil ich immer mein Bestes gegeben habe. Schon seit ich jung war, wollte ich immer professionell Tennis spielen. Ich habe es geschafft“, resümierte Lorenzi, der schon seit einigen Jahren in Florida beheimatet ist.

In guter Erinnerung wird der zähe Beißer auch den Fans in Österreich bleiben. 2016 konnte sich Lorenzi den Titel beim ATP-World-Tour-250-Event in Kitzbühel holen. Es war der erste und einzige Turniersieg des Rechtshänders, wohlgemerkt mit erst 34 Jahren. Damit ist Lorenzi auch alleiniger Rekordhalter. Niemand hat in der Geschichte der ATP-Tour in einem fortgeschritteneren Alter einen Premieriensieg auf höchstem Niveau erringen können - übrigens damals mit einem 6:3,-6:4-Erfolg über den Georgier Nikoloz Basilashvili. Im Doppel gewann der 21-fache Challenger-Champion ebenfalls ein Sandplatztunier auf ATP-Tour-Level: 2013 sicherte sich Lorenzi mit seinem Landsmann Potito Starace den Titel in Vina del Mar mit einem 6:2,-6:4-Sieg über Juan Monaco (Argentinien) und den großen Rafael Nadal. Drei Finalteilnahmen im Einzel (2014 Sao Paulo, 2017 Quito, Umag) hat der Südländer ebenfalls auf der Haben-Seite verbuchen können.

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Mit 34 Jahren holte sich Paolo Lorenzi in Kitzbühel seinen ersten Turniersieg auf der ATP-Tour. Bis heute ein Rekord.

Und wie geht es jetzt weiter? Bereits beim diesjährigen Wimbledon-Turnier hat Lorenzi für Sky Italia Interviews mit Größen wie Roger Federer geführt, eine ähnliche Zusammenarbeit ist auch für die im November stattfindenden ATP-Finals geplant. Er könnte sich aber auch einen Job als Trainer vorstellen: „Ich will meine Leidenschaft mit allen anderen Leuten teilen. Ich hoffe, es wird klappen.“ Lorenzi bedankte sich auch bei seiner Frau, Elisa, und bei seiner restlichen Familie für die Unterstützung. Und natürlich auch bei seinen Fans: „Ich wünsche mir, dass sie mich als einen Spieler in Erinnerung behalten, der auf dem Platz immer versucht hat, sein Bestes zu geben und der immer bis zum Schluss gekämpft hat. Das war die beste Reise meines Lebens. Ich habe wirklich jeden Moment genossen. Jedes Mal wenn ich am Platz gestanden bin, war es ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist.“

Auch das Team von tennisnet.com bedankt sich bei Paolo Lorenzi für viele unvergessliche Tennismatches, und wünscht dem sympathischen Italiener alles Gute für die Zukunft. „Ciao ragazzo“, man sieht sich.

von Stefan Bergmann

Sonntag
29.08.2021, 11:50 Uhr
zuletzt bearbeitet: 28.08.2021, 23:50 Uhr