ATP Finals London: Dominic Thiem - "Das beste Match meiner Karriere"

Dominic Thiem hat mit dem Einzug in das Halbfinale der ATP Finals der besten Saison seiner Karriere noch ein weiteres Highlight hinzugefügt. Leidtragender war wie schon in Roland Garros Novak Djokovic.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 13.11.2019, 01:33 Uhr

Dominic Thiem nahm die Gratulationen von Novak Djokovic gerne an
© Getty Images
Dominic Thiem nahm die Gratulationen von Novak Djokovic gerne an

Von Jens Huiber aus London

In „Asterix bei den Spaniern“ gibt es gleich zu Beginn eine Szene, in der Julius Cäsar einem römischen Legionär an das Ohrläppchen greift. Die eigentlich besiegten Iberer beobachten dies, deuten die Geste folgendermaßen: Cäsar gewähre dem Soldaten ein Ohr, weil der sich wacker geschlagen hatte. Novak Djokovic hat dem Publikum in der fast vollen O2 Arena am Dienstagabend auch ein Ohr gewährt - allerdings nicht halb so erfreut wie der große Stratege Gaius Julius: Als er sich im sechsten Spiel des ersten Satzes nach einem famosen Ballwechsel einen Breakball erzwang, legte der Serbe seine rechte Hand hinter das Ohr, forderte die Fans zum Jubeln auf.

Über die gesamten 2:47 Stunden Spielzeit dieser denkwürdigen Partie , der "bestem seiner Karriere", wie Thiem nach dem Match sagte, allerdings galt der größere Jubel stets dem Österreicher - vielleicht, weil die britischen Tennisfans gerne die Außenseiter unterstützen. Vielleicht auch, weil sich zahlreiche österreichische Anhänger in der Halle eingefunden hatten. Ganz sicher aber, weil Dominic Thiem eine fantastische Leistung ablieferte, nicht weniger als 51 Gewinnschläge gegen den besten Defensivspieler der Welt verbuchte. Und so nebenbei den erstmaligen Einzug in das Halbfinale des Saison-Abschlussturniers der ATP klarmachte.

Thiem gewinnt zwei Instant Classics

Zwar liegt Dominic Thiem in der Bilanz gegen Novak Djokovic immer noch mit 4:6-Siegen im Hintertreffen. Die letzten beiden Begegnungen aber müssen im perfektionistischen Wesen des Weltranglisten-Zweiten große Unordnung angerichtet haben: Zunächst war da die Niederlage bei den French Open, die sich über zwei Tage erstreckte und nach einem nervenaufreibenden fünften Satz fixiert wurde. Und dann eben diese Pleite in London, bei der der Mann aus Belgrad zweimal einen Breakrückstand im dritten Satz aufholte, im Tiebreak schon mit 4:1 führte, einen Matchball als Rückschläger abwehrte.

Dann allerdings explodierte die Halle - wie auch schon Sekunden vorher, als der Aufschlag Thiems zum Matchgewinn um maximal einen Millimeter neben der Mittellinie einschlug. Ein vergleichsweise schnöder Vorhandfehler von Djokovic beendete dann die Partie.

Djokovic nun mit Endspiel gegen Federer

Djokovic, dem mit dieser Niederlage auch 200 wichtige Punkte für die Jahresendwertung in der ATP-Weltrangliste verloren gingen, zeigt sich als großer Verlierer. „Ich muss einfach meinen Hut vor ihm ziehen und ihm gratulieren, weil er einfach ein großartiges Match gespielt hat. In einigen Situationen war er einfach unglaublich, er hat auf den Ball buchstäblich draufgedroschen, so hart es ging. Und die Bälle sind im Feld gelandet.“ Für Djokovic bedeutet das mal wieder ein Endspiel in London gegen Roger Federer - am Donnerstag wird es allerdings um den Einzug in das Halbfinale gehen.

Thiem führte seine Pressekonferenz mit leicht belegter Stimme - die er allerdings schon während der letzten Tage vor sich herschleppte. Besserung sei da keine in Sicht, andererseits wisse er ja, dass es nach London ab in den Urlaub gehe. Er werde also noch einmal alles aus sich herausholen, auch wenn er am Donnerstag um 15 Uhr MEZ gegen Matteo Berrettini (live bei Sky, in Österreich bei ServusTV und in unserem Live-Ticker) nicht zwingend noch einmal knapp drei Stunden durchpowern möchte. Dass Thiem zwischen zeitlich mit sich gehadert hatte, war den Umständen geschuldet: Er hätte natürlich realisiert, dass er Chancen liegen gelassen hat. Aber beim nächsten Punkt sei er wieder mit sich im Reinen gewesen. So rein, dass ihm Novak Djokovic, zumindest verbal, auch ein Ohr gewährt hat.

von Jens Huiber

Mittwoch
13.11.2019, 07:35 Uhr
zuletzt bearbeitet: 13.11.2019, 01:33 Uhr