Michael Stich – „Dann wäre ich heute sicherlich nicht der Mensch, der ich bin“
Der ehemalige Weltranglisten-Zweite spricht über seine Karriere und die Enttäuschung mit Olympia in Hamburg.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
14.06.2016, 08:39 Uhr

„Wenn alle ihr bestes Tennis spielen, istMichael Stichder Beste“, sagten damals Pete Sampras und Jim Courier unisono über den Deutschen. Allein schon diese Aussage belegt das große Talent des heutigen Turnierdirektors beim ATP-Turnier am Hamburg Rothenbaum. Stich hatte eine vergleichsweise kurze Karriere, was vor allem eine Statistik eindrucksvoll aufzeigt. Der gebürtige Pinneberger ist zwar der zweiterfolgreichste deutsche Spieler, wird bei der Anzahl der Siege auf ATP-Ebene aber bald von Philipp Kohlschreiber überholt werden, der nur zwei Matchsiege weniger hat.
Stich gewann in einer kurzen Zeitspanne all das, wovon man als Tennisspieler träumt. Ein Grand-Slam-Turnier, und zwar in Wimbledon,1991 im Einzel im deutschen Finale gegen Boris Beckersowie1992 im Doppel an der Seite von John McEnroe,die ATP-WM 1993, den Davis Cup mit Deutschland, Turniere auf allen unterschiedlichen Belägen (Hartplatz, Sand, Rasen, Teppich) sowie alle in Deutschland ausgetragenen Turniere.Zudem gewann Stich 1992 die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona, im Doppel mit Boris Becker.Im Interview mit shz.de, Nachrichten aus Schleswig-Holstein, sprach der 47-Jährige über seinen Werdegang. Hier sind einige Auszüge aus dem Interview.
Michael Stich über...
das perfekte Match:
„Das Finale gegen Pete Sampras bei der ATP-Weltmeisterschaft 1993 in Frankfurt und das Achtelfinale gegen Thomas Muster bei den French Open 1996 waren die einzigen beiden Matches, die ich als nahezu perfekt bezeichnen würde.“
seine Profikarriere:
„Wenn ich noch mehr Zeit aufs Tennis verwendet hätte, hätte ich möglicherweise noch das eine oder andere Grand-Slam-Turnier mehr gewinnen können. Aber dann wäre ich heute sicherlich nicht der Mensch, der ich bin. Und mit dem Menschen, der ich heute bin, bin ich sehr zufrieden. Wer weiß, wie ich mich entwickelt hätte, wenn ich mich ausschließlich und in jeder Sekunde des Tages auf Tennis fokussiert hätte. Stattdessen habe ich sehr früh angefangen, mich für Kunst zu interessieren und Bücher zu lesen. Und ich habe mich mit den Kulturen der Länder beschäftigt, in denen ich gespielt habe. Das ist nicht besser oder schlechter, sondern eine Frage der Persönlichkeit.“
Abrisspläne am Hamburger Rothenbaum:
„Ich kann zu der Umsetzbarkeit nichts sagen. Das Grundkonzept finde ich gut und dass eine solche Anlage mitten in der Stadt noch besteht, ist etwas Besonderes. Das sollte man erhalten. Es gibt viele Hürden, aber wenn man ein Stadion moderner und zeitgemäßer machen und sich weiter entwickeln kann, warum nicht.“
die Absage an Olympische Spiele 2024 in Hamburg:
„Geschmerzt hat es mich nicht, es ist mehr ein völliges Unverständnis darüber, warum man eine solche Vision nicht leben will. Meines Erachtens hätte man keine Volksabstimmung machen sollen. Politiker sind die gewählten Volksvertreter, nur bei solchen Entscheidungen sollen sie es nicht sein. Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Wir haben es im Endeffekt nicht geschafft, die Menschen in Hamburg abzuholen. Zuletzt ging es nur noch um Kosten, aber nicht mehr um das Wesentliche: die größte sportliche Veranstaltung auf der Welt.“
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