Stan Wawrinka brilliert diesmal nicht als Wundermann

Der 31-jährige Schweizer scheidet bei seiner vierten WM-Teilnahme erstmals in der Gruppenphase aus.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 18.11.2016, 00:00 Uhr

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LONDON, ENGLAND - NOVEMBER 18: Stan Wawrinka (R) of Switzerland congratulates Andy Murray of Great Britain after their men's singles match on day six of the ATP World Tour Finals at O2 Arena on November 18, 2016 in London, England. (Photo by Julian...

Artig verbeugte sich Stan Wawrinka noch einmal zu allen Zuschauerblöcken in der O2-Arena, nahm den Höflichkeitsapplaus der 17.500 Fans entgegen. Doch im nächsten Moment, als er herausmarschiert war aus dem Hallenpalast, war er auch schon Geschichte bei dieser Tennis-Weltmeisterschaft des Jahres 2016. Auf der Zielgeraden der Saison, beim Championat der acht Besten, konnte Wawrinka nicht ein letztes Mal in seiner Paraderolle als Wundermann brillieren - im letzten Gruppenspiel blieb die Hackordnung gewahrt: Andy Murray, der Weltranglisten-Erste und Lokalmatador, katapultierte den US-Open-Champion mit einem glatten 6:4, 6:2-Sieg aus dem Pokalkampf und hielt sich selbst alle Hoffnungen auf einen ersten WM-Titel aufrecht.

Murray bestätigt Topform

Drei Mal hatte Wawrinka in der Vergangenheit jeweils das Halbfinale erreicht, gern auch in der Rolle des Comebackers nach verpatztem Start, nun aber scheiterte er am Mann der Stunde, am Mann dieses Herbstes, vielleicht sogar noch am Mann des ganzen Tennisjahres - an eben jenem Braveheart Murray, der auch in London wie auf einer Mission unterwegs zu sein scheint. "Ich habe es geschafft, Stans mächtiges Spiel zu unterdrücken", sagte Murray, der an diesem Samstag in der Vorschlussrunde (um 15 Uhr MEZ) auf Kanadas Kanonier Milos Raonic trifft. Das zweite Halbfinale bestreiten abends ab 21 Uhr Novak Djokovic (Serbien) und der Japaner Kei Nishikori.

Wawrinkas Saison ging schlagartig, aber auch nicht überraschend in diesem Zweikampf mit dem neuen Frontmann zu Ende - mit einer Leistung, die für den Schweizer irgendwo zwischen der herben Enttäuschung zum Auftakt gegen Nishikori und dem starken Auftritt gegen den Kroaten Marin Cilic lag. In den ersten Minuten und Spielen machte der 31-jährige Romand sogar den etwas stärkeren Eindruck, aber es war eben nur die reine Optik, nichts, was sich im Ergebnis schwarz auf weiß niederschlug. Mit Murrays Break zum 4:3 änderten sich die Verhältnisse, fortan war der Schotte die bestimmende und auch treibende Kraft. "Ich habe einfach zu viele und zu leichte Fehler gemacht. Und dann auch in den wichtigen Momenten des Spiels", sagte Wawrinka später.

Nur bei Grand Slams gegen Nummer-eins-Spieler siegreich

Der Schweizer versuchte sich wiederholt an einer Wende, an einem Dreh im Spielfilm, aber Murray wehrte alle Angriffe und Attacken Wawrinkas mit seiner typischen Zähigkeit ab. Und nach dem gewonnenen Auftaktsatz, der dem Schotten schon den Halbfinalplatz garantierte, wurde es noch finsterer für Wawrinka - rasch geriet er mit 0:4 im zweiten Akt in Rückstand, wirkte dabei fahrig und unkonzentriert. So frustriert war der (Noch-) Weltranglisten-Dritte, dass er einen seiner Schläger auf dem Centre Court zerlegte und dafür eine Verwarnung einkassierte. Noch einmal riss sich Wawrinka zusammen, vermied schließlich den absoluten Untergang, aber nicht die Niederlage, das WM-Aus und den Abgang in die Ferien. Ein letzter, weit ins Aus segelnder Fehlschlag besiegelte seine 4:6, 2:6-Niederlage nach genau 87 Minuten.

Gewahrt blieb so auch eine etwas kuriose Arbeitsstatistik Wawrinkas. Denn zwar hat der Waadtländer alle seine drei Grand-Slam-Finals gegen die amtierende Nummer eins seines Sports gewonnen, einmal war das Nadal, zwei Mal Djokovic. Doch wo und wann immer er ansonsten gegen den Branchenführer antrat, verlor er mit einer fatalen Konstanz jedes Spiel. 0:19 stand es bis zum Match gegen Murray an diesem Freitagnachmittag, 0:20 danach. Versuch Nummer 21 muss nun erst einmal warten. Auf jeden Fall bis zu den ersten Ballwechseln der Saison 2017.

von Jörg Allmeroth

Freitag
18.11.2016, 00:00 Uhr