8 deutsche Top-Talente, die den Durchbruch nicht geschafft haben

tennisnet.com präsentiert verheißungsvolle deutsche Nachwuchstalente, die als Profi nicht durchstarten konnten.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 30.03.2016, 10:12 Uhr

Die Zeiten im Tennis haben sich geändert. Erfolge bei den Junioren, sei es ein Grand-Slam-Sieg oder der Triumph beim Orange Bowl, waren damals der Grundstein und auch ein Garant für eine ebenso erfolgreiche Karriere bei den Profis. Doch das ist längst nicht mehr so. Seit dem Jahr 2005 hat es von allen zwei bestplatzierten Junioren zum Jahresende im Anschluss daran nur ein Spieler geschafft, bei den Profis die Top Ten zu erreichen: und zwarMarin Cilic.Es gibt viele Beispiele von jungen Spielern und Spielerinnen, die in ihrer Jugendzeit groß auftrumpften und als zukünftige Stars gehandelt wurden, aber dann bei den Profis nicht Fuß fassen konnten. Darunter sind auch einige Spieler und Spielerinnen aus Deutschland.tennisnet.compräsentiert acht deutsche Top-Talente, die den Durchbruch bei den Profis nicht geschafft haben.

Maximilian Abel

Kein deutsches Top-Talent ist krachender gescheitert als Maximilian Abel. Um den gebürtigen Frankfurter spielte sich eine menschliche Tragödie ab. Abel war in seiner Juniorenzeit die Nummer sechs der Welt und erreichte 1999 beim prestigeträchtigen Orange Bowl das Finale, nachdem er auf dem Weg dorthin Feliciano Lopez und Mardy Fish bezwungen hatte. Im Endspiel verlor er gegen Andy Roddick, unter anderem auch, weil er den Wecker falsch stellte, die Zeitverschiebung vergaß und nur knapp vor Spielbeginn ankam. Doch während alle drei genannten Spieler eine glänzende Profikarriere hinlegten, schaffte es Abel im ATP-Ranking nur bis auf Platz 183. Zwei Titel bei Future-Turnieren sowie eine Hauptfeldteilnahme bei Grand Slams, bei den US Open 2003, kann Abel vorweisen. Warum es nicht zu mehr gereicht hat? Daran ist der Hesse selbst schuld.

Im September 2007 in der Qualifikation beim ATP-Turnier in Metz gab Abel eine Dopingprobe ab, in der Spuren von Kokain festgestellt wurden. Im April 2008 sprach die ITF deswegen eine Zweijahressperre aus, was die Karriere des damals 26-Jährigen so gut wie beendete. Doch es kam noch viel schlimmer für Abel, der wenige Zeit später festgenommen wurde, als er gerade Kindern Tennistraining gab. Der Vorwurf: Scheckkartendiebstahl sowie Betrug. Abel kam zunächst sieben Monate in Untersuchungshaft und legte ein Geständnis ab, dass er aus Geldnot Bekannten und Mitbewohnern eines Hochhauses Scheckkarten aus deren Briefkästen gestohlen habe und diese auch einsetzte. „Ich hatte ein großes Alkoholproblem, war drei, vier Mal in der Woche stark betrunken. Außerdem nahm ich Koks, Pillen, Joints und Antidepressiva zu mir“, erklärte er und gestand zudem, dass er sich immer wieder Damen beim Escort-Service bestellte, die er um ihren Lohn geprellt haben soll.

Abel wurden bei der Verhandlung am Landgericht Frankfurt 79 Vergehen zu Last gelegt. Er richtete damit einen Schaden von rund 120.000 Euro an. Im März 2009 wurde er schließlich wegen „rücksichtslosem und dreistem Verhalten“ zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Abel kam nach zwei Jahren in den offenen Vollzug und es schien so, dass er seine zweite Chance nutzen würde. Er wagte 2012 ein Comeback als Profi und war nach einigen kleinen Erfolgen im September 2013 die Nummer 910 im ATP-Ranking. Doch Abel lernte nicht aus seinen Fehlern und fand sich im Februar 2014 erneut vor Gericht wieder. Er stahl einem Kollegen die Kreditkarte und soll sich damit für 70 Euro Sushi und in einem Hotel in Frankfurt eine Escort-Dame für 460 Euro bestellt haben sowie nach zwei Stunde Pause eine weitere. Zudem stahl er Bankbriefe seiner Nachbarn und überwies sich damit selbst 1900 Euro.

„Das mit der Kreditkarte stimmt nicht“, beteuerte Abel zunächst. „Warum haben wir dann ihre Fingerabdrücke auf den Belegen? Zeigefinger, Mittelfinger, Daumen!“, entgegnete der zuständige Richter. „Ja, stimmt doch“, räumte Abel ein und gab an, dass er mit den Überweisungen seine Spielsucht finanzieren wollte. „Aber jetzt bin ich in Therapie und seit Oktober abstinent.” Abel wurde zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Doch damit nicht genug: Im August 2014 soll er in der Hessenliga seinen dunkelhäutigen Gegner Gibril Diarra (Österreich) als „Bananenfresser“ bezeichnet haben. Es folgte eine hitzige Auseinandersetzung, bei der schließlich Diarra zum Unverständnis der Zuschauer disqualifiziert wurde. Abel wurde im Februar 2016 bei den Hallen-Meisterschaften in Hessen Vizemeister und arbeitet laut eigenen Angaben an seiner B-Lizenz als Tennistrainer.

Vom Tennisspieler Maximilian Abel könnt ihr euch hier ein Bild machen. 2003 spielte er in Dubai gegen Roger Federer.

Daniel Elsner

Daniel Elsner war an den Ergebnissen gemessen der erfolgreichste deutsche Juniorenspieler, den es bislang gab. Der Schwabe schrammte nur ganz knapp am „Elsner Slam“ vorbei, dem Gewinn von vier Grand-Slam-Turnieren in Folge. Elsner siegte bei den US Open 1996, gefolgt von den Triumphen bei den Australian Open und French Open im Jahr 1997. In Wimbledon stand er im Finale, verlor aber dort gegen den Südafrikaner Wesley Whitehouse. Elsner hätte nach Stefan Edberg der zweite männliche Junior werden können, der jedes Grand-Slam-Turnier gewinnt. Trotz dieser Erfolge auf Junioren-Ebene blieb dem Deutschen die Spitzenposition im Einzel jedoch verwehrt, er blieb stets die Nummer zwei der Welt.

Dazu muss auch noch erwähnt werden, dass Elsner seine Juniorenkarriere bis zum Alter von 18 Jahren und acht Monaten voll ausreizte. In diesem Alter haben viele hoffnungsvolle Nachwuchstalente bereits im Profigeschäft Fuß gefasst. Elsner hätte zur damaligen Zeit an der Seite von Tommy Haas, Nicolas Kiefer und Rainer Schüttler eine tragende Säule im deutschen Herrentennis werden können. Doch der Memminger wurde seinen Vorschusslorbeeren nicht gerecht, auch weil er sich selbst im Weg stand. Im Jahr 1999 flog Elsner wegen disziplinarischer Verfehlungen aus dem B-Kader des Deutschen Tennis Bundes und dem Leistungszentrum in Hannover. „Meine Einstellung auf dem Platz und auch sonst war nicht professionell. Ich habe gerne Partys gefeiert und Blödsinn gemacht“, erzählte Elsner im Jahr 2001, nachdem er drei Jahre zuvor mit einer Flasche Wodka, zwei Mädels und einem Joint erwischt worden war.

Die Höhepunkte in der Profikarriere des Allgäuers sind schnell zusammengefasst: Sprung auf Platz 92 im Oktober 2000, sechs Titel auf der Challenger-Tour, Halbfinale beim ATP-Turnier am Stuttgarter Weissenhof. Bei den French Open 2004 gewann er im Alter von 25 Jahren sein erstes und einziges Grand-Slam-Hauptfeldmatch. Trotz seines riesengroßen Talents schaffte es Elsner nicht ein einziges Mal in den deutschen Davis-Cup-Kader. Der Schwabe tappte in die gleiche Falle wie viele andere erfolgreiche Juniorenspieler. Er habe „nicht damit gerechnet, dass der Unterschied zwischen Junioren und Profis so groß ist“, erklärte er am Rande der French Open 2004 und stellte für sich fest, dass er mit weniger Talent wahrscheinlich erfolgreicher gewesen wäre, denn „mit viel Talent kriegst du so viel in den Arsch gesteckt“. Elsner, der 2008 sein letztes Profimatch spielte, arbeitet mittlerweile als Tennistrainer.

Scarlett Werner

Scarlett Werner wurde Ende der Neunziger in den deutschen Medien als „Wunderkind“ und legitime Nachfolgerin von Steffi Graf gefeiert. Das gute Aussehen führte auch noch dazu, dass sie bereits als Teenager als neuer Superstar vermarktet wurde. Bei den Juniorinnen hielt sich die Münchnerin, die als Scarlett Kotschwara geboren wurde und mit 14 ihr erstes Profiturnier spielte, nicht lange auf. Dort schaffte sie es im Einzel auf Platz zehn. Kurz vor ihrem 17. Geburtstag gab Werner im November 2001 ihr Debüt im deutschen Fed-Cup-Team. Es sollte ihr einziger Einsatz gewesen sein. Im März 2002 schleppte sich Werner kurz vor Turnierbeginn in Acapulco mit starken Bauchkrämpfen ins Krankenhaus. Nur eine Notoperation wegen eines Blinddarmdurchbruchs rettete der damals 17-Jährigen das Leben.

Wenig später brach sie mit ihrer Mutter, da sie ihm den Vater vorenthalten hatte, und zog vor ihrem 18. Geburtstag allein nach Mannheim. Werner entschloss sich im Jahr 2003, ihre Karriere zu beenden, bevor sie so richtig losgegangen ist. Im Januar 2004 spielte sie ihr vorerst letztes Match als Profi. Sie begann ein Medizinstudium und entschloss sich im Jahr 2009, es noch mal als Profi zu versuchen. Werner ist da erst 24 Jahre alt. Ihre „zweite Karriere“ begann vielversprechend. Sie gewann 2010 und 2011 insgesamt fünf Turniere auf der ITF-Tour und kletterte bis auf Platz 272. Im Dezember 2012 wurde auf ihrer Facebook-Seite bekanntgegeben, dass Werner vorerst keine internationalen Turniere spielen werde und ob sie ihre Karriere fortsetzen können, unklar sei. Bis heute sind die Gründe unklar, warum Werner ihre Karriere so abrupt beendete.

Mia Buric

Nachdem Steffi Graf im August 1999 von der Tennisbühne abgetreten war, wurde händeringend nach einer deutschen Nachfolgerin gesucht, die zumindest um Grand-Slam-Titel mitspielen kann. In Mia Buric, geboren im kroatischen Split, schien der Deutsche Tennis Bund jemanden gefunden zu haben. Buric gewann im Alter von 16 Jahren die German Junior Open im Endspiel gegen Na Li. Obwohl sie kaum Junioren-Grand-Slams spielte, schaffte sie es bis auf Platz neun in der Weltrangliste. Buric wurde von Grafs Vermarktungsgesellschaft unter die Fittiche genommen. Bei den Profis stieg sie kontinuierlich nach oben. Mit 18 Jahren war Buric die Nummer 210 der Welt. Dem Deutschen Tennis Bund schien das aber zu langsam zu gehen. Schmerzen an der chronisch entzündeten Achillessehne machten ihr zu schaffen. „Ich stand vor dem nächsten wichtigen Sprung, dem unter die Top 200. Und dann haben die vom DTB auch noch zu mir gesagt, ‚entweder du unterbrichst deine Behandlung in Deutschland und kommst mit zum Trainingslager in die USA oder du kannst die Verbandsförderung vergessen’. Dabei kam ich wegen eines Überbeins nicht mal in einen Schuh rein“, beklagte sich Buric nach dem Ende ihrer Karriere. Im Alter von 20 Jahren spielte sie ihr letztes Match als Profi und machte dann eine Lehre zur Bankkauffrau.

Sebastian Rieschick

Als es Anfang Januar 2004 bei den Junioren das erste Mal eine kombinierte Weltrangliste gab, in dem sowohl die Ergebnisse im Einzel als auch im Doppel einflossen, war Sebastian Rieschick die erste Nummer eins in dieser Wertung. Für einen Grand-Slam-Titel bei den Junioren hat es für den Berliner allerdings nicht gereicht. Und auch mit einer erfolgreichen Profikarriere wurde es nichts. Rieschick schaffte nicht den Sprung auf die ATP-Tour, wo er nur ein Match gewinnen konnte. Im Jahr 2010 gewann er fünf Future-Turniere, was ihn im August 2011 auf sein Karrierehoch mit Platz 199 brachte.

Dirk Dier

Dirk Dier ist so etwas wie die Allzweckwaffe im deutschen Tennis – als Assistenztrainer im deutschen Fed-Cup- und Davis-Cup-Team sowie Betreiber einer eigenen Tennisschule. Früher betreute er Anna-Lena Grönefeld. Dier hat den Übergang nach der Profikarriere ins „neue Leben“ spielerisch gemeistert. Als Junior war er Halbfinalist beim Orange Bowl und gewann 1990 die Australian Open. Er war damit der erste deutsche Junior, der ein Grand-Slam-Turnier gewinnen konnte. Bei den Profis blieb ihm eine durschlagende Karriere verwehrt. Platz 118 war seine beste Ranglistenposition. Bei den Grand Slams stand Dier insgesamt dreimal im Hauptfeld. Bei den US Open 1996 erreichte er die dritte Runde.

Alexandros-Ferdinandos Georgoudas

Als Tommy Haas bei den Australian Open 2009 als letzter von insgesamt 20 deutschen Startern (Damen und Herren) in der dritten Runde ausschied, konnten sich die deutschen Medienvertreter in Melbourne voll und ganz auf die Juniorenkonkurrenz konzentrieren. Und dort überraschte Alexandros-Ferdinandos Georgoudas, der sich zwei Wochen vor seinem 18. Geburtstag bei seiner Teilnahme bei einem Grand-Slam-Turnier gleich ins Finale vorspielte, dort aber gegen den Inder Yuki Bhambri mit 3:6, 1:6. Der Vorbote für eine verheißungsvolle Profikarriere war dies aber ganz und gar nicht. Georgoudas, Sohn eines griechischen Vaters und einer deutschen Mutter, konnte bei den Profis nicht Fuß fassen. Zudem wechselte er die Nationalität und spielte später für Griechenland. Georgoudas schaffte gar nicht erst den Einstieg in die Weltrangliste und trat nur bei Turnieren in Deutschland und Griechenland an. Sein einziger Sieg als Profi ereignete sich in der ersten Quali-Runde bei einem Challenger-Turnier in Athen.

Renè Nicklisch

Es gab bislang nur einen einzigen deutschen Spieler, der beim prestigeträchtigen Orange Bowl, der inoffiziellen WM der Junioren, den Titel in der Juniorenkonkurrenz gewinnen konnte. Und zwar René Nicklisch, der im Jahr 1992 in der Altersklasse U16 triumphierte. Bei den Profis schaffte es Nicklisch bis auf Platz 246. Sein größter Erfolg: der Gewinn des Challenger-Turniers in Aschaffenburg im Jahr 1999. Nicklisch ist mittlerweile als Tennistrainer in Hamburg tätig und geht dabei ungewohnte Wege. Er hat sich nebenbei als Hypnotiseur ausbilden lassen und bietet Kurse an, um sich dem psychischen Druck auf dem Tennisplatz zu stellen.Im Jahr 2010 hat tennisnet.com über den „Hamburger Tennis-Magier” berichtet.

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