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Babsi Schett im Interview - „Serenas Abschied wird ein großes Loch reißen“

Babsi Schett im tennisnet-Interview über den Abschied von Serena Williams, das Legenden-Turnier in Wimbledon und ihr Autobiographie „Ich bin was ich bin“.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 05.09.2022, 09:59 Uhr

In New York City fühlt sich Barbara Schett immer wohl
© GEPA Pictures
In New York City fühlt sich Barbara Schett immer wohl

Während sich die Tennisprofis am Morgen in Richtung National Tennis Center in Flushing Meadows aufmachen, ist Barbara Schett schon längst da. Spätestens ab acht Uhr ist die ehemalige Nummer sieben der Welt auf der Anlage und im Einsatz. Zum Durchatmen bleibt eigentlich keine Zeit, schließlich waren die New Yorker Nächte auch und vor allem wegen Serena Williams lang. Im Gespräch mit tennisnet ist Schett aber wie gewohnt bestens aufgelegt.

tennisnet: Vor ein paar Wochen haben Sie bei den Invitational Doubles in Wimbledon an der Seite von Nathalie Dechy gespielt. Und gleich gegen Kim Clijsters und Martina Hingis, zwei Spielerinnen, die immer noch gut im Saft stehen. Kann so etwas überhaupt Spaß machen?

Babsi Schett: Zunächst einmal: Ich habe einen Luftsprung gemacht, dass ich wieder dabei sein durfte. Speziell vor dem Match gegen Kim und Martina war es aber stressig, alles unter einen Hut zu bringen. Novak Djokovic hat an jenem Tag gespielt, ich hatte bei Eurosport noch eine 20-minütige Sendung - und unser Match war ein „to be announced“. Wir wussten also nicht genau, wann wir spielen. Nach unserer Sendung habe ich auf mein Handy geschaut. Und da hieß es: in fünf Minuten auf Platz soundso. Ich bin schnurstracks in die Umkleide und habe mich nicht mehr einschlagen können. Hingis und Clijsters haben schon gewartet. Und wir sind richtig abgezogen worden. Vor allem Martina ist noch richtig ehrgeizig. Spaß hat es dennoch gemacht.

tennisnet: Die erste Woche der US Open ist im Zeichen des Abschieds von Serena Williams gestanden. Was geht der WTA-Tour mit Serenas Abschied verloren?

Schett: Es wird ein großes Loch in den Frauensport gerissen. Wenn Serena wirklich nicht mehr spielen sollte. Sie war fast 25 Jahre lang dabei, hat den Tennissport geformt. Für den Frauensport im allgemeinen so viel getan. Im Tennis hat sie neue Maßstäbe von der Physis und der Geschwindigkeit her gesetzt, gemeinsam mit ihrer Schwester. Ich bin bei ihrem Abschied schon auch emotional geworden. Weil es ist eine Ära zu Ende gegangen. Serenas Bedeutung hat man ja in dieser Woche gesehen: Die Tribünen waren bummvoll, die amerikanischen Celebrities sind da, sogar ehemalige amerikanische Präsidenten. Es ist selten, dass jemand so viele Fans anzieht. Und das wird es vielleicht nie mehr geben.

Babsi Schett und Serena Williams dereinst in Roland Garros
© Getty Images
Babsi Schett und Serena Williams dereinst in Roland Garros

"Serena hat das bravourös gemeistert"

tennisnet: Auch ihre Ausraster sind legendär …

Schett: Ja, aber man muss sich das gesamte Bild anschauen. Wenn man sieht, wo sie herkommt, dann muss man sagen: Serena hat es wirklich nicht leicht gehabt. Der Vater sieht Virginia Ruzici spielen und hat die Idee: Ok, meine Mädchen sollen Tennis spielen. Dass das wirklich aufgegangen ist, ist eigentlich unglaublich. Und auch den afroamerikanische Ursprung darf man nicht vergessen. Serena ist viel herumgereist und mit Sachen konfrontiert worden, die wir uns gar nicht vorstellen können. Und sie hat das bravourös gemeistert.

tennisnet: So groß das Loch ist - wer könnte es füllen?

Schett: Ich liebe Coco Gauff. Zum einen schaue ich ihr gerne beim Spielen zu, zum anderen nutzt sie aber auch ihre Plattform als Tennisspielerin, kräftige Aussagen zu tätigen. Und da geht es nicht nur um Vorhand und Rückhand. Sie ist schon sehr, sehr erwachsen. Obwohl sie noch so jung ist. Aber Serena hat die Latte mit 23 Grand-Slam-Titeln schon sehr hoch gelegt. Dazu noch 14 im Doppel. Das muss man erst einmal hinbekommen, mit 40 Jahren noch so Tennis zu spielen.

Auch Thomas Muster hat sich bei Barbara Schett verewigt
© GEPA Pictures
Auch Thomas Muster hat sich bei Barbara Schett verewigt

tennisnet: „Ich bin was ich bin“ ist der Titel Ihrer Autobiographie, die vor kurzem erschienen ist. Auffällig dabei schon einmal, wer die Kapitel quasi einrahmt: Mats Wilander mit dem Vorwort und Thomas Muster mit dem Nachwort. Wie ist es dazu gekommen?

Schett: Das Vorwort von Mats habe ich sehr passend gefunden, weil sich Tennis ja doch wie ein roter Faden durch mein Leben zieht. Mats kennt mich irrsinnig gut. Wir arbeiten jetzt seit fast 20 Jahren zusammen. Als er mir das Vorwort geschickt hat, habe ich das total lieb gefunden. Und mit dem Tom habe ich jetzt ein super Verhältnis und wir sind eng befreundet. Und ich habe mir gedacht, dass es die Leser interessieren würde, wie er mich sieht, und wie unsere gemeinsame Geschichte ist.

TV-Partner seit knapp 20 Jahren: Mats Wilander und Babsi Schett
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TV-Partner seit knapp 20 Jahren: Mats Wilander und Babsi Schett

Schett an Huber - "Alles brauchst Du nicht zu erzählen"

tennisnet: Was ist die Idee hinter „Ich bin was ich bin“?

Schett: Mir war es wichtig, dass das Buch abwechslungsreich ist. Dass viele Interviews von Wegbegleitern dabei sind, um das witzig und informativ zu gestalten. Es sollte eine leicht lesbare Lektüre werden, die man einfach nicht mehr weglegen will. Ich glaub, das ist uns sehr gut gelungen. Und da haben der Mats und der Tom ihren Teil dazu beigetragen.

"Ich bin was ich bin" - von und mit Barbara Schett
© Egoth Verlag
"Ich bin was ich bin" - von und mit Barbara Schett

tennisnet: Sie haben auf der Tour viele Freundinnen gehabt. Und keine bessere als Anke Huber. Die spielt in ihrem Buch ja auch eine Rolle …

Schett: Anke und ich haben viele Jahre gemeinsam auf der Tour gespielt, haben Doppel gespielt, Zimmer geteilt. Wir sind immer noch gut befreundet, sehen uns aber zu selten. Es war mir wichtig, dass sie hier auch ihren Senf dazu gibt. Aber vorab mit dem Hinweis: Alles brauchst Du nicht zu erzählen. Es gibt also gewissen Dinge, die im Buch nicht vorkommen.

tennisnet: „Ich bin was ich bin“ ist bei Ihnen ja auch Programm.

Schett: Genau. Wenn man mich sieht und mit mir redet: Ich bin immer gleich. Ich finde es furchtbar, wenn sich Menschen verstellen, wenn sie auf Veranstaltungen sind. Ich möchte authentisch sein und mir am Abend in den Spiegel schauen können.

tennisnet: Keine Angst vor großen Namen - auch das erfährt man in ihrem Buch.

Schett: Überhaupt nicht. In Wimbledon habe ich mit Ion Tiriac gesprochen. Und der hat bei diesem Interview seine Brillen nicht abgenommen. Ich konnte seine Augen nicht sehen. Und das finde ich ganz schlimm. Also habe ich Tiriac ziemlich forsch gebeten, seine Brille abzunehmen. Was der dann auch gemacht hat. Augenkontakt ist wichtig. Bei jedem Interview. Und auch beim Zuprosten!

tennisnet: Nun sind Sie ja ständig im Dienste etwa von Eurosport, ServusTV, etc. unterwegs. Wird es dennoch eine Gelegenheit geben, dass Sie irgendwann eine Lesung aus Ihrem Buch veranstalten?

Schett: Ich möchte generell auch ein Hörbuch herausbringen. Und es wird im Umfeld des Turniers in der Wiener Stadthalle wahrscheinlich eine Lesung und eine Signierstunde in einem Buchladen in Wien geben.

von Jens Huiber

Montag
05.09.2022, 12:35 Uhr
zuletzt bearbeitet: 05.09.2022, 09:59 Uhr