„Fans Gefühl geben, dass sie Teil des Events sind“

Der Verantwortliche für das Sponsoring bei bet-at-home.com spricht im Interview über das Engagement seiner Firma im Tennissport.

von Christian Albrecht Barschel
zuletzt bearbeitet: 20.07.2013, 10:35 Uhr

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Von Christian Albrecht Barschel

Claus Retschitzegger ist bei dem internationalen Online-Wettanbieter bet-at-home.com auch für den Bereich Tennis-Sponsoring zuständig und war in den Jahren 1997 bis 2002 selbst Veranstalter und Turnierdirektor der ATP-Challenger in Nettingsdorf und Linz. bet-at-home.com gehört als Hauptsponsor des ATP-Turniers in Kitzbühel (bet-at-home Cup) sowie in Hamburg (bet-at-home Open) mit 3,3 Millionen Kunden mittlerweile zu den führenden Glücksspielkonzernen in Europa.

Herr Retschitzegger, bet-at-home.com ist Hauptsponsor und Namensgeber in Hamburg und Kitzbühel. Warum hat sich Ihr Unternehmen für ein Sponsoring im Tennis entschieden?

Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist Tennis eine sehr wettaffine Sportart. Tennis ist klar die Nummer zwei hinter Fußball und damit für uns somit die zweitwichtigste Sportart. Aufgrund unserer zahlreichen Engagements in der Vergangenheit ist es uns gelungen, Tennis im Segment der Sportwetten-Anbieter zu besetzen. Es gibt gegenwärtig keinen Mitbewerber, der im Tennis wirklich aktiv ist. Tennis bietet auch den Vorteil, dass die Werbeflächen speziell auf der Backdrop im Fernsehen sehr gut sichtbar sind. Als Namenssponsor geht die Wertigkeit um ein Vielfaches über die TV-Präsenz hinaus! Während der Turnierwochen in Hamburg und Kitzbühel erreichen wir mit den Turniernamen bet-at-home Open bzw. bet-at-home Cup weltweit Millionenzugriffe im hohen zweistelligen Bereich etwa über ATP- oder Livescore-Seiten im Internet, aber auch über Printmedien. Zudem nutzen wir während den Turnierwochen die Möglichkeit, an unserem Stand die Tennisfans direkt anzusprechen und mit unserem Produkt vertraut zu machen.

Unterstützt bet-at-home.com neben Hamburg und Kitzbühel noch weitere Turniere auf der Tour?

Wir haben in den letzten Jahren sehr viele Turniere unterstützt, darunter Stuttgart, Halle, Valencia, Marbella, Prag, Umag, Zagreb und Linz. Die derzeitige Strategie ist es, sich auf die Turniere in Hamburg und Kitzbühel zu konzentrieren. Das heißt aber nicht, dass wir uns künftig grundsätzlich weiteren Kooperationen verschließen werden.

Wie wichtig ist es für bet-at-home.com, dass Roger Federer in Hamburg spielt?

Ganz wichtig. Das Turnier und unsere Marke wurden schon bei der Vorberichterstattung medial viel stärker transportiert. In den Tagen, wo die Zusage von Roger Federer bekannt wurde, war es in ganz Europa ein Thema. Das bringt uns sehr viel, vor allem weil die Schweiz ein sehr wichtiger Markt für uns ist.

Der Vertrag zwischen bet-at-hom.com und Hamburg läuft dieses Jahr aus. Wird es eine Fortsetzung der Partnerschaft geben?

Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wird es eine Fortsetzung geben. Es wird noch finale Gespräche mit dem Veranstalter vor Turnierende geben.

bet-at-home.com veranstaltet in Hamburg und Kitzbühel den 100.000-US-Dollar-Shot. Was ist das genau?

Ein Zuschauer, der sich auf unserem Stand dafür qualifiziert hat, bekommt die Möglichkeit, an der Aufschlagwand auf dem Centre Court von der Grundlinie aus in ein Loch zu treffen. Wenn er das schafft, bekommt er 100.000 US-Dollar. Das ist natürlich nicht leicht, das muss man zugeben. Viele Teilnehmer waren schon dicht dran. Wir würden uns freuen, wenn es bald jemandem gelingen würde.

In Kitzbühel gibt es die Aktion "Spiel deines Lebens". Erklären Sie uns bitte, was dort genau passiert.

Das ist eine weltweit einzigartige Breitensportaktion. Ein sehr guter Hobbyspieler hat die Chance, bei einem ATP-Turnier im Hauptbewerb mitzuspielen. Die Aktion wird sehr gut angenommen, wir hatten dieses und letztes Jahr mehrere Tausend Bewerbungen. Die besten Acht spielen in Kitzbühel eine Ausscheidung. Der Sieger darf dann an der Seite von Philipp Kohlschreiber im Doppel-Hauptfeld antreten. Im Vorjahr gab es die große Sensation, dass Stephan Tumphart, der Sieger von "Spiel deines Lebens", mit Kohlschreiber in der ersten Runde gewonnen hat - gegen das gute Doppel Lukas Rosol und Horacio Zeballos. Das war natürlich das i-Tüpfelchen bei der Aktion und hat für große Aufmerksamkeit gesorgt.

Welche Maßnahmen kann man noch ergreifen, um die Tennisfans stärker ins Turniergeschehen mit einzubeziehen?

Ich glaube, dass die persönliche Ansprache an die Fans sehr wichtig ist. Da muss man auch Alex Antonitsch, dem Turnierdirektor in Kitzbühel, ein großes Lob aussprechen, der das in Kitzbühel sehr gut macht. Dazu gehört, auf die Fans zuzugehen, Fan-Talks, Fan-Training, wo es die Möglichkeit gibt, mit den Profis zu trainieren. Man muss den Fans das Gefühl geben, dass sie Teil der Veranstaltung sind.

Was kann der Tennissport tun, um für Sponsoren noch attraktiver zu werden?

Grundsätzlich ist für einen Sponsor wichtig, dass die Werbebotschaft medial transportiert wird. Die TV-Reichweiten sind da heranzuziehen. In Deutschland und Österreich haben wir in den letzten Jahren nach dem Karriereende von Becker, Graf und Muster bei der Reichweite sehr starke Einbußen erlebt, weil die Öffentlich-Rechtlichen aus dem Tennis nahezu ausgestiegen sind. Man hat in den letzten Jahren durch die Erfolge von Haas, Kerber oder jetzt durch Lisicki in Wimbledon gesehen, dass das Interesse an Tennis wieder viel stärker wird, auch bei den Öffentlich-Rechtlichen. In Deutschland und Österreich ist es aber leider so, dass die Beliebtheit der Sportart von den nationalen Erfolgen sehr stark abhängig ist. Das ist ein strukturelles Problem, was schwer zu lösen ist. Wir setzen bei unseren beiden Turnieren große Hoffnung auf Eurosport, die sich als exklusiver Partner der Grand-Slam-Turniere außer Wimbledon als tennisaffiner Sender etablieren. Damit werden wir die Reichweiten im deutschsprachigen Raum erheblich steigern können.

Welche Regeländerungen würden Sie aus Sponsorensicht im Tennis vornehmen?

Ich bin der Meinung, dass im Tennis keine Regeländerungen notwendig sind. Tennis lebt von der Tradition sowie von der Klarheit und Beständigkeit. Jede Regeländerung bringt Verunsicherung mit sich. Man hat dies etwa gesehen, als die ATP zwei Ranglisten eingeführt hat.

In den letzten Jahren sind zahlreiche neue Wettanbieter dazu gekommen. Inwieweit hebt sich bet-at-home.com von der Konkurrenz ab?

Wir versuchen, uns als junge, dynamische Marke zu präsentieren. Bei bet-at-home.com hat Sportsponsoring einen großen Stellenwert. Damit heben wir uns von der Konkurrenz ab, weil durch diese Aktivitäten in mehreren Sportarten ein positiver Imagetransfer verbunden ist. Es ist unsere Strategie, die Marke bet-at-home.com durch einen hohen Sponsoringanteil nah an die Fans zu bringen und sehr sympathisch zu machen.

In den letzten Jahren gab es im Tennis und in vielen anderen Sportarten einige Fälle der Wettmanipulation. Was kann bet-at-home.com unternehmen, um das zu unterbinden?

Wettmanipulation ist der falsche Ausdruck, da nicht Wetten manipuliert werden, sondern Spiele! Als Anbieter können wir unmittelbar nichts machen, weil die Manipulationen von den Akteuren ausgehen, die sich zum Betrug hinreißen lassen. Wir melden verdächtige Wetteingänge an die zuständigen Verbände. Da gibt es indirekt eine Zusammenarbeit mit Verbänden wie ATP, WTA oder UEFA. Neben dem Sport an sich sind wir als Wettanbieter die Leidtragenden, weil wir Summen auszahlen müssen, die betrügerisch ergaunert worden sind. Außerdem entsteht dadurch ein Imageschaden. Daher ist es sehr wichtig, dass die Verbände bei Wettbetrug rigoros vorgehen. Ich bin dafür, dass man die Akteure lebenslänglich sperren sollte, wenn Spielbetrug nachgewiesen wurde. Spielmanipulationen sind kein Kavaliersdelikt und gehören auch strafrechtlich verfolgt.

Hat der Sport generell ein Wettproblem?

Wetten hat eine hundertjährige Tradition. Pferdewetten zum Beispiel waren schon immer hoch angesehen in den höchsten gesellschaftlichen Schichten. Das Problem sind nicht die Wetten, sondern Manipulationen im Sport, wo das Ergebnis manipuliert wird, egal ob durch Doping oder durch Spielabsprachen. Da müssen starke Sanktionen gesetzt werden, um eine abschreckende Wirkung zu haben.

Tennis ist hinter Fußball die Weltsportart Nummer zwei. In Deutschland und Österreich wurde Wimbledon nicht im Free-TV gesendet. Kann es überhaupt einen Boom geben, wenn die mediale Präsenz in TV, Print und Online fehlt?

Es ist sehr wichtig, dass Tennis in Kanälen, die hohe Reichweiten erzielen, wieder öfter in Erscheinung tritt. Das kann man vor allem durch nationale Erfolge erreichen. Tennis ist die Weltsportart Nummer zwei, das muss man klar festhalten. Man muss auch den Medien und Sponsoren ins Bewusstsein rufen, was für einen Stellenwert Tennis als Breitensport hat. Die Nummer 20 im Tennis zu sein, ist für mich von der Leistung mindestens genauso viel wert wie ein Olympiasieg im Skispringen, wo es nur ein paar Tausend Aktive auf der Welt gibt. Da muss man auch die Relationen sehen, ohne die Leistung anderer Sportler schmälern zu wollen.

Bevor Sie auf die Sponsoren-Seite gewechselt sind, waren Sie einige Jahre Veranstalter und Turnierdirektor bei den ATP-Challengern in Nettingsdorf und Linz. Welche Aufgabe ist denn entspannter?

Beides hat seinen Reiz. Entspannter ist es als Sponsor, weil man auf der Geldgeberseite ist. Als Turnierveranstalter steht man immer vor der Frage, wie man das Turnier finanzieren kann. Das ist mit mehr Stress und Schwierigkeiten verbunden. Da ich nun beide Seiten kenne, kann ich mich bei den Verhandlungen mit Turnierveranstaltern sehr gut in deren Lage versetzen. Das hat auch große Vorteile. (Foto: GEPA pictures)

von Christian Albrecht Barschel

Samstag
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