Von einer Bank auf die andere – Clemens Trimmel und der „Sprung ins kalte Wasser“

Clemens Trimmel sitzt beim Davis Cup in Schweden nicht mehr auf Österreichs Bank, sondern auf der Kommentatoren-Bank.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 08.03.2015, 16:34 Uhr

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Im vergangenen Jahr war Clemens Trimmel noch (neben den Posten des ÖTV-Sportdirektors sowie -Fed-Cup-Captains) Österreichs Davis-Cup-Kapitän gewesen undStefan KoubekORF-Co-Kommentator – jetzt ist es genau umgekehrt. Im tennisnet.com-Interview äußerte sich der Wiener über diesen Rollentausch. Der für ihn ein „Sprung ins kalte Wasser“ war. Zumindest beinahe, denn vor knapp 20 Jahren hatte er schon mal ein Tennismatch im TV kommentiert…

Clemens, wie gut kannst du dich schon mit der Bezeichnung „ORF-Co-Kommentator“ anfreunden?

Die Bezeichnung ist mir nicht so wichtig. Ich habe mich mit dem ORF verständigt, dass ich zunächst mal beim Davis Cup den Co-Kommentator machen werde. Danach werden wir uns zusammensetzen und besprechen, inwiefern es für den ORF okay war – und es auch für mich okay war. Es ist auf jeden Fall eine spannende Aufgabe und eine interessante neue Erfahrung. Es hat mir bislang viel Spaß gemacht, und ich gehe davon aus, dass es das auch das restliche Wochenende tun wird.(lacht)

Wie ist es dazu gekommen?

Ich habe beim Ski-Nachtrennen in Schladming mit den ORF-Leuten geplaudert, mit Sportchef Hans Peter Trost, Niki Dragon und vor allem mit Oliver Polzer, den ich über die Jahre schon gut kennengelernt habe. Dabei ist das irgendwie zu einem Thema geworden, und er hat mich gefragt, ob mich das interessieren würde. Primär ist alles Weitere dann von Hans Peter Trost ausgegangen. Eine berechtigte Frage von ORF-Seite war natürlich, ob das für mich emotional okay ist.

Und auch wenn du das Davis-Cup-Team beim letzten Länderkampf ja noch betreut hast und das nun dein Co-Kommentator-Vorgänger Stefan Koubek macht, ist es offenbar für dich okay.

Ja, ist es. Es ging natürlich auch um den Rollentausch mit Stefan. Es ist ja schon skurril und lustig zugleich, dass ich mit ihm quasi die Bänke gewechselt habe. Aber ich habe mit Stefan gar kein Problem, ich wünsche ihm nur das Beste. Ich weiß, wie schwierig und zugleich auch schön der Job als Davis-Cup-Kapitän ist. So wie ich ihm nur das Beste wünsche, glaube ich auch, dass das umgekehrt so ist. Ich denke, das ist bei uns wirklich gegenseitig so. Ich kann mir jetzt schwer vorstellen, dass er mir möglichst viele Versprecher wünscht.(lacht)

Dass du mit Stefan die Rollen tauschen würdest, hättest du zu deinermit Jahresbeginn zu Ende gegangenen Zeit als ÖTV-Sportdirektor, -Davis-Cup-Kapitän und -Fed-Cup-Kapitänauch nicht gedacht, oder?

Jein. Ich dachte mir schon, dass sowas eine interessante Geschichte wäre. Aber in meiner Zeit beim Verband habe ich nicht wirklich dran gedacht. Es ist ja auch schwierig, das zu vereinen, über die eigenen Spieler zu reden. Das wäre auch zeitlich nicht gegangen, ich bin doch immer im Einsatz gewesen. Ich konnte mir das aber prinzipiell schon immer vorstellen, und es macht mir auch tatsächlich Spaß. Es ist natürlich nur eine Nebentätigkeit. Das wäre anders, wenn wir einen Sport-TV-Sender hätten, der täglich Tennis überträgt. So ist das auf ein paar Tage oder einzelne Wochen beschränkt.

Du hast ohne Zweifel im rhetorischen Bereich deine Stärken. Trotzdem hat deine neue Tätigkeit sicher auch einiges an Arbeit im Vorfeld erfordert, oder nicht?

Nein!(lacht)Es hat kein Training oder so gegeben, ich habe am Freitag einfach angefangen. Es war auch von ORF-Seite nicht groß geplant. Ich dachte auch, dass es vorher vielleicht ein Rhetoriktraining oder eine Sprachschulung geben würde. Ich habe mich lediglich vorher mit Oliver Polzer getroffen und ein paar Dinge besprochen. Abgesehen davon ist das ein Sprung ins kalte Wasser geworden. Aber eigentlich bin ich ja auch ein alter „Routinier“. Ich habe ja 1995 schon mal ein Match co-kommentiert.

Vor so langer Zeit?

(lacht)Ja, danke. Na ja, ich habe damals gemeinsam mit Franz Krynedl live aus der Wiener Stadthalle das Spiel vonMarkus HipflgegenMark Woodfordekommentiert. Markus und ich haben beide zum ersten Mal in Wien dank einer Hauptbewerbs-Wildcard mitgespielt. Er hat leider 3:6, 1:6 verloren, ich knapp gegen den SüdafrikanerMarcos Ondruska.

Wie ist es dir vor deinem ersten Auftritt vorm Mikrofon gegangen? Warst du nervös?

Nervös nicht. Ein bisschen angespannt vielleicht, aber das ist eine positive Anspannung. Man muss sich aber schon ziemlich konzentrieren, mehr als ich es gedacht hätte. Man ist natürlich bedacht darauf, da nicht einen kompletten Blödsinn zu reden, und man muss auch auf ein paar Kleinigkeiten aufpassen und sich an diese gewöhnen, etwa dass man bei Husten das Mikrofon wegschaltet. Es ist mit Oliver jedoch sehr angenehm. Wir plaudern einfach übers Geschehen, haben wir im Vorhinein ausgemacht, und so funktioniert es gut. Ich habe auch das angenehme Gefühl, wenn bei mir mal der Faden reißen würde, sitzt da jemand Routiniertes neben mir, der sofort übernehmen kann.

Wie ist das erste Feedback aus dem Freundes- und Bekanntenkreis ausgefallen?

Ich habe ein paar Nachrichten am Telefon gehabt, die meisten recht positiver Natur. Primär ist mir wichtig, was Oliver zu mir sagt, und das war prinzipiell positiv. Ich bin aber stets dankbar für Kritik und Feedback, sowohl negativ als auch positiv. Es ist ja noch etwas recht Neues für mich und ich will dazulernen. Ich habe aber das Gefühl, ich brauche mich mit dem Mikrofon nicht komplett verstellen und tue mir nicht so schwer, etwas so auszudrücken, dass es auch so rüberkommt, wie ich es meine.

Deine Trennung vom ÖTV ist jetzt über zwei Monate her. Was hast du seither gemacht?

Ich habe mal ein bisschen abgeschaltet und die Batterien wiederaufgeladen. Anfang Jänner ist die ganze Anspannung rausgekommen. Es hat mir gutgetan, mal ein bisserl runterzukommen, ehe ich wieder angreife. Ich habe etwas Neues, wozu ich jetzt noch nichts Näheres sagen will, und ich werde im April erneut anfangen, zu arbeiten. Bis dahin sind es also insgesamt drei ein wenig ruhigere Monate, das ist für mich ein idealer Zeitraum, um danach mit frischer Energie weiterzumachen.

Das Gespräch führte Manuel Wachta.

von tennisnet.com

Sonntag
08.03.2015, 16:34 Uhr