Drei unerwartete Stufen, um die Vorhand im Match zu verbessern

Die Vorhand sitzt im Training - und hakt im Match? Nach den Tipps von unserem Tennis-Insider hoffentlich nicht mehr!

von Marco Kühn
zuletzt bearbeitet: 13.06.2020, 11:57 Uhr

Rafael Nadal hatte mit Jan-Lennard Struff durchaus seine Probleme
© Getty Images
Rafael Nadal

Deine Trainingsleistungen waren verblüffend. Gute Länge im Schlag, hervorragende Kontrolle, wenig Fehler. Die technischen Abläufe passieren unterbewusst und du freust dich schon auf dein nächstes Turniermatch.

Mit ein wenig Nervosität betrittst du den Platz. Das Einspielen läuft noch flüssig von der Bespannung. Ein paar Fehler, hin und wieder mal ein zu kurzer Ball - aber sonst sitzt die Länge im Schlag. Doch sobald es um Punkte geht, scheinst du wie blockiert. Das, was dir vorgestern im Training noch locker gelungen ist, scheint in weiter Ferne. Du schubst deine im Verein eigentlich gefürchtete Vorhand, weil deine Nerven deinen Schlagarm fest unter Kontrolle haben.

Woran liegt das? Hast du innerhalb weniger Tage Tennis verlernt? Oder brauchst du einen guten Psychologen, der deine Nerven wieder festzurrt? Ich möchte dich an dieser Stelle beruhigen. Du brauchst weder mehr Trainerstunden noch einen teuren Psycho-Doc, der dich auf seiner Couch in Hypnose versetzt. Neben deiner Technik musst du auch im Kopf fit sein, damit du dich unter Wettbewerbsbedingungen an dein bestes Tennis herantasten kannst. In diesem Artikel möchte ich dir dazu drei simple Stufen mitgeben, die deine Leistung im Punktspiel schnell verbessern können.

Die Drei-Stufen-Theorie

Wir bleiben bei unserem Beispiel mit deiner Vorhand. Dies ist in vielen Fällen der stärkere Schlag, der leider im Turnier immer mal wieder hakt. Um diesen Haken zu lösen kannst du dich drei Stufen bedienen:

1) Denken
2) Fühlen (Emotionen)
3) Spielen (Performance)

Am Beispiel deiner Vorhand gehen wir diese drei Stufen nacheinander durch.

Stufe #1: Denken

Nervosität kann dich dazu bringen, fokussierter zu sein. Auf der anderen Seite kann sie dich aber auch komplett blockieren. In vielen Fällen rasen deine Gedanken bei hoher Nervosität nur so durch deinen Kopf. Deine Gedanken sind geprägt von Vorwürfen dir selbst gegenüber und von Vergleichen aus deinen Trainingsspielen.

Es ist wirklich erstaunlich, wie anfällig man als Tennisspieler für negative, runterziehende und pessimistische Gedanken ist. Dies ist dem Druck und der Wettbewerbssituation geschuldet. Auf dem Platz ist man allein verantwortlich. Dein Denken ist aber die Grundlage für deine Emotionen, für dein Gefühl auf dem Court. Wenn ausschließlich negative Gedanken zwischen den Ballwechseln in deinem Kopf kreisen, dann wirst du die Gefühle Vertrauen sowie Selbstbewusstsein nur sehr schwer anknipsen können.

Deine Vorhand spielst du dann im Match nicht mehr unbewusst hinten ins Eck. Dein Gefühl für diesen Schlag ist ganz anders als im Training. Dort hast du viel weniger nachgedacht.

Tipp: Sei fair zu dir selbst und passe deine Erwartungshaltung an. Verzeihe dir Fehler und akzeptiere gute Bälle deines Gegners. Wenn du zu dir sprichst, dann tue dies in motivierender und aufmunternder Form. So wirst du automatisch positiver denken.

Versuche dich in den Kopf von Rafael Nadal hineinzufuchsen. Wie spricht er zu sich? Wird er sich und seine Fähigkeiten schlecht reden? Oder baut er sich selbst auf und pusht sich? Du kennst die Antwort.

Stufe #2: Fühlen

Mit Zweifeln im Kopf lässt sich deine Vorhand nicht sicher und konstant spielen. Spätestens ab dem zweiten oder dritten Schlag im Ballwechsel wirst du hektisch und dein schlechtes Gefühl verstärkt sich nur noch.

Dann spürst du den Frust und die Wut in dir. Du sagst dir immer wieder, dass du doch viel besser spielen kannst. Doch dein Gefühl steht deinem Potential breitbeinig im Weg. Oft versuchen Spieler in diesen Situationen die Brechstange aus der Tasche zu holen. Diese führt aber dazu, dass meist noch schneller versucht wird im Ballwechsel auf den Punkt zu gehen. Diese Harakiri-Methode kann den einen oder anderen Winner hervorbringen. Aber die echtes Vertrauen in sich und seine spielerischen Fähigkeiten wird nicht gewonnen, weil das negative Gefühl bleibt.

Tipp: Wenn du dich sicherer bei deiner Vorhand fühlen möchtest, dann gehe zunächst über sichere Schläge, die du etwas höher über das Netz spielst. Du kannst dazu auch das Tempo deiner Vorhandschläge drosseln und mit mehr Spin agieren. Rafael Nadal praktiziert diesen Schritt regelmäßig in Perfektion, sobald er eine kleine Schwächephase hat oder er zu Begin eines Matches nervös ist.

Stufe #3: Spielen

Deine Leistung wird in den Stufen eins und zwei bestimmt. Wenn dein Denken und dein Fühlen negativ sind, dann wird auch deine Performance nicht zu deiner Zufriedenheit ausfallen. Du wirst kaum Kontrolle bei deiner Vorhand spüren. Deine Fehlerquote steigt und du wirst das Gefühl haben, dass das gegnerische Feld kleiner als ein Schachbrett ist.

In dieser Stufe versuchen viele Spieler ihre Technik zu optimieren. Sie wollen dann anders zum Ball stehen oder sie meinen, dass die Ausholbewegung nicht passt. In diesen Situationen wird aber in der letzten Stufe angesetzt. Das kann zu noch mehr Verwirrung sorgen. Das Denken kann noch angekratzter ausfallen und das Gefühl noch schwindelerregender werden.

Tipp: Wenn du spürst, dass kaum eine Vorhand ins Feld fliegt, dann setze bei Stufe eins an. Beruhige dich, indem du fair mit dir sprichst. Konzentriere dich mit deinem verbesserten Gefühl auf die Basics: Ball anschauen, kleine Schritte zum Ball und Treffpunkt vor dem Körper. Durch diese gedanklichen Abläufe verbessert sich dein Gefühl für die Vorhand und darauf aufbauend deine Performance.

Ich wünsche dir in deinem nächsten Match viele Vorhand-Winner und wenig Fehler.

Hier geht es zu unserem Tennis-Insider.

von Marco Kühn

Freitag
12.06.2020, 17:23 Uhr
zuletzt bearbeitet: 13.06.2020, 11:57 Uhr