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French-Open-Sensation Podoroska möchte noch nicht aufwachen

Mit ihrem Halbfinaleinzug hat die argentinische Qualifikantin Nadia Podoroska bei den French Open Geschichte geschrieben. Noch vor zweieinhalb Jahren konnte sie sich keine Turnierreisen mehr leisten, ihre Karriere stand schon vor dem Ende.

von SID
zuletzt bearbeitet: 08.10.2020, 10:11 Uhr

Nadia Podoroska schreibt in Paris Geschichte
© Getty Images
Nadia Podoroska schreibt in Paris Geschichte

Natürlich verspricht schon Nadia Podoroskas Geburtsort große Taten. Schließlich schwang sich Lionel Messi von Rosario aus zum Fußballkönig auf, auch der berühmte Revolutionär Che Guevara erblickte in der argentinischen Millionenstadt das Licht der Welt. Dass aber Tennisspielerin Podoroska einmal Historisches vollbringen sollte, darauf hatte nicht viel hingedeutet. Und doch hat sich die 23-Jährige mit ihrem Halbfinaleinzug bei den French Open in den Geschichtsbüchern ihrer Sportart verewigt.

Podoroska ist die Nummer 131 der Welt, kämpfte sich durch die Qualifikation von Roland Garros und gewann erstmals überhaupt ein Hauptrundenmatch bei einem Grand-Slam-Turnier. Dann aber bis ins Halbfinale vorzupreschen, das war in der Geschichte des Profitennis seit 1968 in Paris noch keiner Qualifikantin gelungen.

Ob sie sich deshalb mal kneifen müsse, wurde Podoroska nach ihrer Viertelfinal-Überraschung gegen die an Nummer drei gesetzte Elina Svitolina gefragt. "Nein", antwortete sie keck, "ich will noch nicht aufwachen."

Sensationshalbfinale gegen Swiatek

Die Traumreise im herbstlichen Paris soll auch im Halbfinale am Donnerstag gegen die 19 Jahre alte Polin Iga Swiatek, die ebenfalls nur die wenigsten dort erwartet hätten, noch nicht enden. Eine Qualifikantin im Finale hatte es in der Geschichte der vier größten Tennisturniere der Welt noch nie gegeben.

Dabei hatte noch vor über zwei Jahren rein gar nichts auf solch ein Märchen hingedeutet, ganz im Gegenteil: Podoroska hätte sich eine Reise nach Paris noch nicht einmal leisten können. Acht Monate war sie wegen einer Verletzung am rechten Handgelenk ausgefallen, die finanziellen Reserven gaben keine teuren Turniereisen mehr her. Das Karriereende war nicht mehr fern. "Ich hatte zu viele Verletzungen, bin im Ranking abgestürzt", sagte sie: "Das war die härteste Zeit."

Doch Podoroska kämpfte weiter und kehrte im März 2018 auf den Platz zurück, sie krempelte alles um und trennte sich von ihrem langjährigen Coach. Mittlerweile lebt sie im spanischen Alicante, und Geldsorgen muss sie sich spätestens jetzt keine mehr machen. Schon der Halbfinaleinzug spült ihr 425.000 Euro aufs Konto - in ihrer gesamten Karriere zuvor hatte sie knapp 260.000 Euro an Preisgeldern gewonnen. 

Alleine bei einem Sieg über Swiatek kämen nochmals fast 400.000 Euro obendrauf. Und auch in der Weltrangliste wird Podoroska einen gewaltigen Satz machen. Als Nummer 255 startete sie in das Jahr, nach den French Open wird sie in den Top 50 stehen.

Die argentinische Tennis-Ikone Gabriela Sabatini ist schon jetzt ganz aus dem Häuschen. "Danke, dass du weiterhin jubelst", schrieb die 50-Jährige bei Twitter an Podoroska gerichtet. Seit ihrem US-Open-Sieg 1990 über Steffi-Graf ist Sabatini die einzige argentinische Grand-Slam-Gewinnerin im Damen-Einzel. Schon am Samstag könnte sie Gesellschaft bekommen.

Hier das Einzel-Tableau der Frauen

von SID

Donnerstag
08.10.2020, 09:55 Uhr
zuletzt bearbeitet: 08.10.2020, 10:11 Uhr