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French Open: Sieben legendäre Endspiele bei den Frauen

Von Steffi Graf über Jennifer Capriati bis zu Jelena Ostapenko: Wir haben uns mal sieben Finali bei den French Open herausgesucht, die ganz besondere Dramen mit sich gebracht haben.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 04.06.2020, 09:23 Uhr

2017: Jelena Ostapenko schlägt Simona Halep
© GEPA Pictures
2017: Jelena Ostapenko schlägt Simona Halep

1988 - Steffi Graf vs. Natalia Zvereva 6:0, 6:0

Wie wirbt eine Schlägerfirma dieser Tage doch so treffend? „Blink - and you will miss it.“ Und tatsächlich: Wer an jenem Samstagnachmittag kurz geblinzelt hat, musste davon ausgehen, den Großteil des Endspiels der Frauen versäumt zu haben. Satte 32 Minuten dauerte die ganze Angelegenheit, dann hatte es Zvereva überstanden.

Was für ein Kontrast zum Jahr davor - auch da hatte sich Graf zwar durchgesetzt (und ihren allerersten Grand-Slam-Titel geholt), allerdings erst mit 8:6 im dritten Satz gegen Martina Navratilova. So geriet 1988 aber zu einer Saison, die ihresgleichen in der Tennisgeschichte sucht: Neben allen vier Majors gewann Steffi Graf auch noch die olympische Goldmedaille in Seoul. Und komplettierte damit den „Golden Slam“.

1999 - Steffi Graf vs. Martina Hingis 4:6, 7:5, 6:2

Ja, es einmal noch Steffi Graf in einem richtigen Drama, das nach dem letzten Ballwechsel noch gar nicht zu Ende war. Vielmehr musste Martina Hingis mit viel gutem Zureden dazu gebracht werden, zur Siegerehrung überhaupt wieder auf den Court Philippe-Chatrier zu kommen. Die Frustration der Schweizerin kam nicht von ungefähr: Zwei Jahre zuvor war sie als Favoritin in das Endspiel gegen Iva Majoli gegangen, ging beim 4:6 und 2:6 ohne Chance unter.

Gegen Graf sah es zu Beginn danach aus, als sollte Hingis endlich den letzten Grand-Slam-Titel holen, der in ihrer Sammlung noch fehlte. Stattdessen wurde es das letzte große Hurrah für Graf, die zuvor fast ein Jahr lang wegen einer Verletzung pausieren musste. Der 22. Major-Sieg war dann auch der letzte für die Gräfin - der Rücktritt der Deutschen folgte im Sommer 1999.

2000 - Mary Pierce vs. Conchita Martinez 6:2, 7:5

Die Liebe der Franzosen zu ihren einheimischen AthletInnen ist nicht bedingungslos. Hier und da möchten die Fans in Roland Garros dann doch ein Erfolgserlebnis mitnehmen. Und das bis dato letzte im Einzel bescherte ihnen eine Frau, die in Kanada zur Welt kam und einen US-amerikanischen Vater hat: Mary Pierce.

Die Besonderheit des Erfolgs von Pierce gegen Conchita Martinez bestand also weniger im blanken Ergebnis als in der Tatsache, dass die Lokalmatadorin, die in ihrer Karriere davor bei den Australian Open schon ein Major gewonnen hatte, dem Druck in Paris standhielt. Nachdem sie 1994 im Endspiel noch Arantxa Sanchez Vicario in zwei Sätzen unterlegen war. 2005 sollte Pierce noch einmal das Finale am Bois de Boulogne erreichen. Blieb gegen Justine Henin-Hardenne aber chancenlos.

2001 - Jennifer Capriati vs. Kim Clijsters 1:6, 6:4, 12:10

Die US-amerikanischen TennisspielerInnen und die French Open - das war nach dem letzten Erfolg von Chris Evert im Jahre 1986 keine innige Love Story. Und auch das Finale 2001 zwischen Capriati und Clijsters schien diesen Trend fortzusetzen. Die Belgierin holte sich den ersten Satz mit 6:1, in Heimspiel-Atmosphäre, wie es für Athleten aus den Benelux-Staaten in Roland Garros üblich war und ist.

Capriati aber, die 1991 im Alter von 15 Jahren bereits im Halbfinale von Wimbledon und der US Open gestanden war (und danach mehrere persönliche Krisen bewältigen musste), kam mit der Empfehlung des Sieges bei den Australian Open 2001 nach Paris. Und hatte im längsten Entscheidungssatz der French-Open-Geschichte das bessere Ende für sich.

2010 - Francesca Schiavone vs. Samantha Stosur 6:4, 7:6 (2)

Mit dieser Paarung war im Endspiel nicht zwingend zu rechnen - Francesca Schiavone war als Nummer 17 in das Turnier gegangen, Sam Stosur immerhin als Nummer sieben. Auf ihrem Weg ins Finale hatte die Australierin im Viertelfinale allerdings Serena Williams geschlagen, Schiavone in derselben Runde die an Position drei notierte Caroline Wozniacki.

Und so packte die Italienerin ihre erste große Chance auf einen Major-Titel beim Schopf (Stosur sollte dasselbe 2011 bei den US Open gelingen) und bestätigte im Jahr darauf mit dem erneuten Finaleinzug bei den French Open ihre Leistung von 2010. Zur Titelverteidigung reichte es gegen Li Na aber dann nicht.

2012 - Maria Sharapova vs. Sara Errani 6:3, 6:2

So unspektakulär das Ergebnis, so herausragend die Bedeutung dieses Endspiels für die Karriere von Maria Sharapova: Mit dem Erfolg gegen Errani komplettierte die Russin nämlich ihren ganz persönlichen Grand Slam, der mit dem Sieg in Wimbledon 2004 begonnen hatte. Am Ende war es Sharapova nur noch ein weiteres Mal vergönnt, ein Major als Siegerin zu verlassen: 2014 gewann sie das Endspiel in Roland Garros gegen Simona Halep in drei Sätzen.

Auf dem Weg zum ersten Triumph in Paris war Sharapova durch das gesamte Turnier gerauscht, musste lediglich gegen Klara Koukalova im Achtelfinale einen Satz abgeben. Ihre größte Widersacherin, Serena Williams, war bereits in Runde eins an Virginie Razzano aus Frankreich gescheitert.

2017 - Jelena Ostapenko vs. Simona Halep 4:6, 6:4, 6:3

20 Jahre nach Gustavo Kuerten bei den Männern gelang Jelena Ostapenko in Roland Garros das außergewöhnliche Kunststück, dass ihr erster Turniererfolg gleich zu einem Major-Titel führte. Und das mit einer Spielweise, die nur Vollgas kennt. Dass Ostapenko damit in der Lage war, sieben Matches in Folge zu gewinnen, erscheint Jahre später eigentlich noch unvorstellbar. Zumal auf der anderen Seite des Netzes mit Simona Halep eine Spielerin stand, die mit ihrer Routine als klare Favoritin in die Partie gegangen war.

Aber die Nerven hatten Halep einen Streich gespielt - wohl, weil die Rumänin bis zum damaligen Endspiel noch ohne Sieg bei einem der vier größten Turniere im Tennissport geblieben war (der erste sollte sich erst 2018 in Paris einstellen). Und so konnte Halep nach gewonnenem ersten Satz gegen Ostapenko Führungen mit Breaks im zweiten und im dritten Satz nicht zum Sieg verwerten. Und musste mitansehen, wie lettische Sportgeschichte geschrieben wurde.

von Jens Huiber

Donnerstag
04.06.2020, 12:30 Uhr
zuletzt bearbeitet: 04.06.2020, 09:23 Uhr