"Mira hat eine ungeheure Begeisterung"

Der Ex-Trainer von Stefan Koubek im exklusiven Interview über seinen Schützling Mira Antonitsch und vieles mehr.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 23.11.2011, 08:27 Uhr

Die tennisnet.com-Jugendserie, Teil 2: Ab sofort stellt tennisnet.com in einer Serie die hoffnungsvollsten österreichischen Nachwuchstalente vor und spricht mit Betreuern und Experten über die rot-weiß-roten Stars von morgen und die Arbeit im Jugendbereich.

Diesmal mit Günter Bresnik. Der Erfolgstrainer hat mit Mira Antonitsch neben vor allem Dominic Thiem ein weiteres hoffnungsvolles heimisches Talent unter seinen Fittichen. Im tennisnet.com-Interview spricht Bresnik über die tadellose Einstellung von Mira, über Eltern-Pflichten und Clemens Trimmel.

Mira meinte: "Es ist natürlich das größte Ziel von Jedem, die Nummer 1 der Welt zu werden - das will auch ich schaffen." Wie realistisch findest du das? Bringt sie die rein theoretischen Voraussetzungen dafür mit?

Mira bringt die Voraussetzungen auf jeden Fall mit. Sie ist eine ausgezeichnete Athletin und für ihr Alter technisch auch schon sehr gut ausgebildet. Darüber hinaus hat sie einen guten familiären Background, wo sowohl Vater als auch Mutter über professionelles Tennis-Know-how verfügen und ihre Tochter sowohl wirtschaftlich, als auch persönlich in allen Bereichen unterstützen.

Wo siehst du Miras Stärken im spielerischen Bereich und woran muss noch am meisten gefeilt werden?

Sie kann sowohl von der Vorhand- als auch von der Rückhandseite Tempo machen. Sie hat eine natürliche, ausgezeichnete Rückhand und mittlerweile auch eine gute Vorhand, die zwar noch nicht so solide, aber auch schon sehr gefährlich ist. Außerdem spielt sie einen sehr guten Slice, hat für ein Mädchen einen überdurchschnittlichen Volley und einen ausgeprägten Spieltrieb. Für uns als Trainer ist es die Aufgabe, diesen Spieltrieb nicht zu unterbinden, die richtige Mischung zu finden, damit das Überraschende bleibt, sie aber auch im Stande ist, den Ball viermal über das Netz zu spielen.

Welche Rolle spielt Alex im Tennisleben seiner Tochter? Ist er ein typischer Tennisvater oder lässt er das Trainerteam in Ruhe arbeiten?

Er ist sicher kein typischer Tennisvater, weil er weiß, wie schädlich es ist, wenn man zu viel reinredet. Er hat auch selbst die Erfahrungen im Sport gemacht und wird sicher weniger Fehler als andere Väter machen, weil er sich im Sport auskennt. Es werden ihm zwar auch Fehler passieren, aber sicher keine in den entscheidenden Fragen.

Hat Mira deiner Meinung nach wegen ihres bekannten Vaters mehr Druck als andere Spielerinnen?

Nein. Alex bremst eher die Erwartungen und es wird nichts von Mira erwartet, es wird ihr aber alles ermöglicht. Sie muss nicht auf Turniere fahren, sondern sie darf, wenn immer sie das möchte. Da wird nichts von außen gesteuert, sie hat selbst diese ungeheure Begeisterung fürs Tennis. Für einen Vater muss es manchmal sogar eine Tortur sein, wenn man zu einem Turnier fährt, das Kind verliert und bei der Rückfahrt mit Tränen in den Augen im Auto sitzt. Ich lasse meine Kinder selbst nicht Tennis spielen, aber Mira könnte man nicht vom Tennis abhalten, sie würde einen Weg finden, um zu spielen. Sich von Nichts und Niemanden von der Ausübung des Sports abbringen zu lassen, ist eine Qualität, die sich bei vielen großen Sportlern zeigt.

Mira ist eine von nur wenigen positiven Ausnahmen im U12- bzw. U14-Bereich. Warum gibt es in Österreich nicht mehr Talente in dieser Altersklasse? Wird hier im Verband schlecht gearbeitet oder gibt es andere Gründe?

Da muss man den Verband auch einmal aus der Kritik nehmen. Ich bin der Meinung, dass viele Talente gar nicht dazu kommen, ihr Talent voll auszuschöpfen, weil sie ihre Zeit vor dem Computer und dem Fernseher vergeuden, anstatt Sport zu betreiben. Die Schuld muss man hier eher bei den Eltern und Lehrern suchen. Ein gesunder Geist lebt in einem gesunden Körper! Man kann einem Kind die Ablenkungen nicht komplett verbieten, aber man muss dafür sorgen, dass es ausreichend Bewegung macht. Wenn es über genügend Ehrgeiz verfügt, dann ist es Aufgabe des Trainers, das Interesse soweit zu schüren, dass das Kind lieber Sport betreibt, als in den geschlossenen vier Wänden herumzulungern. Da sind Eltern, Lehrer und etwaige andere Erziehungsberechtige gefordert.

Der Verband kann aber Aktionen setzen, um schon die Jüngsten fürs Tennis zu begeistern...

Es wäre gut, wenn es Seitens der Verbände Anerkennungen oder Prämien für Clubs mit besonderen Erfolgen im Jugendbereich oder für Vereine mit mehreren Jugendmannschaften gäbe. Diese Leistungen sollte man in irgendeiner Form honorieren. Außerdem ist es Aufgabe des Verbandes, bei den Turnieren Kinder ähnlicher Leistungsklasse gegeneinander spielen zu lassen, um das Interesse zu schüren und nicht abzutöten.

Clemens Trimmel wird per 1. Jänner Sportdirektor und Davis-Cup-Kapitän. Wie stehst du seiner Bestellung gegenüber?

Ich kenne ihn seit ewigen Zeiten und halte sehr viel von ihm. Er ist ein intelligenter Bursche, der hoffentlich auch den Weitblick hat, um Strukturen nachhaltig und in die richtige Richtung zu verändern.

Eines seiner Hauptanliegen ist es, die Kommunikation im heimischen Tennis zu verbessern. Was sagst du dazu?

Spitzensportler werden nicht auf dem Reißbrett geplant, dazu gehört Ehrgeiz, viel Herzblut und besonders harte Arbeit. Sowohl von Seiten des Spielers als auch von Seiten des Betreuerteams. Da halte ich es mit Erich Kästner "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es".Durch bessere Kommunikation ist noch kein Spitzensportler entstanden.

Was hältst du von der von ihm angestrebten Internationalisierung der Südstadt?

Ich glaube, dass gerade im Nachwuchsbereich ein Österreicher den besseren Einblick in die heimische Szene haben wird, als ein russischer, chinesischer oder sonst ein internationaler Trainer. Prinzipiell ist es aber wichtig, dass gute, erfahrene Trainer mit den besten und aussichtsreichsten Spielern aus dem Nachwuchsbereich im österreichischen Tennis arbeiten - egal aus welchem Land sie kommen!

Ausländische Spieler als Trainingspartner nach Österreich zu holen, macht für mich ab 15 oder 16 Jahren Sinn. Wenn ich aber Spieler nach Österreich hole, müssen sie für die Leistungen und die Ausbildung auch zahlen. Im Optimalfall finanzieren sie damit sogar die Karriere eines österreichischen Spielers. Wenn dem nicht so ist und durch den ausländischen Spieler sogar Kosten entstehen, dann ist das Schwachsinn! Das Geld des österreichischen Verbands sollte ausschließlich den österreichischen Spielern zu Gute kommen.

Abschließend noch zu Zukunftshoffnung Babsi Haas, die künftig nicht mehr mit Helmut Fellner und Marco Zandomeneghi zusammenarbeiten wird . Deiner Meinung nach die richtige Entscheidung?

Ich war in der Türkei dabei und aus meiner Sicht waren Fellners Gründe für das Ende der Zusammenarbeit nachvollziehbar. Er hat sich sehr anständig verhalten und hat durch den Schlussstrich Babsi hoffentlich wieder Impulse für ihre Weiterentwicklung gegeben.

Wäre es denkbar, dass Babsi demnächst bei Günter Bresnik trainiert?

Es hat keine Anfragen gegeben und die Aufgabe würde mich auch nicht reizen. Ich habe mit der Familie Haas meine Erfahrungen gemacht (Anm.: Patricia Haas hat bei Günter Bresnik trainiert, ist mittlerweile aber beim NÖTV) . Ich weiß, wie sie an die Sachen herangehen und das deckt sich nicht mit meiner Arbeitsweise. Außerdem habe ich mit Mira eine sehr junge Spielerin mit sehr guten Aussichten, der ich zutraue, in einigen Jahren im österreichischen Damentennis das Heft in der Hand zu haben. (Foto: GEPA pictures)


Das Gespräch führte Bernt Baumgartner.

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23.11.2011, 08:27 Uhr