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ATP Hamburg European Open
Hamburg European Open 2021: Benoit cares - und die Regenjacke hätte zu Hause bleiben können
Die anderthalb Wochen der Hamburg European Open sind fast rum - was blieb hängen?
von Florian Goosmann aus Hamburg
zuletzt bearbeitet: 18.07.2021, 16:22 Uhr

© Hamburg European Open / Witters
- Die Zuschauerzahlen? Joa. Immerhin ist wieder was los, von offiziellen 600 zu Beginn des Damenturniers auf 3.600 beim Halbfinale der Herren (4.000 waren aufgrund der Coronabedingungen am Finalwochenende erlaubt). Das Stadion, das theoretisch 10.000 Fans fasst, wirkte vor allem bei den Damen viele Tage recht leer. Die Preise an den Wochenenden (Damenhalbfinals/Finals: 50 bis 120 Euro, Herrenhalbfinals/Finals: 59 bis 145 Euro) waren allerdings auch recht gesalzen.
- Dabei ist der Center Court, mit dem Stoffdach, schon ein Schmuckstückchen. Und alles drumrum nicht zu riesig, fein modernisiert, das Essen lecker und sogar bezahlbar. Schade, dass der Zugang zu den Trainingsplätzen geschlossen war, aufgrund der Corona-Situation aber freilich vernünftig.
- Wobei sich die Herren wohl kaum beschweren brauchten: Beim Damenturnier war deutlich weniger los, trotz deutscher Beteiligung im Halbfinale (Petkovic, Niemeier) und Finale (Petkovic). Problematisch hierbei: natürlich der Termin in der zweiten Wimbledonwoche und die entsprechend fehlenden Zugkräfte, mit Dayana Yastremska, Yulia Putintseva und Tamara Zidansek als Topgesetzte. Andererseits: Es war die erste Auflage seit 2002. Heißt: Daumen drücken, dass sich die kommenden Jahre wieder mehr tut, es wäre dem Turnier zu wünschen. Und das Hamburger Publikum ist ja eigentlich vom Fach.
- Schade, dass Stefanos Tsitsipas nur zwei Spiele im Einzel und eins im Doppel abgeliefert hat - der ist doch ein Charmeur. Und hatte, entgegen der Bedenken einiger Hamburger, durchaus große Lust zu gewinnen, so jedenfalls musste man seinen Frust im Match gegen Krajinovic verstehen. Und das "Moin Hamburg" nach seinem Auftaktsieg hatte ihn hier ohnehin schon zum Liebling werden lassen. Man ist geneigt zu rufen: "Junge, komm bald wieder!"
- Das Wetter in Hamburg hat so richtig keiner geglaubt. Sonne pur an den fast gesamten Turniertagen, den Satz „Wieso hab ich eigentlich eine Regenjacke/lange Hose mitgenommen?" hörte man fast täglich irgendwo. Es ist immerhin einer der Vorteile des Termins im Juli.
- Warum der Center Court zwingend und ständig als „Der Center Court der Welt“ bezeichnet werden muss, ist marketingtechnisch vielleicht schön angedacht, aber vielleicht doch etwas hoch gegriffen.
- Ach ja, Kompliment an den Stadion-DJ. Mit Musik ist‘s ja so eine Sache, die Geschmäcker sind leider verschieden. Die Auswahl in Hamburg war allerdings passend, von Eurodance und Culture Beat mit „Mr Vain“ über Lou Bega mit dem nach wie vor grandiosen „Mambo No.5“ bis hin zur Hamburger Dittsche-Band um Texas Lightning und dem immer noch so unterschätzten „No, No, Never“ war vieles dabei, das Spaß gemacht hat, ohne platt zu wirken. Musste erst mal hinkriegen.
- Schön, dass Benoit Paire wieder Bock auf Tennis hat. Man konnte die vergangenen Monate ob seiner teilweisen Arbeitsverweigerung und der Haltung der ATP, nicht mal ein Machtwort zu sprechen, durchaus böse auf ihn gewesen sein. In Hamburg hatte Paire große Lust, erklärte auch nach seinem Achtelfinalsieg, wie wichtig dieser fürs Selbstvertrauen war. Vier Matchbälle hatte er dann zum Halbfinale, den Frust am Ende, bei seiner Niederlage gegen Delbonis, als er einen Getränkebeutel wütend auf den Platz schmiss, nimmt man dann gerne hin. "Benoit cares", wie es auf Tennis-Twitter so schön hieß. Und das dann doch so andere Spiel des Franzosen ist fürs Tennis einfach eine große Bereicherung.
- Paire gewann übrigens erstmals seit Januar 2020 wieder zwei Matches am Stück. Seine Bilanz in 2021 nun: 4 Siege, 19 Niederlagen.
- Ein etwas irritierendes Gespräch mit einer netten älteren Dame in einer Bäckerei bleibt einfach hängen. „Früher war das noch was. Mit Michael Westphal. Da ist man noch zusammengekauert mit Regenjacke dagesessen. Das waren noch Zeiten.“ Sie erklärte es durchaus begeistert.
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