Interview Kevin Krawietz: "Neuen Herausforderungen stellen"

Für Kevin Krawietz und Andreas Mies hat sich nach dem French-Open-Sieg im Doppel einiges verändert. Krawietz spricht über die neue SItuation im Interview mit tennisnet.com.

von Robert M. Frank
zuletzt bearbeitet: 21.06.2019, 17:06 Uhr

Kevin Krawietz erklärt im Interview mit tennisnet.com die Erfolgsformel für den French-Open-Sieg zusammen mit Doppelpartner Andreas Mies. Der 27-jährige Münchner erläutert die neuen Rahmenbedingungen für das aktuell beste deutsche Doppelpärchen und spricht über die Konsequenzen für seine persönliche Einzelkarriere, die der Grandslam-Erfolg mit sich bringt. Zudem blickt der Bundesligaspieler des TC Großhesselohe gespannt auf ein mögliches Duell im Juli gegen Mies voraus.

Inwieweit haben Sie Ihren French-Open-Sieg nach ein paar Tagen Abstand mittlerweile eingeordnet?

Krawietz: Es ist immer noch schwierig, das alles zu realisieren. Bei meinem Flug am Samstag zum Turnier nach Halle konnte ich für eine gute Stunde entspannen und Musik hören. Dabei habe ich auch an Paris gedacht. Man hat lange davon geträumt, so einen Erfolg zu erreichen. Und jetzt ist er auf einmal da. Es wirkt alles noch ein bisschen unrealistisch.

Was war der Schlüssel zum Erfolg bei Roland Garros?

Krawietz: In den zwei Wochen in Paris gab es zwei bis drei Matches, wo wir richtig gut gespielt haben. Marach/Pavic in der dritten Runde geschlagen zu haben, war unglaublich. Wir haben im Verlauf des Turniers nie an den Titel gedacht. Es hat uns sehr geholfen, dass wir uns bis zum Finale nicht zu viel vorgenommen haben.

Und wie war es im Finale?

Krawietz: Wir wollten entspannt bleiben, um uns nach dem Finale auf gar keinen Fall vorwerfen lassen zu müssen, dass wir zu nervös gewesen wären. Es hat uns gut getan, dass wir vor den Spielen viel miteinander geredet haben. Wir hatten einfach Spaß und waren locker. Das war entscheidend. Bei den beiden Franzosen (die Endspielgegner Jeremy Chardy und Fabrice Martin; Anm. d. Red.) hat man gemerkt, dass sie extrem nervös waren. Wir waren zwar auch nervös, haben es aber besser verstecken können.

Wie wichtig ist es für Sie, mit einem Doppelpartner lange Zeit zusammengespielt zu haben wie es mit Andreas Mies seit 2017 der Fall ist?

Krawietz: Das ist schon sehr wichtig. Bei den acht ATP-Challenger-Turnieren und dem ATP-Turnier in New York, die ich zuvor zusammen mit Andi (Andreas Mies; Anm. d. Red.) gewonnen habe, hat sich eine gewisse Routine eingespielt. Das hilft einem extrem bei einem großen Turnier wie in Paris. Die Spielabläufe sind jedem klar. Das ist entscheidend in wichtigen Spielsituationen. Wenn man seinen Mitspieler gut kennt, weiß man zum Beispiel auch, wie man ihn aus einer schlechten Phase wieder raushelfen kann. Es hilft unheimlich viel, wenn man schon lange zusammengespielt hat und den anderen gut kennt.

Was bringt der Sieg für Sie persönlich mit?

Krawietz: Wovon man vorher immer geträumt hat, ist nun Wirklichkeit geworden. Diesen Erfolg kann einem keiner mehr nehmen. Es ist das Größte für einen Tennisspieler, so einen Titel zu holen. Rein aus sportlicher Sicht gesehen, sind wir jetzt bei jedem Turnier für das Hauptfeld qualifiziert und wir können uns die Teilnahmen aussuchen. Wir haben jetzt auf einmal ein Luxusproblem, dass wir uns über unseren gemeinsamen Turnierplan weniger Gedanken machen müssen.

Wie wollen Sie mit dem gestiegenen Erwartungsdruck umgehen?

Krawietz: Im Doppel liegt alles sehr eng zusammen. Es gibt so viele starke Teams. Natürlich erwartet der eine oder andere vielleicht, dass wir so erfolgreich weiterspielen wie bei den French Open. Wir müssen entspannt an die Sache rangehen und jedes Match neu beurteilen. Man fängt bei jedem Match immer wieder von null an und muss sich neuen Herausforderungen stellen. Wir versuchen, uns da nicht selbst zu viel Druck zu machen.

Wer ist dann Ihr Lieblings-Doppelpartner bei Ihrem Verein TC Großhesselohe?

Krawietz: Das ist schwer zu sagen, weil nicht klar ist, wer an welchem Termin spielen kann. Wenn der Olli (Großhesselohes Doppelspezialist Oliver Marach; Anm. d. Red.) mal am gleichen Spieltag da sein sollte, wäre es natürlich cool, mit ihm mal in der Bundesliga Doppel zu spielen. Olli ist ein extrem guter Doppelspieler und stand zuletzt lange Zeit in der ATP-Doppelweltrangliste unter den Top Ten.

Hatten Sie denn Mies schon einmal als Gegner?

Krawietz: Ja, wir haben bei einem ITF-Futures vor vier Jahren im Doppel mal gegeneinander gespielt. Da habe ich verloren. Bei einem Einzel bei der Deutschen Meisterschaft habe ich hingegen gewonnen.

Am 12. Juli könnte es ein weiteres Mal soweit sein: Da spielt Großhesselohe mit Krawietz in der Bundesliga gegen den Kölner TCH Stadion Rot-Weiß mit Mies…

Krawietz: Das ist das Final-Wochenende von Wimbledon, wo wir zusammen spielen. Entweder wir sind an diesem Spieltag beide da oder eben keiner (lacht). Wenn ja, ist die Chance relativ hoch, dass wir gegeneinander spielen. Das wäre interessant. Es würde mich auch mal interessieren, wie er auf der anderen Seite des Netzes so reagiert.

Was bedeutet der Doppelerfolg in Paris für Ihre Einzelkarriere?

Krawietz: Das mit dem Einzel hat sich jetzt ein bisschen erübrigt. Da stehe ich aktuell in der Weltrangliste an Nummer 280. Da wird es bei größeren Turnieren schwierig, in die Qualifikation reinzukommen. Der Plan lautet nun, voll auf Doppel zu setzen. Wenn ich hier und da mal in ein Einzelfeld reinrutsche, spiele ich auf jeden Fall mit. Ich habe schon Lust auf ein Einzel. Aber man muss klar sagen: Es war immer unser Ziel, im Doppel bei den größten Turnieren der ATP-Tour mitzuspielen. Das muss man jetzt auch mitnehmen. Ein großes ATP-Turnier auszulassen, nur um bei einem Challenger im Einzel zu spielen, kommt für mich aktuell weniger infrage.

Das Gespräch führte Robert M. Frank

von Robert M. Frank

Freitag
21.06.2019, 09:49 Uhr
zuletzt bearbeitet: 21.06.2019, 17:06 Uhr