Ivan Lendl wird 60 - Visionär, Champion, Trendsetter

Am morgigen Samstag feiert Ivan Lendl seinen 60. Geburtstag. Acht Majors konnte der Jubilar während seiner Karriere gewinnen - der Triumph im Tennis-Mekka Wimbledon blieb ihm aber versagt.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 06.03.2020, 15:19 Uhr

Ivan Lendl am Höhepunkt seiner Schaffenskraft
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Ivan Lendl am Höhepunkt seiner Schaffenskraft

Das Legionärskäppi bei den Australian Open? Die lange Trainingshose, mit der er in München bei fast winterlichen Temperaturen gespielt hat? Oder die Initialen, die ihm sein damaliger Ausrüster mit geometrischen Formen an die linke Brust geheftet hat? Ja, Ivan Lendl war auch modisch ein Trendsetter. In erster Linie aber auch derjenige, der nach dem Gefühlsspieler John McEnroe einen komplett anderen Ansatz in den Tennissport gebracht hat. Einen wissenschaftlich-professionellen nämlich.

Gerade McEnroe war es, der den gebürtigen Tschechen in jungen Jahre ja gequält hat. Weniger auf als neben dem Court, mit bissigen Bemerkungen in Richtung Lendls, die anno 2020 nicht mehr zeitgemäß wären. Und vielleicht schon damals, Anfang der 1980er, nicht zeitgemäß waren. Umso schöner muss das Gefühl gewesen sein, als Lendl 1984 in Roland Garros ausgerechnet gegen John McEnroe sein erstes Grand-Slam-Turnier gewann. Und das nach 0:2-Satzrückstand. Wie sehr diese Niederlage an McEnroe noch Jahre später nagte, bekannte der US-Amerikaner in seiner Biographie.

An Becker und Cash gescheitert

Insgesamt sind es acht Majors geworden für Ivan Lendl, der am morgigen Samstag seinen 60. Geburtstag feiert. Er hat in Melbourne triumphiert, in Paris und auch in New York City, von 1985 bis 1987 drei Mal in Serie. Verwehrt blieb ihm aber sein größter Wunsch: Der Triumph in Wimbledon. Zweimal hat es Lendl dort ins Endspiel geschafft, 1986 und 1987. Zweimal ist er gescheitert - zunächst an Boris Becker (gegen den er auch 1989 verlor), ein Jahr später an Pat Cash. Sehr zum Gaudium der meisten Fans und vor allem der englischen Tabloids, die vor dem Finale gegen den Australier ihre Leser gefragt hatten, was sie denn präferieren würden: „Cash or Czech“?

270 Wochen lang hat Ivan Lendl die Tenniswelt regiert - 100 Wochen länger als sein großer Rivale John McEnroe. 94 Einzel-Titel sind in der Schlussbilanz vermerkt, die letzten drei hat Lendl schon unter US-amerikanischer Flagge geholt. Dort hat sich Lendl früh zuhause gefühlt, das Nobel-Örtchen Greenwich im Bundesstaat Connecticut auch interessierten Europäern zu einem Begriff gemacht. Ebenso wie den Golfsport als Ausgleichsdisziplin, die zweite große Leidenschaft neben seinen Schäferhunden abseits vom Tennis.
Lendls größte Waffen waren sein Aufschlag, die Vorhand - und seine Fitness. Er hat die Diät nach Dr. Haas („Eat to win“) bekannt gemacht, auf der ATP-Tour aber nur wenige Nachahmer dafür gefunden.

Neben seinen spielerischen Spuren hinterließ er auf den Center Courts auch physische: Auf Hartplätzen hatten die Ballkinder bei Lendls Auftritten stets einen Besen zur Hand, die das Sägemehl, dass Lendl zum Trocknen seines Schlägergriffs verwendete, wieder auflesen halfen.

Der trockene Humor des Ivan Lendl

Gewollt oder nicht begründete Lendl nach seiner Karriere auch gleich noch einen ganz eigenen Berufszweig: den des „Super Coaches“. Zwar hatten sich schon vor Ivan Lendl ehemalige Top-Profis als Trainer der nachfolgenden Generation versucht, letztlich war es dann aber Andy Murrays Entscheidung, es mit Lendl zu versuchen (und umgekehrt), die eine ganz neue Aufmerksamkeit in die Trainerboxen brachte. Mit seinem prominenten Übungsleiter feierte Murray seine größten Erfolge, die Zusammenarbeit mit Alexander Zverev anno 2019 fiel dagegen eher kurz aus - und endete mit einem transatlantischen, fernmündlichen Zerwürfnis.

Gerade in der Zeit mit Murray zeigte Ivan Lendl aber auch eine Qualität, die den Fans während seiner aktiven Karriere verborgen geblieben war: seinen trockenen Humor. Sei es am Rande von Trainingsessions mit seinen Spielern, sei es bei Schaukämpfen wie etwa in Halle/Westfalen. Ob Lendl in seinem siebten Lebensjahrzehnt noch einmal in den Tenniszirkus zurückkommt, weiß wohl nur er selbst. Zu wünschen wäre es.

von Jens Huiber

Freitag
06.03.2020, 13:44 Uhr
zuletzt bearbeitet: 06.03.2020, 15:19 Uhr