Bresnik trauert Thiem-Turniersieg nach

Das Finale in Antalya habe er aber eigentlich schon zwei Tage davor verloren, meint der Coach des 18-jährigen Niederösterreichers im Interview.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 13.11.2011, 21:27 Uhr

Mit seinen Schützlingen Riccardo Bellotti, Dominic Thiem, Dennis Novak und Rudolf Kurz war Günter Bresnik zu zwei Turnieren im türkischen Badeort Antalya aufgebrochen. Die Ausbeute: für Bellotti zwei Viertelfinals, für Thiem einAchtelfinale nach 5:1-Führung im dritten Satzund am Sonntag einFinale, das trotz 6:3, 3:0 gegen den Deutschen Stefan Seifert verloren ging. tennisnet.com sprach nach Thiems Future-Endspiel-Premiere mit Bresnik, der Österreichs größte Nachwuchshoffnung liebevoll als „der Kleine“ bezeichnet, über die bittere Niederlage, das bevorstehende Heimturnier in Salzburg und damit verbundene körperliche Probleme. Und warum Bresnik sich als Komiker sieht und zum Punkterechner geworden ist? Das alles und noch mehr im exklusiven Interview mit tennisnet.com.

Günter, es hat für deinen Schützling Dominic Thiem knapp noch nicht mit dem ersten Future-Titel geklappt. Was hat das Finale aus deiner Sicht entschieden?

Der Kleine war sicher müde, und zwar von Anfang an. Er hat trotzdem von Beginn weg sehr, sehr gut gespielt, es ist ziemlich zu seinen Gunsten gelaufen.

Aber leider offenbar nur bis 3:0 im zweiten Satz…

Ja, da hat er ein Aufschlagspiel von Seifert meiner Meinung nach zu schnell durchlaufen lassen und dann ein schnelles Break mit vier unnötigen Fehlern kassiert. Beim Game zum 4:3 hat er noch ein 0/40 aufgeholt, aber trotzdem in den dritten Satz müssen. Für mich hat er dort von der Grundlinie sogar am besten gespielt, aber immer nur phasenweise, er hat nicht über zwei Sätze hinweg zu gutem Spiel gefunden und für seine Verhältnisse nicht gut serviert. Vor allem aber ist er sieben Matches in sieben Tagen einfach nicht gewohnt.

Du hast schon nach dem Viertelfinale befürchtet, dass es körperlich zu viel sein könnte.

Ja, das Viertelfinale war eben ein sehr hartes Match, davon hat er sich auch nicht mehr ganz erholt. Er hat das Turnier schon im Viertelfinale verloren. Da hatte er 6:2, 2:0, hat’s nicht fertiggespielt und eine körperliche Überleistung vollbracht. Dahinter steckt natürlich keine Absicht, das sind einfach Dinge, die er noch nicht kann, dass er über ein ganzes Match hinweg eine solide Leistung bringt.

Fehlt in den entscheidenden Phasen auch noch ein bisschen die Coolness?

Nein, das sieht man auch daran, wie er spielt, wenn er hinten ist, er neue Luft bekommt und richtig Gas gibt. Man hat trotzdem gesehen, dass er’s vor allem körperlich einfach noch nicht verkraftet. Und Seifert ist ein guter Spieler, das muss man ihm zu Gute halten, der ist auch für die Challenger-Ebene gut und für mich darüber hinaus sehr sympathisch.

Woher kommt dieser Eindruck?

Immer, wenn der Kleine einen guten Punkt gespielt hat, hat Seifert zu ihm hinübergerufen „super“. Und nach dem Match ist er zu mir hergekommen und hat gesagt „Gratuliere, passen Sie auf den Jungen gut auf.“ Ich glaube, er hat gewusst, dass nicht er die Partie gewonnen hat, sondern dass der Kleine nicht imstande war, sie zu gewinnen.

Wie stark ist denn jetzt der schale Beigeschmack von zwei aus der Hand gegebenen Partien bei den beiden Turnieren in der Türkei?

Das ist bitter. Ich bin mittlerweile zum Punkterechner geworden, jeder verlorene Punkt tut richtig weh. Weil es ohnehin so schwer ist, in der Weltrangliste nach oben zu kommen. Aber ich kann nur betonen: Der ist 18 Jahre, für sein Alter hat er viel Erfolg gehabt, in letzter Zeit auch einige ATP-Punkte gemacht. Nur wenn ich ihm bewusst mache, dass man über 250 Punkte allein für die ersten 200 in der Welt braucht, um überhaupt mal Quali zu spielen für das, wo er eigentlich hin möchte, dann weiß er, dass jeder verlorene Punkt das verzögert.

Wie hat er die Niederlage sonst so weggesteckt?

Er hat das gut verkraftet. Auch wenn’s nach außen vielleicht nicht so gewirkt hat, er war müde. Das merkt man umso mehr dann beim Ausschlagen, wenn Beine und Arme richtig schwer sind. Das hat ihn natürlich im Spiel beeinträchtigt. Er war aber nicht enttäuscht, er hat ja gut gespielt. Mir tut’s nur weh, dass es nicht gereicht hat – ihm sicher auch.

In Summe fällt die Türkei-Bilanz trotzdem positiv aus, oder?

Es wäre vermessen, sich über ein Finale zu beschweren. Insgesamt war’s aber enttäuschend. Dennis Novak hat in der Quali gegen „Domi“ gespielt, er hätte sonst wohl viele hier schlagen können. Riccardo Bellotti hat bei beiden Turnieren unter seinen Möglichkeiten gespielt und Rudi Kurz war nicht gerade vom Auslosungsglück begünstigt. Das Glas ist also nur einerseits halb voll, andererseits halb leer.

Im Fall von Dominic wohl eher halb voll. Glaubst du, dass ihm derSieg über Thomas Muster beim ATP-Turnier in der Wiener Stadthalleimmer noch viel Auftrieb gibt?

Das glaub ich nicht. Und wie Muster über ihn sagt: Er ist ein vielversprechendes Talent, das erst mal die Erwartungen erfüllen muss. Er hat das Zeug dazu, das hat er wieder gezeigt, aber er hat’s nicht ganz durchgebracht. Er ist damit selbst nicht glücklich, es gibt eben noch viel zu verbessern und zu lernen. Wichtig ist, dass er sieht und lernt und sich dann zum Beispiel nicht mehr auf Spielerbeschreibungen von Anderen verlassen muss. Es ist alles gut und schön, aber die Konstanz fehlt noch, das hat man nicht nur heute wieder gesehen.

Wann, schätzt du, wird der erste Future-Titel nachgeholt?

Das weiß man nicht. Das war eine vergebene Chance. Wann sich die wieder bietet, weiß nur Gott!(schmunzelt)

Die nächste Chance, sich auf höherer Ebene zu beweisen, gibt’s schon ab Dienstag beim Salzburg-Challenger. Was kann man sich da jetzt von ihm erwarten?

Es wäre eine gute Gelegenheit, sich von seiner besten Seite zu zeigen. Leider ist er halt erst am Montagabend in Wien und Dienstagabend muss er in Salzburg schon spielen. Er wird am Montag erst um etwa 22 Uhr in Salzburg sein, dann erst mal schlafen und hoffentlich in der Früh noch eine Stunde trainieren können – das sind die Vorzeichen. Aber wir sind trotzdem dankbar für die Wildcard, da kann man wohl nicht auch noch groß Forderungen stellen, an welchem Tag man gerne spielen würde.

Wie kann man ihn körperlich bis da denn hinbekommen? Was kann man machen?

Er hat nach dem Viertelfinale in Antalya nix gemacht, gestern nix gemacht, er war nur ein bisschen in der Kraftkammer und Radfahren, heute war er wieder ausradeln. Montag geht’s um 7 Uhr vom Hotel weg, dann kann er erst mal fünf Stunden am Flughafen und im Flugzeug herumsitzen, um etwa 15 Uhr ist er in Wien, eine Stunde später zuhause, dann fahrt er drei Stunden nach Salzburg, dazwischen muss er auch noch was essen. Die Zeit bis Dienstag ist nur ein von einem Fleck zum anderen, ein rein logistisches Problem. Da lässt sich bis dahin nichts machen.

Die Auslosung ist auch nicht die leichteste:Mit dem Polen Jerzy Janowicz wartet zum Auftakt gleich der Vorjahresfinalist…

Das wäre eine interessante Partie gewesen, aber unter den Vorzeichen wird das sicher sehr schwer, das muss man klipp und klar sagen. Es fährt bis dahin fast nur von einer Anlage auf die andere, das wird dann wahrscheinlich zu viel verlangt sein, Janowicz zu schlagen, zumal der ein guter Spieler ist.

Wie gut kennst du Janowicz?

Ich hab ihn in der Wien-Quali gesehen, wo er gegen einen Belgier(Maxime Authom, Anm.)verloren hat. Der ist ein Riese, fast zwei Meter groß, serviert wie ein Ochse. Das ist so und so eine schwere Auslosung, unter diesen Voraussetzungen ganz besonders.

Wie geht’s nach Salzburg weiter? Folgt schon die geplante Reise nach Übersee?

Ja. Sobald das Turnier für ihn beendet ist, fliegt er nach Mexiko zum Yucatan Cup, den er im Vorjahr gewonnen hat. Gleich darauf spielt er in den USA die Eddie Herr International Junior Tennis Championships in Bradenton und dann die Orange Bowl in Key Biscayne.

Welche Bedeutung misst du den letzten Jugendturnieren von ihm noch bei?

Ich bin ein Komiker, weil ich selbst Trainingssätzen Bedeutung beimesse. Es ist wichtig, dass er lernt, so Tennis zu spielen, wie es sich für sein Tennis auch gehört – von der Technik über die Taktik bis hin zum Verhalten, da gibt es durchwegs Verbesserungsmöglichkeiten. Diese Sachen gilt es bei jedem Turnier zu verbessern.

Welche Fortschritte hast du diesbezüglich zuletzt in der Türkei beobachten können?

Ich hab hier wieder ein paar Sachen gesehen. Der zweite Aufschlag ist zum Beispiel etwas besser geworden, den hat er auch viel geübt. Man muss ihn auch viel bei Spielern mit guten zweiten Aufschlägen returnieren lassen, auch da hat er sich verbessert. So gesehen kann man zufrieden sein. Aber es muss alles noch mehr und noch besser werden.  Ich nehme ihn nicht aus der Schuld. Man braucht jedoch nicht glauben, dass er nach dem verlorenen Finale gar mürrisch war, er nimmt das auf, was man ihm sagt. Er verfügt über eine hohe Spielintelligenz und lechzt nach Kritik. Er möchte ganz genau wissen, was er meines Erachtens richtig und falsch gemacht hat. Er möchte beides hören – und er kommt auch bei beidem nicht zu kurz.(Foto: GEPA pictures/ Hans Osterauer)

Das Gespräch führte Manuel Wachta.

von tennisnet.com

Sonntag
13.11.2011, 21:27 Uhr