Laver Cup: Der große Verlierer ist die ITF

Um den Erfolg des Laver Cups vorantzutreiben, haben die Veranstalter um Roger Federer mit der ATP einen Pakt geschlossen. Verlierer ist dabei der Tennis-Weltverband.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 23.09.2019, 15:51 Uhr

Der große Gewinner indes: der Herr in Weiß
© Getty Images
Der große Gewinner indes: der Herr in Weiß

Es war am Sonntag, als einer der Kommentatoren beim Laver Cup die Ansicht vertrat, manch einer der Spieler hinterlasse auf dem Centre Court des Genfer Messegeländes den Eindruck, ein Sieg hier bedeute ihm so viel wie ein Grand Slam-Triumph. Es war allerdings auch der Moment, wo man selbst das Gefühl hatte: Es ist jetzt buchstäblich zu viel des Guten, der Belobigungen und des allgemeinen Schulterklopfens. Denn der Laver Cup brauchte diese Überhöhung gar nicht, er braucht auch keine Vergleiche mit dem Ryder Cup oder dem Davis Cup. Er ist eine singuläre, beispiellose Veranstaltung in der Tenniswelt, die vor allem eine Aufgabe hat: Aufmerksamkeit für den Sport zu wecken, eine Leuchtturm-Funktion auszuüben, den Tennissport und die meisten seiner aktuellen Größen in einer rauschenden Show zu feiern.

Es ist schlicht vermessen, anzunehmen, dass einem der Teilnehmer ein Sieg beim Laver Cup auf absehbare Zeit mehr bedeuten könnte als ein Sieg in Wimbledon oder bei den US Open. Natürlich berufen sich die Veranstalter darauf, von Teilen des Tennisestablishments sanktioniert zu sein, aber bisher ist die Veranstaltung vor allem ein überwiegend privat produziertes Einladungsturnier, das manchen an die All Star-Games der amerikanischen Profiligen erinnert. Im besten Falle sollte der Laver Cup Lust und Laune machen, auch demnächst hin und wieder zu anderen Tennisveranstaltungen zu gehen und sich selbst oder den eigenen Nachwuchs zum Tennisspielen zu animieren.

Federer wird beim ATP Cup aufschlagen

Nicht ganz vergessen werden sollte, dass der Laver Cup Teil eines knallharten Verdrängungs- und Konkurrenzwettbewerbes innerhalb des Welttennis ist. Die ATP und der Laver Cup haben mehr oder minder klammheimlich einen Pakt geschlossen, der zumindest diesen Verbündeten großen Nutzen bringt. Deutlich wird das an der Person, die den Laver Cup wie keiner zweiter personifiziert und repräsentiert – Roger Federer. Federer und sein Manager Tony Godsick haben den Event mitten in den Jahreskalender der Tour eingepflanzt, aber ein Aufschrei der ATP ist ausgeblieben – obwohl zeitgleich etwa in diesem Jahr die ATP-Turniere in Metz und St. Petersburg stattfinden. Federer und Godsick zeigen sich im Gegenzug erkenntlich, denn zur Premiere des neuen ATP-Cup in der Saison 2020 wird der Maestro in Australien aufschlagen. Dass der bis dahin beliebte Hopman Cup ersatzlos gestrichen wurde, wird als Kollateralschaden von allen Beteiligten hingenommen.

Der Verlierer in dem großen Machtspiel ist und bleibt die ITF, der Internationale Tennis-Verband, aus vielerlei Gründen. Der neue Davis Cup, ausgetragen als Wochenturnier im November, wird zerrieben von den anderen Großveranstaltungen, er hat von Beginn an mit einem Image-, mehr aber noch mit einem Terminproblem zu kämpfen. Schließlich findet er noch nach den Londoner ATP-Finals statt, am äußersten Ende einer strapaziösen Saison. Man darf gespannt sein, wer am Ende bei dieser Veranstaltung aufschlagen wird, die kürzlich von Ion Tiriac heftig kritisiert wurde. Roger Federer jedenfalls wird es nicht sein, der dort mitwirkt, er spielt stattdessen eine Schaukampfserie in Südamerika. Nadal und Djokovic haben ihr Kommen zugesagt, man wird sehen, ob es dabei bleibt. Gerade bei Nadal ist angesichts der Verletzungshäufigkeit zum Ende der Saison eine gewisse Skepsis angebracht.

Zverev gegen Raonic jetzt mit ausgeglichener Bilanz

Die ITF hat bei alledem auch mit einer internen Zerrissenheit zu kämpfen. Darauf hat der Schweizer ITF-Vize Rene Stammbach recht offenherzig am Rande des Laver Cup in einem Interview der Neuen Zürcher Zeitung hingewiesen. Die Probleme rund um die verschiedenen Großevents hätten nämlich damit begonnen, dass zwei der vier Grand Slam-Verbände, Australien und die USA, ausgeschert seien und nun als Unterstützer bzw. Mitveranstalter beim Laver Cup aufträten. Man gebe im öffentlichen Auftritt eine „jämmerliche Figur“ ab, so Stammbach. Das kann man dann auch einfach mal so stehen lassen.

Noch dies: Dass die ATP bei ihren offiziellen Head-to-Head-Statistiken künftig auch den Laver Cup einfließen lassen will (anders als zuvor beim Hopman Cup), ist alles andere als seriös. Unter anderem deswegen, weil die Spiele des Laver Cup nach anderen Regularien stattfinden, mit einem Match-Tiebreak im dritten Entscheidungssatz im Einzel. Wer den Vergleich Zverev gegen Raonic abfragt, erhält jetzt eine 2:2-Wertung, mit dem soeben aufgenommenen Match aus Genf, das mit 10:4 im Match-Tiebreak entschieden wurde. Es ist ein irritierendes Detail, aber es zeigt, dass aus dem Laver Cup unnötiger Weise mehr gemacht werden soll als er ist.

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von Jörg Allmeroth

Montag
23.09.2019, 16:35 Uhr
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