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Legendäre Endspiele in Wien: 1986 - Brad Gilbert düpiert Karel Novacek

Am kommenden Montag beginnen in der Wiener Stadthalle die Erste Bank Open 2021. Wir blicken zurück auf ein paar Finali, die sich in die Erinnerung der Tennisfans eingeprägt haben. Wie jenes von Brad Gilbert gegen Karl Novacek.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 21.10.2021, 08:11 Uhr

So what? Brad Gilbert hat immer alle Mittel ausgeschöpft
© Getty Images
So what? Brad Gilbert hat immer alle Mittel ausgeschöpft

Was wäre wohl gewesen, wenn unsere Welt 1986 bereits die Segnungen der Digitalisierung erfahren hätte? Und wer hätte damals den Brad Gilbert gegeben, der auf Twitter ein mindestens sehr kritischer Beobachter der Tennisszene ist? Nun, der Shitstorm in der Tennisgemeinde wäre schon während des Endspiels in Wien zwischen eben jenem Gilbert und Karel Novacek ausgebrochen. Denn zu sehen gab es ganz großes Theater. Von Seiten des US-Amerikaners, der am Ende mit 3:6, 6:3, 7:5 und 6:0 gewann.

Ja, es waren glorreiche Zeiten, als die Finali in der Stadthalle noch im Best-of-Five-Format ausgetragen wurden (letztmals übrigens 2006, als Ivan Ljubicic im Titelmatch Fernando Gonzalez besiegte). 1986 aber durfte man spätestens zu Beginn des dritten Durchgangs davon ausgehen, dass sich die Fans mit einem Abbruchsieger Novacek zufrieden geben mussten. Denn Gilbert schleppte sich über den Court, zog ein Bein bemitleidenswert hinter sich her, die Rettungskräfte waren alarmiert. Allerdings nur zwischen den Ballwechsel.

Brad Gilbert zieht alle Register

War die Kugel erst einmal im Spiel, dann bekam Gilbert die zweite Luft. Und Novacek das Nervenflattern. Der Tscheche stand damals noch am Anfang seiner letztlich formidablen Karriere, hatte im Sommer 1986 den Titel in Washington geholt. Mit dem Verhalten von Gilbert kam Novacek aber nicht zurecht. Ob die Niederlage von Wien dazu führte, dass Novacek seinen nächsten Turniersieg erst zweieinhalb Jahre später feierte, ist natürlich nur Spekulation.

Gilbert dagegen zog in diesem Match all jene Register, die er in seinem Buch „Winning Ugly“ zu einem Almanach des schlechten, aber erfolgsbringenden Verhalten in einem professionellen Tennismatch verarbeitete. Für ihn war der Sieg in der Stadthalle Championat Nummer zehn, genau die Hälfte seiner finalen Karrierebilanz.

Novacek gewinnt in Kitzbühel

Andererseits: Mit seinem Erfolg hatte Gilbert die Entscheidung der Veranstalter, ihn mit einer Wildcard starten zu lassen, im Nachhinein gerechtfertigt. Gilbert begann als Nummer eins gesetzt mit einem souveränen Sieg gegen Patrik Kühnen, auch gegen Peter Elter gab er nur vier Spiele ab. Das Viertelfinale gegen seinen Landsmann Richard Matuszewski geriet dann etwas haarig, Gilbert gewann den dritten Satz mit 7:5. In der Vorschlussrunde ließ er dann Jonas Svensson, der in Runde zwei Lokalmatador Thomas Muster verabschiedet hatte, keine Chance.

Novacek wiederum war ungesetzt in das Turnier gegangen, hatte im Viertel- gegen Michael Westphal wie im Halbfinale gegen Jan Gunnarsson jeweils die volle Distanz zu gehen. Was man ihm im Finale gegen Gilbert aber körperlich nicht anmerkte. Mit der österreichischen Turnierlandschaft hat sich Karel Novacek ein paar Jahre später aber versöhnt: 1991 holte er den Titel in Kitzbühel.

von Jens Huiber

Freitag
22.10.2021, 08:10 Uhr
zuletzt bearbeitet: 21.10.2021, 08:11 Uhr