"Mein Ziel: ATP Top Ten!"

Nach dem fünften ITF-Turniersieg, noch dazu erstmals in der Kategorie 1: Der 17-jährige Dennis Novak im tennisnet.com-Interview über große Pläne, diskussionswürdige ÖTV-Förderungen und physische Mankos.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 19.07.2011, 08:15 Uhr

Gratuliere, Dennis. Wie fühlt man sich als frischgebackener Linz-Sieger?

Super! Vor allem, weil's der bisher größte Erfolg in meiner Karriere ist. In Österreich mal so ein großes Turnier zu gewinnen, das ist ein richtig gutes Gefühl.

Bis zum Endspiel war's ja ein echter Durchmarsch...

Ja, bis dahin war's super. Das hätte ich mir auch nicht so leicht vorgestellt. Aber ich hab gewusst, wenn ich gut spiele und meine Leistung bringe, kann ich weit kommen.

Das Finale war dann eine weitaus engere Angelegenheit, oder?

Ja. Ich hab im ersten Satz das Break zum 3:2 gemacht, bei 5:4 das Rebreak gekriegt und dann noch ein unglückliches Break. Im zweiten Satz hat ein echt gutes Returnspiel bei 4:4 für mich entschieden. Und im dritten Satz hab ich gleich im ersten Game ein Break geschafft und zum Schluss noch eines. Insgesamt haben wir etwa 2:45 Stunden gekämpft.

War's unangenehm, ausgerechnet gegen einen Landsmann um so einen großen Titel in der Heimat zu spielen?

Nein, das war mir egal. So was macht mir nichts. Ich hab außerdem letztes Jahr schon mal gegen Dominic Thiem im Finale von Yucatan gespielt, ich kenne so eine Situation bereits.

Hättest du diesen Turniersieg vorher erwartet? Hat sich das irgendwie abgezeichnet?

Na ja, ich hab davor auf Rasen richtig gut gespielt, auch in Wimbledon. Da hab ich schon gewusst, dass ich auch auf Sand sicher ein großes Turnier gewinnen kann. Ich hab in Berlin zwar noch in der zweiten Runde verloren, aber davor hatte ich nur ein, zwei Tage auf Sand. Die zweite Runde dort war richtig schlecht.

Das hast du schnell vergessen gemacht.

Ja, ich hab dann jeden Tag dort trainiert und den Doppelbewerb gespielt, den ich letztendlich gewonnen hab. Ich bin richtig gut reingekommen. Und nach den ersten zwei Runden in Linz hatte ich ein gutes Gefühl und hab mir gedacht, dass ich das gewinnen kann.

Dein Hauptziel war ja schon mit dem Viertelfinale erreicht: die Qualifikation für den Hauptbewerb der US Open. Ist damit der ganze Druck, den du dir gemacht hast, abgefallen?

Ich glaube schon, ich hab danach sicher lockerer gespielt. Das mit den US Open war dann nicht mehr im Hinterkopf.

Im ITF-Ranking bist du jetzt schon auf Platz 29. Wie wichtig ist dir das wenige Monate vorm Ende deiner Junioren-Karriere?

Das ist sicher schön. Es ist eine Bestätigung für die Leistungen, die ich gebracht hab. Und ich glaube schon, dass ich einfach zu den besten 20, 30 Junioren gehöre. Dafür hab ich auch hart gearbeitet.

Du hast es nur bei den Australian Open bisher in die zweite Runde geschafft. Mit deiner Grand-Slam-Bilanz wirst du noch nicht ganz zufrieden sein, oder? Was ist bei den US Open noch drinnen?

Da bin ich wirklich noch nicht so zufrieden. Vor allem in Wimbledon wäre viel mehr drinnen gewesen, das 13:15 im dritten Satz in der ersten Runde war bitter. Aber ich glaube schon, dass mir die US Open liegen sollten, ich spiele lieber auf Hardcourt als auf Sand. Und wenn ich so gut spiele wie letzte Woche, ist sicher einiges drinnen. Ich will dort zwei Runden gewinnen.

Wie sehr bist du diese besondere Stimmung und Anspannung bei solchen Großevents schon gewöhnt?

Das ist eine super Erfahrung, wenn man bei solchen Turnieren ist, da kann man nur Positives mitnehmen. Das ist eine gute Sache. Es freut mich, dass ich das erleben kann und es hilft mir sicher weiter. Und ich komme mit dem eigentlich schon ganz gut zurecht. Ich hab auch in Wimbledon gesehen und weiß: Wenn ich gut spiele, bin ich bei den Vorderen dabei.

Und dafür erhältst du von Verbandsseite eigentlich nicht jene Unterstützung, die dir zustehen würde, oder?

Definitiv nein. Ich glaube im Februar sind uns 6000 Euro Förderung angeboten worden. Das haben wir mit meinen Trainern Wolfgang Thiem und Günter Bresnik beredet und sind dabei zum Schluss gekommen, das so wie im Fall von Dominic Thiem abzulehnen.

Warum genau?

Wir finden das einfach zu wenig für das, was ich bisher geleistet hab, vor allem im Vergleich zu den Spielern beim Verband. Der ÖTV hat sich für mich nie interessiert. Nur nach dem Finale beim ITF-Turnier in Mexiko war plötzlich Interesse da.

Wie unausgegoren ist das ÖTV-Förderungssystem?

Ich beschäftige mich nicht zu viel damit. Aber ich fände es besser, wenn man fair gegenüber jedem Spieler ist. Es gibt nicht so viele in Österreich, die im Tennis weit kommen könnten. Aber diese wenigen sollte man fair unterstützen.

Wäre es nicht besser gewesen, das Angebot trotzdem anzunehmen? Was sagst du jenen, die kein Verständnis dafür haben, eine solche Förderung abzulehnen?

Es wird schon Gründe haben, warum manche glauben, dass man sowas nicht ablehnen sollte. Man muss einfach sehen, was die ÖTV-Spieler bekommen und was ich bekomme und muss den jeweiligen Erfolg betrachten. Dann, glaube ich, ist es verständlich, so ein Angebot nicht anzunehmen. Aber es hat dafür ja auch noch andere Gründe gegeben.

Und zwar?

Es wurde uns mit dem Angebot ein Vertrag geschickt. Da sind Sachen drinnen gestanden wie etwa, dass man nichts gegen den Verband sagen darf. Und wenn man was gewinnt, darf von einem als ÖTV-Spieler geschrieben werden, obwohl ich in Wahrheit nichts mit dem Verband zu tun hab. So als ob der ÖTV mit mir Werbung machen wollte.

Wie wichtig sind aus deiner Sicht Initiativen wie etwa die APT, die dir deine Reise zu den Australian Open ermöglicht hatte?

Ich finde das eine gute Sache. Bei der APT ist man relativ neutral, die erkennen, was los ist und haben Anerkennung für das, was man leistet.

Wer ermöglicht dir derzeit deine Karriere? Ausschließlich deine Eltern?

Der NÖTV, bei dem ich de facto unter Wolfgang Thiem trainiere, leistet auch einen Beitrag, sonst eigentlich nur meine Eltern.

Dein Vater ist ja Elektriker, der ganz starke finanzielle Background wird da nicht unbedingt gegeben sein. Wie können deine Eltern diese hohen Ausgaben stemmen?

Ja, mein Vater ist selbstständiger Elektriker und meine Mutter macht für diese Firma die Buchhaltung. Mein Vater arbeitet eben richtig viel dafür, dass er mir das alles ermöglichen kann, er kümmert sich da um alles. Bei Turnieren in der Umgebung ist immer meine Mutter dabei, so wie in Linz. Die großen Reisen mache ich mit Günter oder Wolfgang. Ich bin ihnen allen sehr dankbar für das, was sie für mich alles machen.

Bedeutet diese beschwerliche Finanzierung nicht zusätzlichen Druck?

Nein. Auch meine Eltern machen mir da keinen Druck, schon gar nicht wegen dem Geld. Ich denke, ich hab da nicht mehr Druck als andere, meine Eltern machen das gerne für mich. Und mit solchen Siegen wie in Linz kann ich ihnen was zurückgeben.

Welchen Anteil an deinen Erfolgen hat das Duo Bresnik/Thiem? Und was machen die beiden besser als andere Trainer?

Einen großen Anteil. Ich arbeite sehr viel mit beiden, vor allem mit Wolfgang. Die beiden üben die Sachen mit einem so lange, bis so funktionieren, und beide glauben an mich. Sie arbeiten tagtäglich sehr hart mit mir, ich denke, dass sie jeden Tag 100 Prozent geben. Sie wollen, dass man sich jeden Tag weiterentwickelt. Sie sind einfach mit Leib und Seele dabei und wollen das Beste draus machen.

Österreich hat mit Patrick Ofner, Dominic Thiem, Michael Eibl und dir vier starke 93er-Jahrgänge. Besteht da die Chance auf gleich mehrere künftige Spitzenspieler?

Ich denke schon. Es wird jeder seinen Weg machen und hoffentlich das Beste rausholen.

Wem von diesem Quartett traust du am meisten zu? Du darfst auch "mir selbst" sagen.

(lacht) Ich glaube schon, dass ich da gute Karten hab. Und Dominic sicher auch, weil er echt alles kann und ehrgeizig ist, er will so richtig.

Wie sehen deine langfristigen Ziele aus?

ATP Top Ten! Ich will unter die besten Zehn der Welt kommen.

Da stellt sich die Frage: Warum sollst von so vielen Spielern, die das wollen, gerade du das schaffen? Was prädestiniert dich dafür?

Ich bin ehrgeizig, zielstrebig und hab das nötige Talent und Umfeld dazu. Ich muss weiter hart arbeiten, dann ist das durchaus möglich.

Woran denn vor allem?

Besonders am Aufschlag, der erste muss konstanter werden. Auch von der Grundlinie muss ich konstanter mein Niveau spielen. Und bei der Ausdauer gibt's auch genug zu tun.

Gibt's da etwa noch Defizite?

Es hat da nach den Australian Open welche gegeben, danach war ich ziemlich unfit. Aber wir haben dann einen Konditionsblock eingelegt, damit ist es besser geworden. Es wird aber noch besser werden müssen.

Vor allem, wenn du den Umstieg von den Junioren zu den Herren schaffen willst. Du hast bisher aber noch kein einziges Herren-Future bestritten. Warum nicht?

Weil ich heuer noch viele ITF-Turniere gespielt hab, etwa um mich für Paris, Wimbledon und eben die US Open zu qualifizieren. Dafür hab ich noch Punkte sammeln müssen. Wenn ich die schon früher beisammen gehabt hätte, wäre ich schon früher umgestiegen.

Glaubst du nicht, dass dir diese bisher fehlende Erfahrung anfangs auf den Kopf fallen könnte? Bei den Herren werden doch ganz andere Ansprüche an den Körper gestellt.

Nein, das glaube ich nicht. Das muss wohl jeder am Anfang durchstehen. Natürlich sind die körperlichen Ansprüche größer als bei den Junioren. Aber man wird dann schon sehen, wie ich beisammen bin und woran ich da vor allem noch arbeiten muss.

Für wann ist der Wechsel zu den Herren jetzt geplant?

Ich hab für den Linz-Sieg auch eine Wildcard fürs Wels-Future in der dritten August-Woche bekommen, das war für mich ein zusätzlicher Ansporn. Das Turnier werde ich also sicher bestreiten und die Woche davor das Future in Innsbruck, wenn es sich ausgeht auch jenes ab Sonntag in Bad Waltersdorf. Wäre schön, wenn es da mit den ersten ATP-Punkten klappt, das muss das Ziel sein. ITF-Turniere werde ich jetzt kaum mehr spielen: ein Vorbereitungsturnier vor den US Open noch, eventuell zu Jahresende die Orange Bowl - das war's!

Die nahe Zukunft heißt auf jeden Fall U18-EM in Klosters. Wann geht's los?

Ich bin schon gestern Früh von Wien nach Zürich geflogen. Dort hab ich mich mit Patrick Ofner getroffen, wir sind dann gemeinsam mit dem Zug nach Klosters gefahren. Zum Glück haben wir einen Dienstag-Spieltermin bekommen.

Viel Zeit zum Ausruhen bleibt da trotzdem nicht. Wird das nicht zu viel nach den vielen Matches der letzten Woche?

Nein, so müde bin ich eigentlich nicht. Die ersten Matches in Linz waren ja recht locker, nur nach dem Finale war ich ein bisschen erschöpft. Aber mit ausreichend Regeneration gestern geht das schon. Schlecht ist nur, dass wir nur einmal vorher zum Trainieren gekommen sind, Klosters liegt auf fast 1200 Meter Höhe, an die Bedingungen muss man sich erst gewöhnen.

Die Form passt jedenfalls. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass Österreich in den nächsten Tagen einen U18-Europameister bekommt?

(Lacht) Man wird sehen, wie's verläuft. Aber ich hoffe schon, dass es so sein wird. (Foto: GEPA pictures/ Matthias Hauer)

Das Gespräch führte Manuel Wachta.

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Dienstag
19.07.2011, 08:15 Uhr