Marat Safin schimpft über ATP-Spieler: „Langweilig und schlecht für's Tennis“

Marat Safin hat in einem Interview die Spielweise der derzeitigen Akteure auf der ATP-Tour kritisiert. Die ehemalige Nummer eins der Welt vermisst Variation, vergleicht die aktuelle Spielergeneration mit Robotern und ortet einen Schaden für das Standing des Tennis als Weltsportart.

von Lukas Zahrer
zuletzt bearbeitet: 14.03.2019, 08:15 Uhr

Marat Safin

„Egal ob ich mir Tomas Berdych, Grigor Dimitrov oder Milos Raonic angucke, sie spielen alle das gleiche Tennis. Manchmal verwechselt man sie sogar, weil sie wirklich genau gleich spielen“, sagte Safin im Interview mit Socrates. „Das ist langweilig und nicht gut für die Gesamtentwicklung dieser Sportart.“

Und weiter: „Eigentlich haben sie gar keine Spielweise, sie spielen eher wie Roboter. Die Devise lautet immer, so fest wie möglich auf den Ball zu hauen und dann zu sehen, was dabei herauskommt.“

Marat Safin: "Keiner kann Federer Paroli bieten"

Safin war von 1997 bis 2009 als Profi auf der ATP-Tour unterwegs und selbst für seine kraftvollen Grundlinienschläge bekannt. Der Russe wusste aber etwa auch am Netz mit seinen Volleys zu überzeugen. Ein komplettes Spiel, das Safin als Zuschauer vermisst.

„Auch absolute Top-Spieler wie Novak Djokovic und Stan Wawrinka spielen so. Wo sind die Unterschiede? In meinen Augen gibt es keine“, sagte der zweifache Grand-Slam-Sieger.

Einzig und allein einen Spieler nimmt Safin von seinem Rundumschlag aus: Roger Federer. „Er setzt den Slice ein, spielt Serve-and-Volley und bleibt damit unberechenbar. Er spielt mit Hirn. Viele Spieler glauben vielleicht, so gut wie Federer zu sein, aber im Endeffekt kann ihm kein Gegner Paroli bieten.“

Safin nennt den Schweizer Superstar ohne zu zögern als besten Spieler, gegen den er in seinen 13 Saisons als Profi je angetreten ist. „Mit Abstand. Er spielte Katz und Maus mit mir“, sagte Safin, und merkte an, dass er ein „gewaltiges Laufpensum“ absolvieren müsste, um gegen den 20-fachen Grand-Slam-Sieger überhaupt eine Chance zu haben. „Aber es gelang mir so gut wie nie. Es war jedes Mal der pure Albtraum.“

Marat Safin: "Ich hatte keinerlei Selbstvertrauen"

Der Mann aus Moskau gewann in seiner Karriere 15 Titel auf der Tour, darunter die US Open 2000 und die Australian Open 2005. Mit Russland sicherte sich Safin, der als erster Spieler seines Landes in die Tennis Hall of Fame aufgenommen wurde, zwei Mal den Davis Cup. Trotz seiner großen Erfolge und seines begnadeten Talents galt der heute 39-Jährige als einer jener Spieler, die am wenigsten aus ihren Möglichkeiten gemacht haben.

Ein Umstand, den ihm seine ehemaligen Trainer Ion Tiriac und Andrei Chesnokov zu Beginn seiner Karriere vehement vorwarfen. „Ich hatte keinerlei Selbstvertrauen. Aber damit provozierten sie eine Art Trotzreaktion. Sie haben es verstanden, mich als Menschen und als Tennisspieler aus der Reserve zu locken.“ 

Diese Maßnahme trug schon wenig später ihre Früchte. Spielte er bei den Australian Open 2000 noch mit Rücktrittsgedanken, stieg er einige Monate danach zum US-Open-Champion und zur Nummer eins der Welt auf. Insgesamt stand er 17 Wochen am Platz der Sonne, lieferte sich aber immer wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Gustavo Kuerten, der ihn letzlich auch beerbte.

Safin der Partylöwe? "Das sind Verlierer!"

Angesprochen auf seine Qualitäten als Partylöwe, die ihm viele Insider gerne attestieren, reagierte Safin irritiert. „Die Leute, die das behaupten, haben noch nie etwas gewonnen. Das sind Verlierer. Ich war nie die Nummer eins des Nachtlebens“, sagte er.

Dennoch ließ sich Safin eine Anekdote aus seiner aktiven Karriere entlocken. Nach seinem Triumph in New York soll er „in einer Riesendisco“ gefeiert haben, auch Lenny Kravitz war zugegen. „Ich kann mich nicht wirklich an diese Feier erinnern, aber meine Familie erzählt mir immer wieder, was für eine unglaubliche Party in dieser Nacht abging. Wenn man mit 20 so viel Alkohol trinkt, hat man das Gefühl, dass man ein Held ist.“

Nach nur einer Stunde Schlaf musste Safin am Folgetag seines bis dato größten Karriere-Triumphs zahlreiche Interviews geben. „Da habe ich ungemein gelitten, weil ich nicht fit war. Ich musste mich beherrschen“, sagte Safin. Etwas, das ihm auf dem Tennisplatz häufig nicht gelang: Laut eigenen Angaben zertrümmerte er über seine gesamte Karriere über 500 seiner Rackets.

von Lukas Zahrer

Donnerstag
14.03.2019, 16:25 Uhr
zuletzt bearbeitet: 14.03.2019, 08:15 Uhr