Michael Schwarz - "Vom Yonex-Gefühl kommt man nicht mehr weg"

Michael Schwarz ist seit mehr als zwei Jahrzehnten im Tennisgeschäft tätig. Vor kurzem hat der Österreicher bei Yonex angeheuert.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 04.07.2021, 08:31 Uhr

Bei Nick Kyrgios liegt der Yonex-Schläger extrem geschmeidig in der Hand
© Getty Images
Bei Nick Kyrgios liegt der Yonex-Schläger extrem geschmeidig in der Hand

tennisnet: Herr Schwarz. Nick Kyrgios ist in Wimbledon nach einer langen Pause mit teilweise begeisternden Leistungen wieder in den Tenniszirkus eingestiegen. Warum ist das nicht nur für seinen Schlägerhersteller Yonex eine gute Nachricht?

Michael Schwarz: Nick Kyrgios ist sicherlich ein Spielertyp, der ein Stück weit polarisiert. Aber gerade deshalb lockt er auch die Zuschauermassen gerade jetzt auf die Tribünen oder vor die TV-Geräte. Man weiß nie, was passiert. Und wenn es etwa gegen Gegner wie Rafael Nadal geht, ist eine explosive Stimmung immer garantiert. Die Tweener und verrückten Schläge, die Kyrgios immer wieder aus dem Nichts hervorzaubert, sind genau das, was den Zuseher begeistert.

tennisnet: Sie sind seit vielen Jahren im Tenniszirkus unterwegs, haben zunächst für Wilson gearbeitet, danach lange Zeit für Babolat. Nun sind Sie vor kurzem zum Team von Yonex gestoßen - warum?

Schwarz: Nach 17 Jahren bei Babolat, die letzten zehn davon als Country-Manager für Deutschland, Österreich und der Schweiz, war es für ich an der Zeit, eine neue Herausforderung zu suchen. Bei Yonex stellen wir anhand der Entwicklung der letzten Jahre fest, dass die Tennisspieler unser Produkt immer besser annehmen, dass das Interesse steigt. Und das ist der Punkt, an dem ich mich am besten für den Erfolg der Marke einbringen kann. Mir geht es um den Sport, um das Tennis. Ich möchte für Yonex etwas aufbauen.

tennisnet: Von welcher Basis aus?

Schwarz: Zunächst einmal sind die Voraussetzungen schon einmal gut. Mit dem erwähnten Nick Kyrgios, mit Naomi Osaka, mit Angelique Kerber, mit Denis Shapovalov oder Stan Wawrinka, mit Alexander Bublik, der gerade im Doppel-Endspiel bei den French Open war, oder Pierre-Hugues Herbert, der dieses Doppel-Finale gewonnen hat, spielen viele Ausnahmeathleten mit Yonex. Auf österreichischer Seite ist hier Jurij Rodionov zu nennen.

"Rafael Nadal spielt seit 15, 16 Jahren den gleichen Schläger"

tennisnet: Welche Schritte sind für den Markt-Erfolg essentiell?

Schwarz: Zunächst muss man beginnen, mit den Spezialisten zu arbeiten. Die können die Produkte am besten erklären, sind nah am Endkonsumenten und oftmals direkt am Tennisplatz. Wenn wir jetzt etwa den Peter Lehrner nehmen, eine echte Legende, der seinen Pro-Shop auf dem Gelände des BMTC hat. Peter hat täglich Zugriff auf Spielermaterial, egal, wie gut sie spielen, und kann jederzeit Feedback geben. Natürlich muss der Marke auch digital Sichtbarkeit gegeben werden. Und ganz wichtig ist das „Grass Roots“-Management.

tennisnet: Was heißt das konkret?

Schwarz: Damit ist zunächst einmal die Arbeit mit den Trainern gemeint. Aber auch mit SpielerInnen, mit Local Heros. Und man benötigt eine gute Logistik, um den entstehenden Bedarf so schnell als möglich zu befriedigen. Schließlich spielen auch noch Kooperationen wie mit dem ÖTV eine große Rolle. Denn über den Spielball von Yonex bekommen die Tennisspieler auch einen Zugang zur Marke.

tennisnet: Würden Sie aus Ihrer langjährigen Erfahrung sagen, dass es SpielerInnen gibt, die nur mit einem bestimmten Schlägertyp spielen können?

Schwarz: Sie könnten schon. Aber ein Rafael Nadal spielt jetzt seit 15, 16 Jahren im Grunde mit dem gleichen Schläger. Diese Spezifikationen, dieses Gefühl für den Schläger - das ist so tief drin in seinem Kopf. Wenn der nur für einen kurzen Moment etwas anderes spürt, dann fällt im Kopf ein Schalter um. Und dann wird die Sache anstrengend. Entscheidend ist für jede Marke, schon den Kindern und Jugendlichen Deinen Schläger zur Verfügung zu stellen, mit dem er den weiteren Weg bestreitet. Und speziell bei Yonex mit der isometrischen Schlägerform erleben die SpielerInnen ein ganz eigenes Gefühl. Wenn man das einmal gewohnt ist über viele Jahre, dann wird ein Schlägerwechsel nicht funktionieren. Damit kreiert man nur ein Problem. Wie Alex Antonitsch immer sagt: der Schläger ist die Verlängerung des Armes.

tennisnet: Ab welchem Alter werden Kinder von den Schlägerfirmen gescoutet?

Schwarz: Auch dass gehört zum Thema Grass Roots. Wir scouten auf nationaler Ebene zum Teil schon bei den U-10-Klassen, wie zum Beispiel bei österreichischen Meisterschaften.

tennisnet: Sie haben Jurij Rodionov angesprochen. Wie sieht die Betreuung eines Spielers aus, der so wie Rodionov zwischen den Plätzen 100 und 200 steht?

Schwarz: Jurij wird vom japanischen Tour-Management unterstützt. Und er hat das Glück, dass er mit Carsten Neuhaus in Deutschland jemanden sitzen hat, der ihm auf kurzem Weg helfen kann, wenn Jurij etwas braucht. Wie zuletzt bei den Turnieren in Stuttgart oder Halle. Kleine Anpassungen können bei den Tour-Events vorgenommen werden, die großen Veränderungen, wie der Wechsel auf ein anderes Schlägermodell, finden immer in der Off-Season statt. Da werden die Spieler vom Tour-Manager besucht, der dann im Idealfall auch noch jemanden dabei hat, der die Schläger bespannt, am Gewicht Veränderungen vornehmen kann.

"Pat Cash ist nach seinem Wimbledon-Sieg zu Yonex gewechselt"

tennisnet: Neigen SpielerInnen aus den hinteren Regionen der Weltrangliste eher dazu, Änderungen vorzunehmen?

Schwarz: Nicht wirklich. Wenn die einmal ihr Set-Up gefunden haben, dann doktern auch diese Burschen nicht gerne herum. Erinnern wir uns an Jürgen Melzer oder Juan Martin del Potro, wie lange die an ihren letzten drei Schläger herumgewerkelt haben, damit diese nicht kaputtgehen. Man kommt einfach nicht mehr vom gewohnten Gerät weg.

tennisnet: Zurück zur isometrischen Form der Yonex-Schläger. Als erste Spielerin hat den besonderen Nutzen Martina Navratilova erkannt, oder?  

Schwarz: Es geht sogar noch einen Schritt weiter zurück, nämlich zu Billie Jean King. Vielleicht waren die Frauen immer schon ein wenig experimentierfreudiger. Aber man darf nicht vergessen, dass etwa Pat Cash bald nach seinem Wimbledon-Sieg 1987 auch auf Yonex umgestiegen ist. Leider ist bei Cash schnell die Achillessehne gerissen. Der Vorteil der isometrischen Form liegt darin, dass die veränderte Kopfform einen etwas größeren Sweet-Spot und noch mehr Comfort bringt. Auch auf Hochleistungsniveau. Ein Yonex-Schläger macht den Unterschied, den man einfach spüren muss. So ist es mir beim ersten Versuch auch gegangen. Und wenn man dieses Gefühl einmal gehabt hat, dann kommt man davon nicht mehr weg. Die Quersaiten werden im außermittigen Bereich ein wenig länger, da bekommt man einen viel besseren Touch. Mit einem herkömmlichen Schläger kriegt man das nicht hin.

tennisnet: Ist die Schlägerfläche bei den Yonex-Modellen automatisch größer?  

Schwarz: Nein. Die isometrische Form gibt es für verschiedene Größen. Ganz wichtig übrigens: Die Performance-Rackets und die Saiten werden von Yonex selbst in Japan produziert. Wenn man sagt, dass der Qualitätsanspruch in Deutschland hoch ist, dann kann man das in Japan getrost quadrieren. Unsere Schläger kommen mit maximal einem Gramm Unterschied aus der Firma. Wenn man den Peter Lehrner oder den Michael Müthel von Ring and Roll in der Nähe von Stuttgart fragt, ob sie an den Schlägern abgesehen vom Balancepunkt etwas machen müssen, dann werden diese Experten sagen: Unsere Schläger sind so gleichmäßig, dass wirklich nur noch das klassische Tuning zu erledigen ist. Und die Schläger im ersten Schritt gar nicht ausgeglichen werden müssen.

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