tennisnet.com Allgemeines

Noch eine Doku über Boris Becker? Ja, bitte!

"Boom! Boom! The World vs. Boris Becker" heißt eine neue Dokumentation über das Leben und den Absturz von Boris Becker. Soll man sich diese Dokuwirklich anschauen? Gibt es nicht schon zu viele Becker-Werke? Ja, und trotzdem anschauen! Das meint unser Autor, der sich mit Werken über den jüngsten Wimbledon-Sieger aller Zeiten auskennt.

von Daniel Müksch
zuletzt bearbeitet: 13.04.2023, 10:47 Uhr

Nein, bitte nicht noch eine Dokumentation über das Leben von Boris Becker! Gab es gerade in letzter Zeit nicht genug Interviews, Sendungen, Formate, die das Leben der streitbaren deutschen Tennis-Legende thematisiert haben? Ja, die gab es. So hat zum Beispiel auch der Autor dieser Zeilen allein einen sechsteiligen Podcast über das Leben von Boris Becker produziert und aufgenommen. „Unser Boris“ heißt dieser. Und dann jetzt noch eine TV-Dokumentation über das Leben von Becker. Muss dann denn sein? Um es kurz und knapp zu sagen: Ja, es muss! Denn diese Doku ist gut und liefert Einblicke und Momente, die man so noch nicht kannte. "Boom! Boom! The World vs. Boris Becker" heißt die zweiteilige Dokumentation und sie ist seit wenigen Tagen bei dem Streaminganbieter Apple+ abrufbar.

Verantwortlich für das Werk ist der US-Amerikaner Alex Gibney, der für seine Dokumentationen bereits mit einem Oscar ausgezeichnet wurde und unter anderem auch einen Film über den Ex-Radprofi Lance Armstrong produziert hat.

Warum also lohnt das Gibney-Werk über Boris Becker? Grund eins: Es ist eine Zeitreise. Vor allem in die Welt der 90er-Jahre. Die Jahre, in denen Boris mit seinem Spiel Millionen Fans gefesselt hat, immer wieder kurz vor dem Karriereende stand und sich auch immer wieder zurückgekämpft hat. Eines seiner letzten Interviews gibt in den insgesamt über drei Stunden beispielksweise US-Trainerlegende Nick Bollettieri, der kurz nach den Aufnahmen verstorben ist.

Boris wenige Tage vor dem Gefängnis hautnah

Ok, eine Zeitreise. Aber die bieten fast alle Boris-Nachschauen. Vor allem kommt Boris aber selber zu Wort. Zwat hat Gibney Boris nur zweimal getroffen, aber das reicht. Einige Wochen vor dem Prozess gegen den Deutschen in London und dann noch einmal zwei Tage vor Verkündung des Strafmaßes. Es ist beklemmend, was für eine Veränderung in den beiden Treffen zu beobachten ist. Selbstbewusst, ein wenig reumütig, aber voller Zuversicht sitzt Boris beim ersten Treffen vor der Kamera. Beim zweiten Treffen hingegen ist er ein gebrochener Mann. Ein Mann vor den Trümmern seiner Existenz. Klar, er ist selber schuld und Mitleid wahrscheinlich fehl am Platz. Aber zunächst einmal sitzt dort ein Mensch. Ein Mensch mit Gefühlen, Emotionen und dem Gefängnis vor den Augen. Wen das kalt lässt, den hat der Zynismus einer in Überschriften und Hashtags gefangenen Welt wohl gänzlich aufgefressen.

Der Mensch Boris ist sehenswert. Dass dieser Mensch allerdings wenige Monate später aus dem Gefängnis entlassen wird und so lebt und spricht, als sei nichts passiert, das konnte Alex Gibney nicht ahnen. Aber dafür gibt es dann bald mit Sicherheit die nächste Dokumentation. Den nächsten Podcast. Oder noch eine Biografie.

von Daniel Müksch

Donnerstag
13.04.2023, 09:55 Uhr
zuletzt bearbeitet: 13.04.2023, 10:47 Uhr