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Nico Langmann im Interview: "Mit den Paralympics schaut es sehr gut aus"

Rollstuhl-Ass Nico Langmann wird am Donnerstag bei der Allianz Para Trophy im Rahmen der BMW Open in München aufschlagen. Wir haben uns schon am Wochenende mit ihm unterhalten.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 16.04.2024, 08:03 Uhr

Mit Nico Landmann ist immer gut plaudern
© GEPA pictures
Mit Nico Landmann ist immer gut plaudern

Tennisnet: Herr Langmann. Angeblich soll das herrliche Wetter erst dann wieder kommen, wenn die Allianz Para Trophy am Donnerstag startet. Sie haben die Sonne zum Glück noch genutzt - zum harten Training.

Nico Langmann: Wenn schon ein wunderschönes Wetter bei den BMW Open in München ist, muss man das natürlich auch ausnutzen. Und die jetzt waren ja auch noch einige Plätze zum Training frei.

Tennisnet: Haben Sie jemanden explizit zum Training mitgebracht? Wie schaut dies generell bei Ihnen aus?

Langmann: Normalerweise müsste ich das, weil ich diesen Luxus nicht kenne. Aber hier ist es so, dass ich angereist bin und gefragt habe, will jemand mit mir spielen und dann hat sich ein Fitting Partner gefunden,

Tennisnet: Bei unseren Gesprächen haben Sie stets betont, dass die Teilnahme an einem Grand-Slam-Turnier Ihr großes Ziel ist. In diesem Jahr kämen auch noch die Paralympischen Spiele dazu. Wie liegen Sie auf Kurs?

Langmann: Dieses Jahr sind die Paralympics ja in Paris, im Sommer wird in Roland Garros gespielt, was sozusagen hoffentlich für mich dann der erste Grand-Slam-Luft ist, die ich da schnuppern darf. Ich bin jetzt die Nummer 29 der Welt und die Top 40 der Welt qualifizieren sich. Es schaut eigentlich sehr, sehr gut aus. Ich habe keine Punkte mehr zu verteidigen bis zum Stichtag der Qualifikation am 15. Juli.

Nico Langmann: "Das wäre organisatorisch die größte Katastrophe"

Tennisnet: Ist es für Sie in Ordnung, dass die Paralympics von den „regulären“ Olympischen Spielen abgetrennt stattfinden, weil so das Spotlight noch viel mehr auf euch ist?

Langmann: Eigentlich ja, weil einerseits wäre es, glaube ich organisatorisch die größte Katastrophe. Wenn man jetzt philosophisch oder gesellschaftspolitisch denkt, wüsste ich gar nicht, ob das ein positiver Schritt wäre, wenn man eine inklusive Veranstaltung hätte. Und ganz ehrlich: Wenn Jannik Sinner gegen Alcaraz spielt und ich auf dem Nebenplatz, würde sich mein Vater wahrscheinlich Sinner anschauen. Ich glaube, dass die Paralympischen Spiele im Allgemeinen immer diese zweite Schiene dabei haben, immer diese zweite Botschaft dabei haben, wo es eben nicht nur um den „sportlichen Wettkampf“ geht, sondern auch dieses ins Fokus oder ins Rampenlicht bringen von Menschen, die eigentlich am Rand der Gesellschaft leben. Und ich glaube, dass das eine ganz wichtiger Botschaft ist und dass es auch voll okay ist, dass ein Behindertensport-Event alleine steht.

Tennisnet: Zur sportlichen Situation: Wie fühlen Sie sich im Moment?

Langmann: Meine Saison ist noch jung. Weil ich habe in Indian Wells im Februar ein Turnier gespielt, dann  eines in England und danach eine kleine Pause einlegen müssen, weil mein Handgelenk ein bisschen begonnen hat, Probleme zu machen.

Tennisnet: Das hört sich nach ähnlichen Problemen wie bei Dominic Thiem an …

Langmann: Aber nein. Da würde mich niemals vergleich. Leider hat es Dominic um einiges schwerer erwischt. Ich habe beim Beginn meiner Verletzungen gesagt, ich glaube, dass mein Handgelenk deswegen beleidigt war, weil ich zum ersten Mal unglaublich gutes Tennis gespielt habe. Mit einem lockeren Handgelenk, ich bin da durch die Bälle richtig schön durchgegangen. Ich habe plötzlich begonnen, den Schläger nicht zu greifen, als hätte er vier Kilo, und mein Handgelenk war es nicht gewohnt, dass es so viel verwendet wird.

Tennisnet: Die Konsequenz?

Langmann: Deswegen hat, habe ich drei Wochen Pause einlegen müssen. Danach habe ich Davis Cup gespielt. München wird damit erst mein drittes Turnier in dieser Saison.

"Hätte sich falsch angefühlt, damit Geld zu verdienen"

Tennisnet: Wie ist es mit Ihrem Buch „Wie man einen Traum aufgibt um ein Leben zu gewinnen“) gelaufen? Waren Sie zufrieden?

Langmann: Es war eine Herzensangelegenheit war, dieses Buch zu schreiben. Ich bin sehr froh darüber, was ich da transportieren durfte und wie viel Interesse es auch gab. Ich habe aber auch gemerkt, wie emotional anstrengend das danach ist, zu Lesungen zu gehen, weil es ein sehr persönliches Buch ist und du dich da jedes Mal sehr öffnest vor wildfremden Menschen. Und ich bin drauf gekommen, dass das meiner Tenniskarriere, meiner großen Leidenschaft, gar nicht gut tut. Deswegen hat der Verlag sehr viel mit dem Buch übernommen. Die sind, glaube ich, sehr glücklich, ich glaube, dass es auch gut verkauft wird.

Tennisnet: Ihr Vorschuss war wahrscheinlich so hoch, dass es Ihnen fast egal war, wie oft das Buch verkauft wird.

Langmann: Der Vorschuss war echt okay, aber der ist in eine gemeinnützigen Zweck geflossen. Weil ich wirklich da einerseits meine Lebensgeschichte dargelegt habe und sehr, sehr intime Sachen vom preisgegeben habe. Das dann zu machen, um Geld zu verdienen, hat sich falsch angefühlt..

Tennisnet: Das Turnier in München findet zum dritten Mal statt. Was ist in diesem Jahr anders?

Langmann: In diesem Jahr ist es ein offizielles Turnier, es geht um Weltranglisten-Punkte, es geht auch für viele Leute um die Qualifikation nach Paris.  Insofern ist es für uns großartig, weil man es einfach sehr, sehr wertschätzt. Die Entwicklung der Rollstuhl-Tennis-Tour auch mit der ATP-Tour gemeinsamen zu verknüpfen - ich finde, dass das auch Sinn ergibt. Wenn man schon ein Event hat, wo ganz, ganz viele Tennisfans aus der ganzen Welt oder vor allem auch aus ganz Deutschland da sind, dass man denen zeigt: „Hey, schaut´s, da spielen Zverev und Rune ein unglaublich cooles Match.“ Aber wir spielen ja gleich daneben, das weckt auch das Interesse. Ich bin sehr froh, wie das hier gemacht wird.“

von Jens Huiber

Dienstag
16.04.2024, 13:10 Uhr
zuletzt bearbeitet: 16.04.2024, 08:03 Uhr