Was Michael Stich bis heute bereut
Michael Stich plauderte in der Talkshow „Markus Lanz“ über die Olympiabewerbung von Hamburg und die Goldmedaille mit Boris Becker.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
18.03.2015, 13:11 Uhr

Michael Stich ist ein Mann klarer Worte, der sich für Sachen vehement einsetzt, wenn diese ihm wichtig sind. Der 46-Jährige war einer der prominenten Befürworter für die Olympiabewerbung der Stadt Hamburg, in der er seit vielen Jahren lebt und wo er seit 2009 Turnierdirektor des ATP-Turniers am Hamburger Rothenbaum ist. Am Montag wurde verkündet, dass sich Hamburg in der Vorausscheidung für eine deutsche Olympiabewerbung gegen Berlin durchsetzte und nun wahrscheinlich ins Rennen geht für eine Olympiakandidatur für die Jahre 2024 und 2028 – zur großen Freude von Stich.
In der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ ging es am Dienstagabend unter anderem um die deutsche Olympiabewerbung, wo auch Stich zu Gast war. Der Wimbledonsieger von 1991 sieht in Olympia eine große Chance nicht nur für seine Heimatstadt, sondern auch für den gesamten Sport in Deutschland. Zwar geraten Großveranstaltungen wie Olympia mit den vielen Vorgaben und Richtlinien seitens des IOC immer mehr in die Kritik, doch für Stich zählen die positiven Aspekte. „Am Ende ist für mich Olympia die größte sozialverbindende Komponente auf der Welt. Es ist die größte Veranstaltung, die die Welt vereint und zusammenbringt. Es gibt keine Grenzen, es gibt keine Herkunftsfrage und Hautfarbenfrage. Das gibt es alles gar nicht. Es geht rein um Sport, um den Wettkampf. Und das schafft außer Olympia nichts auf der Welt.“
„Olympiasieger ist man sein ganzes Leben lang“
Stich hat sehr gute Erfahrungen mit Olympischen Spielen gemacht. Bei seiner einzigen Olympiateilnahme, im Jahr 1992 in Barcelona, gewann der Norddeutsche die Goldmedaille im Doppel – an der Seite seines großen Rivalen Boris Becker. Obwohl sich die beiden deutschen Vorzeigespieler nicht ganz grün waren und nur das Nötigste miteinander sprachen, wurde diese olympische Zweckgemeinschaft zum vollen Erfolg. „Im Rückblick sind wir einander extrem dankbar, dass wir das gemeinsam geschafft und uns für den Erfolg zusammengerissen haben. Ich möchte das für nichts in der Welt missen. Man ist nicht Olympiasieger gewesen, sondern man ist es sein ganzes Leben lang. Das ist schon etwas Besonderes.“
Zwar ist bis heute das Verhältnis zwischen Becker und Stich nicht freundschaftlich, aber für den 46-Jährigen ist das kein Problem. „Wir waren damals nicht reif genug. Die Medien haben es ausgenutzt, und wir haben es zugelassen. Wir haben sehr voneinander profitiert und uns gegenseitig angetrieben. Ich sage immer, ich bin mit sieben Milliarden Menschen auf der Welt nicht befreundet, warum muss ich dann ausgerechnet mit Boris Becker befreundet sein? Der höchste Respekt für die sportlichen Leistungen ist immer dagewesen und wird auch immer da sein, aber als Menschen sind wird total unterschiedlich.“
„Das war furchtbar schlecht von mir“
Nach dem Olympiasieg von Becker und Stich schien aus der Zweckgemeinschaft eine kleine Freundschaft entstanden zu sein. Doch schon einige Stunden nach ihrem historischen Triumph gingen Becker und Stich wieder getrennte Wege. „Abends wollten wir gemeinsam feiern, mit den anderen auf den Putz hauen – doch ein paar Stunden nach der Siegerehrung flog Michael nach Deutschland zurück. Ich glaube, seine Freundin hat auf ihn gewartet. Ich versuchte noch, ihn umzustimmen, aber er blieb stur: ‚Nee, ich habe keine Lust.’ Und das, nachdem wir uns vierzehn Tage lang gemeinsam herumgequält hatten, bei bis zu fünfzig Grad im Schatten!“, schilderte Becker später in seiner Autobiografie.
Bei „Markus Lanz“ nahm Stich zu der ausgefallenen Feier Stellung und bereut seine damalige Entscheidung. „Das war mein Fehler und furchtbar schlecht von mir, weil ich am Abend direkt abgereist bin und nach Hause wollte. Das hatte vielerlei Gründe, aber das war schlicht und ergreifend falsch von mir. Das bereue ich heute und hätte ich nicht tun dürfen. Aber das ist passiert und nun fast 23 Jahre her. Ich hoffe, da wird Gras darüber wachsen.“(Text: cab)
Hier geht es zur unserer ausführlichen Geschichte über den Olympiasieg von Boris Becker und Michael Stich.