Petros Tsitsipas im Interview: „Ich möchte gerne nochmal im Einzel angreifen“

Nach über 8 Monaten bestritt Petros Tsitsipas beim Neckarcup in Heilbronn, einem 125er-ATP-Challenger-Turnier, sein erstes Einzel in der Qualifikation dank einer Wildcard der Veranstalter. Im Doppel ist er als aktuelle Nr. 115 im Ranking bereits in der Weltelite angekommen. Im tennisnet-Interview spricht der 22-jährige Grieche unter anderem über seine Ambitionen im Einzel, die Unterstützung durch seinen berühmten Bruder Stefanos und sein viel diskutiertes Wildcard-Jubiläum.

von Dietmar Kaspar
zuletzt bearbeitet: 10.08.2024, 09:15 Uhr

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Nach langer Zeit war Petros Tsitsipas in Heilbronn auch wieder im Einzel am Start.
© NECKARCUP/Seventyfour.studio
Nach langer Zeit war Petros Tsitsipas in Heilbronn auch wieder im Einzel am Start.

Von Dietmar Kaspar aus Heilbronn

tennisnet: Petros, Sie haben schon viele große Turniere gesehen, inklusive der Grand Slam-Turniere. Wie gefällt es Ihnen beim Neckarcup?

Petros Tsitsipas: Das Turnier ist hervorragend organisiert und ich genieße meine Zeit hier. Ich hatte schon von Kollegen gehört, dass es eines der besten Challengers im Kalender ist und das kann ich bislang nur bestätigen.

tennisnet: Sie spielten hier im Doppel an der Seite von Dustin Brown, der gerade hier in Deutschland meist zum Publikumsliebling avanciert. Wie kam es zu dieser Konstellation?

Tsitsipas: Wir kennen uns schon seit gut 5 Jahren und hatten auch außerhalb des Platzes viel Kontakt. Ich habe immer als Spieler zu ihm aufgeschaut, da sein Spiel und sein Style so einzigartig sind. Es war mir eine große Ehre, mit ihm in dieser Woche zusammenspielen zu können.

tennisnet: Sie sind in einer richtigen Tennisfamilie aufgewachsen. Gab es da eigentlich eine Chance, nicht den Weg als Tennisprofi zu gehen?

Tsitsipas: Da gab es eigentlich keine Alternative. Mein Vater ist Tennis-Coach, meine Mutter war ehemalige Profispielerin und hat die meiste Zeit davon hier in Deutschland verbracht. Sie haben uns Kindern von Beginn an den Mehrwert vom Leben als Tennisprofi dargelegt und uns diesbezüglich inspiriert. Wichtig ist aber auch die Liebe zum Tennissport und das lebe ich mit vollem Herzen.

tennisnet: Sie werden natürlich oft wegen Ihres berühmten Bruders Stefanos angesprochen bzw. mit ihm verglichen. Können sie die Vor- und Nachteile diesbezüglich benennen?

Tsitsipas: Die Vorteile überwiegen bei weitem für mich. Ich lerne so viel von ihm, sowohl beim Tennis als auch über das Leben an sich. Er ist einer der größten Tennisspieler der Welt und schon alleine, immer wieder mit ihm zu sprechen, ihn spielen zu sehen und von ihm bei den gemeinsamen Doppeln zu lernen, ist eine riesige Inspiration für mich. Er ist außerhalb des Platzes eine faszinierende Persönlichkeit und leistet so viel für den Sport. Es ist auch alles andere als selbstverständlich, dass er mir trotz seines hohen Einzel-Rankings im Doppel so zur Seite steht. Schwierig waren die Vergleiche nur anfangs als junger Spieler, wenn man sich zur eigenständigen Persönlichkeit entwickeln möchte. Aber das ging dann immer schneller vorbei je älter ich wurde.

tennisnet: Beim Masters-Turnier in Madrid haben Sie ihre insgesamt 100te Wildcard für Einzel und Doppel erhalten. Hat Sie da auch Kritik ihrer Tennis-Kollegen diesbezüglich erreicht?

Tsitsipas: Ganz ehrlich gesagt habe ich bislang keine negativen Reaktionen deswegen erfahren. Spieler beschäftigen sich damit und am Ende des Tages ist es ja auch ein knallhartes Business. Natürlich habe ich von den vielen Wildcards bislang profitiert, wie viele andere Spieler auch. Aber um als Spieler zu wachsen und es wirklich zu schaffen, musst du einfach Matches gewinnen und nur die reine Teilnahme garantiert dir keine Siege. Was zählt ist die Leistung auf dem Court. Wildcards sind eine wichtige Sache, können sich aber bei ausbleibendem Erfolg auch etwas kontraproduktiv für die Entwicklung auswirken.

tennisnet: Neben dem Doppel haben Sie hier nach langer Zeit in der Qualifikation auch mal wieder im Einzel gespielt. Wie groß sind ihre Ambitionen als Einzelspieler noch?

Tsitsipas: Zum Einzel habe ich eine sehr differenzierte Beziehung. Wie sich im Ranking ja zeigt, bin ich im Doppel mittlerweile wesentlich erfolgreicher. Im letzten Jahr hatte ich eine Oberschenkel-Verletzung, die mich zwei bis drei Monate rausgenommen hat. Als ich wieder auf die Tour zurückgekehrt bin, habe ich mich körperlich und mental nicht 100%ig bereit gefühlt für das Einzel und bin somit erstmal nur im Doppel eingestiegen, wo es dann richtig gut lief. Mein Ranking im Einzel war dann um 700, im Doppel um 200. Darum war es nicht möglich, beides mit dem gleichen Nachdruck zu kombinieren und deshalb die vorübergehende Entscheidung für das Doppel. Ich möchte unbedingt auch wieder Einzel spielen, deshalb hat mich die Wildcard für das Einzel hier sehr gefreut und war auch ein wichtiger Gradmesser um zu sehen, wo ich da so stehe. Auch einen guten Doppelspieler bringen Matches im Einzel immer weiter. Wenn ich körperlich voll da bin und vielleicht das nötige Selbstvertrauen wieder zurückkehrt, werde ich dem Einzel auf jeden Fall noch eine Chance geben.

tennisnet: Haben Sie sich bis zum Ende des Jahres ein bestimmtes Ranking zum Ziel gesetzt?

Tsitsipas: Ein bestimmtes Ranking ist für mich keine sinnvolle Zielsetzung, da dieses von so vielen Dingen beeinflusst werden kann. Ich möchte in diesem Jahr gerne bei allen vier Grand Slam-Turnieren spielen und bei den ersten beiden ist es mir zusammen mit meinem Bruder schon gelungen. Mein Ziel ist es, als Doppelspieler zu wachsen und das Spiel immer besser zu verstehen.

Vielen Dank für das Interview und alles Gute auf dem weiteren Weg.

von Dietmar Kaspar

Sonntag
11.06.2023, 12:45 Uhr
zuletzt bearbeitet: 10.08.2024, 09:15 Uhr