Die Vision des Dieter Fischer

Der Porsche Tennis Grand Prix feiert seine 40. Auflage. Was als charmantes Projekt in Filderstadt begann, ist seit langem eines der Highlights auf der WTA-Tour.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 29.04.2017, 08:00 Uhr

Dieter Fischer hatte vor 40 Jahren eine Idee

Es ist das Jahr 1977, in dem der Drogeriebesitzer Dieter Fischer große Pläne schmiedet. Gerade hat der umtriebige Schwabe in seiner Tennishalle in Filderstadt-Plattenhardt eine Gala mit einigen namhaften Profis ausgerichtet, da will Fischer noch ein gutes Stückchen höher hinaus. "Da ist die Idee gereift, ein richtiges Turnier zu veranstalten, jedes Jahr. In Filderstadt", sagt Fischer. Schnell kauft der gewiefte Selfmademann einem amerikanischen Impresario für 100.000 Dollar aus eigener Tasche die nötigen Rechte ab - und 1978, ein Jahr nach seinen ersten Überlegungen und Träumen, schlägt bereits die Weltelite in der schwäbischen Provinz auf. Keine Frage: Es ist eine Zeit, in der noch vieles möglich ist im internationalen Tennis. Auch ein rasanter Aufstieg zu globaler Bedeutung quasi aus dem Nichts.

Und dass es eine Erfolgsgeschichte ist, die Fischer da Ende der 70er Jahre auf dem flachen Land anschiebt, darüber besteht schnell kein Zweifel mehr. Fischer heißt die Stars in Filderstadt willkommen, alle Stars, die das Tennis jener Epoche hat. Martina Navratilova, Chris Evert, die heutige Grande Dame der Szene, Billie Jean King. Und er hat gleich zum Start seines Wettbewerbs, für den er den Sportwagenbauer Porsche als Titelsponsor mit ins Bott holt, eine schlagzeilenträchtige Story zu bieten. Mit Leidenschaft und Unbekümmertheit fliegt 1978 zur Premiere die Amerikanerin Tracy Austin über die Plätze, sie ist das erste der vielen Wunderkinder der Branche, und tatsächlich gewinnt sie mit ihren gerade mal 15 Jahren schließlich auch noch das Finale gegen die Holländerin Betty Stoeve. Bis zum Turnier 1981 bleibt sie ungeschlagen.

Zweites Zuhause

Fischer muss da schon längst nicht mehr für sein Turnier in der schwäbischen Idylle trommeln, längst hat sich herumgesprochen, wie angenehm familiär und beschaulich es zugeht bei diesem etwas anderen Pokalkampf. "Filderstadt war wie ein zweites Zuhause. Du hast dich vom ersten Moment an wohl gefühlt, wenn du beim Turnier warst", sagt Navratilova, sechsmalige Turniersiegerin und der größte Star jener Tennisjahre. Fischer, der Autodidakt an der Turnierspitze, tut das Seine, um sich seine vielen Stars und Sternchen gewogen zu halten. Er verwöhnt sie mit seinem einschmeichelnden Charme, mit aller gebotenen Wertschätzung - und auch mit kleinen Aufmerksamkeiten. Aufs Hotelzimmer kommt stets das berühmte Betthupferl, mal ist es ein Teddybär, mal ein edles Parfüm, mal neue Elektronik. "Es gab Spielerinnen, die mich lange vor Turnierbeginn gefragt haben, was es wohl das nächste Mal als Geschenk gibt", sagt Fischer.

Steffi Graf, eine der Größten im Tennis, bleibt in Filderstadt in einer Nebenrolle, bei ihren vier Turnierstars steht sie nur einmal im Finale, verliert 1984 gegen die Schwedin Catarina Lindqvist. 1985 gibt es Centre Court-Theater, im Spiel gegen die resolute Amerikanerin Pam Shriver fühlt sich die junge Deutsche provoziert, es hagelt Pfiffe, als Graf ihren Schläger malträtiert. Vater Peter kündigt erbost an, "dass Steffi hier nie mehr spielt." Das tut sie tatsächlich nicht mehr, aber 1999, kurz nach ihrem Rücktritt, kommt sie nach Filderstadt zurück, wird als Ehrengast umjubelt und gefeiert. Es ist ein später, nicht zu später Versöhnungsmoment. Ihre langjährige Kollegin, Landsfrau Anke Huber, hat sportlich die weitaus besseren Erinnerungen: 1991 schafft sie den internationalen Durchbruch in Filderstadt, mit einem Sieg gegen Navratilova. Auch 1994 gewinnt Huber, gegen die Französin Mary Pierce.

Notwendiger Umzug

Den größten Umbruch in der Geschichte hat Huber später selbst miterlebt und begleitet. Huber verantwortet heute die Interessen des Turniers als Sportliche Direktorin, doch nicht mehr am Schauplatz Filderstadt, sondern in der Stuttgarter Porsche Arena. 2006 zieht das Tennisspektakel um, es ist ein Tribut an größer gewordene Ansprüche der Profiorganisationen, auch an größeren Platzbedarf und neue Erwartungen des Publikums. Zunächst bleibt der herbstliche Termin im Jahreskalender erhalten, später wechselt der Grand Prix in den Frühling - und auf einen Sandboden. 2011 wird zum ersten Höhepunkt in Stuttgart, es ist das Jahr des Turniererfolgs von Julia Görges. Und der Start für das neue deutsche Tennis-Fräuleinwunder.

von Jörg Allmeroth

Samstag
29.04.2017, 08:00 Uhr