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US Open 2021: Sascha Bajin - "Es war bis zur letzten Minute nicht vorhersehbar"

Sascha Bajin wird Karolina Pliskova bei den US Open 2021 aufgrund eines fehlenden Visums nicht vor Ort betreuen können. Im Exklusiv-Interview mit tennisnet.com erklärt der deutsche Coach, wie es zu dieser Situation kommen konnte und wie er die Tschechin aus seiner Wohnung in München nun unterstützen wird.

von Nikolaus Fink
zuletzt bearbeitet: 31.08.2021, 14:26 Uhr

Sascha Bajin kann Karolina Pliskova bei den US Open vor Ort nicht unterstützen
© Getty Images
Sascha Bajin kann Karolina Pliskova bei den US Open vor Ort nicht unterstützen

Herr Bajin, Sie haben für die US Open kein Visum erhalten. Können Sie schildern, wie es dazu gekommen ist?

Es war so, dass im vergangenen Jahr wegen des Coronavirus viele Leute mit einem Visum in den USA waren. Aufgrund der Pandemie gab es die Möglichkeit, eine Verlängerung zu beantragen. Ich habe aber nicht gewusst, dass ich im Land bleiben muss, um einen Termin dafür auszumachen. Ich habe gedacht, dass ich diesen Termin überall ausmachen kann. Ich bin in der Zwischenzeit schon nach Spanien geflogen und habe dort mit Karolina gearbeitet. Es hat nämlich zwei Monate gedauert, bis man einen Termin bekommen hat. Da waren auch wirklich viele Leute in der gleichen Situation. Dadurch wurde mein Visum gecancelt, ich musste also ein neues beantragen. Sobald du unerlaubterweise einen Tag zu lange in den USA bist, wird dein Visum gestrichen. Jetzt ist mein Visum zugelassen, ich habe die ganzen Unterlagen und es ist alles bestätigt. Wegen Corona ist es aber enorm schwierig, einen Termin im Konsulat zu bekommen. Wir haben Schreiben von Verbänden - auch vom tschechischen und der WTA -, aber das hilft alles nichts. Der erste Termin ist der 9. September. Jetzt bin ich leider hier. Das ist alles relativ unglücklich.

Zum Verständnis: Sie sind also im vergangenen Dezember zum Training nach Spanien geflogen und hätten das nicht machen dürfen?

Genau. Ich hätte länger im Land bleiben sollen, aber das habe ich nicht gewusst. Ich habe nicht gewusst, dass der Termin dann ungültig ist und ich das nur in Amerika machen darf. Dann hat es quasi so ausgesehen, dass ich illegal im Land war. 

Und von Seiten der Behörden gab es auch keine Nachsicht bezüglich der Corona-Situation?

Nein, da ist dann erstmal nichts mehr gegangen. Das Problem war auch, dass mein Anwalt immer noch für IMG zuständig war und ich das Visum aber über Karolinas Managementfirma bekommen habe. Sie ist jedoch bei Octagon und da das konkurrierende Firmen sind, waren sie sich nicht ganz einig. Das hat den Prozess etwas verlangsamt. Jeder wollte seine Interessen bestmöglich bedienen. Das war zwischen ihnen ein bisschen komisch. Zwischen Karolina und mir war alles top. Sie hat immer versucht, mir zu helfen. Wir schreiben uns jetzt täglich, hinterlassen uns Audio-Nachrichten und so weiter. Das war alles ein bisschen kompliziert. Es hat sich so lange hinausgezögert. Jetzt müssen wir nur auf den Termin warten und dann dauert es ein bis zwei Tage, bis ich wieder in die USA darf.

Ab wann war absehbar, dass es zu solchen Problemen kommen könnte?

Ich habe deswegen ja schon das Turnier in Miami verpasst, aber eigentlich habe ich schon gedacht, dass es dann funktioniert. Es ging alles bis zur letzten Minute. Daher war auch die US-Open-Vorbereitung so schwer planbar. Das tut mir so leid, weil wir auch einen kleinen und guten Lauf gehabt haben. Sie hat seit Beginn des Jahres so hart gearbeitet und sie war schon in Cincinnati halbwegs alleine. Ihr Mann war auch nicht dabei. Das ist ein bisschen schade. Wir hätten auch in der Woche vor dem Turnier schön trainieren können. Das war schon alles ein bisschen doof. Es war bis zur letzten Minute nicht vorhersehbar.

Ihr Schützling wird vor Ort nun vom Tschechen Leos Friedl betreut. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande und was erwarten Sie sich von ihm?

Sie braucht ja jemanden, der ihr beim Einschlagen hilft und sie etwas führt. Sie kennen sich alle untereinander. Er ist mit Filip Polasek unterwegs und sie reden auch immer miteinander. Er hilft ihr jetzt aus und es ist super, dass sie jemanden hat. 

Sie haben schon kurz angesprochen, dass Sie mit Karolina täglich in Kontakt sind. Können Sie noch näher ausführen, wie Sie ihr nun helfen wollen?

Das ist natürlich schwierig. Ich will nicht großartig erzählen, dass ich von meiner Couch in München jemanden coachen kann. Das geht nicht. Durch die Sprachnachrichten und Telefonate bekommt man den emotionalen Stand der Dinge aber schon ein bisschen mit. Ich spreche auch viel mit dem Physiotherapeuten und auch der Trainer gibt mir jeden Abend Feedback. Während des Turniers geht es vor allem um "emotional management", aber es ist halt schwierig... Ich kenne sie auch erst seit Anfang des Jahres. Es gibt noch viele Facetten ihres Charakters, die ich nicht kenne. Wir waren erst bei drei Grand-Slam-Turnieren und die sind ja doch ein wenig anders. Es ist schon schade, denn es wäre auch eine weitere Möglichkeit gewesen, sich besser kennenzulernen - gerade, wenn es so gut läuft. 

Glauben Sie, dass Ihre Abwesenheit auf Karolina einen negativen Einfluss haben wird?

Nein, ich hoffe natürlich nicht. Ich hoffe, dass sie das Ding gewinnt. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, ob sie beeinflusst wird, glaube es aber nicht. Sie ist schon länger dabei und nicht mehr 18, 19 oder 20 Jahre alt. Auf der anderen Seite bin ich aber auch ihr Trainer und sehe mich als Bezugsperson auf dem Platz. Wenn ich draußen sitze und sie ein Match hat, habe ich es gerne, dass sie bei mir Rat sucht. Ich hoffe, dass es keine Probleme gibt. 

Karolina eröffnet heute gegen Cathy McNally. Was erwarten Sie nach dem starken Auftritt in Wimbledon bei den US Open von ihr? Sehen Sie sie in der Position, das Turnier gewinnen zu können?

Auf jeden Fall. Sie hat auch in Montreal bewiesen, dass sie gut spielt. Sie hat dort Sabalenka bei schwierigen Bedingungen geschlagen und auch in Cincinnati ist sie schön zurückgekommen. Sie hat dort - ich will jetzt nicht innere Dämonen sagen - hohe Hürden übersprungen und ist dort in zwei Matches zurückgekommen. Ich glaube, dass ihr diese Auftritte und natürlich Wimbledon viel Selbstvertrauen gegeben haben. Sie kann es noch einmal machen. Sie war ja so nah dran. Ich glaube, dass die Vorbereitung auch ohne mich ganz gut war. Ich sehe sie auf jeden Fall als eine der Favoritinnen.

Abschließende Frage: Könnte es sein, dass Sie es zum Finale noch nach New York schaffen?

Das wäre ein Traum. Es ist auch möglich, weil ich ja am 9. September in der Früh den Termin habe. Dann dauert es maximal ein bis zwei Tage, bis ich wieder fliegen darf.

Vielen Dank für das Gespräch.

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