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US Open: Bianca Andreescu - eine Teenagerin auf dem Weg zum Weltstar

Bianca Andreescu hat sich mit dem Sieg bei den US Open den ersten Grand-Slam-Titel ihrer noch jungen Laufbahn gesichert. Die Teenagerin scheint das Potential zu haben, die Tenniswelt zu verändern.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 08.09.2019, 16:00 Uhr

Bianca Andreescu in New York
© Getty Images
Bianca Andreescu

Es war ein erhellender Moment. Der Moment, als noch gar kein Ball gespielt worden war im US-Open-Frauenfinale. Bianca Andreescu stand auf einem Flur des Arthur Ashe-Stadions, Kamera und Mikrofon waren auf sie gerichtet beim sogenannten Vor dem Match-Interview. Eigentlich kann man weghören bei diesem öden Ritual, gewöhnlich werden nichtssagende Phrasen verbreitet. Andreescu aber ließ aufhorchen, ganz seelenruhig verkündete sie mit einem dezenten Lächeln, sich so ernsthaft und konzentriert „wie immer“ auf die Partie gegen Serena Williams vorbereitet zu haben, alles in der üblichen Routine. Die Reporterin vom Sportkanal ESPN zog die Augenbrauen hoch, dann entließ sie Andreescu mit guten Wünschen in die Arena. 

Wer dachte, Andreescu sei ganz nebenbei auch eine annehmbare Schauspielerin, gut darin, Normalität im allgemeinen US Open-Wahnsinn vorzugaukeln, sah sich schnell getäuscht. Denn was am beeindruckendsten war bei ihrem US Open-Titelcoup an diesem denkwürdigen 8. September 2019, waren die geradezu magische Selbstverständlichkeit und Sicherheit, mit denen sie den Sturz der Tennis-Überfrau Williams im größten Tennisstadion der Welt inszenierte. Es war ganz genau so, wie Andreescu gesagt hatte: Sie war in der Stunde der Bewährung so stark präpariert wie stets bei diesem Turnier, sie spielte auch so wie immer bei diesem Turnier – und das bedeutete: Wahnsinnig gut. Unwiderstehlich gut. Unbezwingbar gut. Andreescu, auf der Höhe ihrer Kunst, war einfach in einer eigenen Gewichtsklasse, in einer anderen Tennis-Dimension unterwegs. „Es ist unglaublich, dass ich das gegen die größte Spielerin dieser Zeit erreicht habe. Serena ist so ein großer Champion, ein Vorbild“, sagte Andreescu nach ihrem makellosen 6:3, 7:5-Sieg.

Aber die Zeiten ändern sich auch, und wie keine zweite steht nun Andreescu für den Hauch des Wandels, der durch die Szene weht: Die erste Grand Slam-Königin, die in diesem Jahrhundert und Jahrtausend geboren wurde, hat das Zeug, die Kraft- und Machtverhältnisse in der Szene neu zu modellieren – ähnlich wie Gegnerin Williams vor genau 20 Jahren, im Augenblick ihres ersten Major-Erfolgs. „Sie hat Großes vor sich, keine Frage“, sagte die Verliererin, die sich an diesem Finaltag nicht in Schiedsrichter-Chaos, Centre Court-Tumult und Zuschauer-Aufruhr geschlagen sah, wie vor zwölf Monaten im Duell mit der Japanerin Naomi Osaka. Williams war schlicht und ergreifend nur die zweitbeste Akteurin, vollumfänglich geschlagen auf ihrem ureigensten Terrain, von einer Gegnerin, die mehr Power, Präzision und Punch aufzubieten hatte. Und die mit einer Furchtlosigkeit und Courage ans Werk ging, dass es der altgedienten Martina Navratilova entfuhr: „Sie spielt, als hätte sie schon viele Jahre und viele Grand Slam-Titel auf dem Buckel.“

Von der Geheimfavoritin zur Titelträgerin

Es war allerdings ganz anders, und das war eben auch die große, verblüffende Pointe dieser Geschichte. Bianca Andreescu, die Tochter rumänischer Migranten nach Kanada, war zwar seit ihren Orange Bowl-Siegen 2014 und 2015 (Jugend-Weltmeisterschaft) ein Zukunftsversprechen in der Branche, aber vor einem Jahr war sie noch ein Niemand. Bei den US Open schied sie in der ersten Qualifikationsrunde aus, in der Weltrangliste wurde sie jenseits der Top 200 geführt. Als Nummer 152 ging sie in die Saison 2019, gewann im März das Millionenturnier in Indian Wells gegen Angelique Kerber, musste dann aber zwei Monate wegen einer Schulterverletzung pausieren. Bei den French Open gab sie in der zweiten Runde auf, körperlich immer noch nicht fit, auch in Wimbledon fehlte sie danach. Die Rückkehr in den Tourbetrieb war dann gut getimt, daheim in Kanada gewann sie eins der letzten Vorbereitungsturniere – gegen Serena Williams, die allerdings im Finale aufgeben musste. 

Natürlich war sie eine der sogenannten Geheimfavoritinnen für den US Open-Thron, doch wie sie sich dann auf den Thron setzte, war dann doch von imponierender Wucht – und vielleicht auch Tragweite. Nichts und niemand konnte die erste kanadische Grand Slam-Siegerin (Damen wie Herren) bremsen, weitgehend einsam zog sie ihre Bahnen, noch am ehesten gefordert wirkte sie im Halbfinale durch die Schweizerin Belinda Bencic. Wer aber hätte vermuten können, dass dies erst ihr vierter Grand Slam-Auftritt überhaupt war und der erste im New Yorker Hauptfeld noch dazu? „Entweder hast du diese Gene, diese Qualität, oder du hast sie nicht“, befand da Altmeister Boris Becker, der sich, nahe liegend, an seinen ersten Wimbledon-Triumph im fernen Jahr 1985 erinnert fühlte. Und wohl auch an die Schlagzeile danach: Er war zu jung, um zu wissen, dass er zu jung war, um Wimbledon zu gewinnen.

Frechheit siegt

Wie bei Becker damals, war es auch nun die Geschichte, wie Andreescu siegte. Und nicht, wie der Favorit oder die Favoritin verlor. Denn Andreescu erzwang die Fehler bei Williams, sie diktierte den Takt und Rhythmus der Partie, sie war die Herrin des Geschehens, die Dompteurin auch des Publikums über ganz weite Strecken. Nicht schlecht für eine 19-jährige, die nie aussah wie eine 19-jährige und nun verhinderte, dass Williams den heiß ersehnten 24. Grand Slam-Titel in ihren Besitz nahm. Wie einst Monica Seles brauchte „Beautiful Bianca“ (Globe and Mail) nur rekordverdächtige vier Grand Slam-Teilnahmen, um den großen Volltreffer zu landen. Den ersten, aber sicher nicht letzten. Andreescu ist tougher als der Rest der Kronprinzessinnen, die in den letzten Jahren für das Erbe auch und vor allem von Williams gehandelt wurden, in diesem Jahr gewann sie alle acht Partien gegen Top Ten-Konkurrenz. Sie liebt die große Bühne, sie ist der Stoff, aus dem Champions gemacht sind. Jahrelang stellte sich Andreescu, eine Anhängerin des Visualisierens, immer und immer wieder Triumphmomente wie jenen am Samstag in New York vor, manchmal schrieb sie sich dazu noch einen Siegerscheck aus. Dann wurde die Imagination wahr, der Traum. 

Und es war erst der Anfang, wie Andreescu allen klar machte. Als ihr Trainer Sylvain Bruneau später am Samstag Mühe hatte, den Pokal in der richtigen Pose für die Fotografenschar zu präsentieren, sagte der Coach achselzuckend: „Ich habe halt noch keine Übung darin.“ Was Andreescu mit gewohnter Schlagfertigkeit quittierte: „Dann gewöhn´ Dich mal dran.“ Frechheit siegt halt.

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