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Deutsche Damen im Grand-Slam-Tief

Die deutschen Damen blieben bei den US Open unter Soll. Zwei Monate vor dem Fed-Cup-Finale gibt es leichte Sorgen.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 31.08.2014, 11:40 Uhr

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Von Jörg Allmeroth aus New York

Gerade hatte sich Barbara Rittner bei einer abendlichen Plauderrunde am Wochenende noch einmal durch den Pleiten-, Pech- und Pannentag für ihre Mädelscombo durchgearbeitet, da schoss der Bundestrainerin unter sternenklarem New Yorker Himmel noch „etwas Positives" durch den Kopf. Es ging dabei allerdings nicht um die US Open, sondern um das Ereignis, das schon seit dem Frühjahr irgendwie alles überstrahlt im Spielbetrieb der deutschen Tennisfrauen, nämlich das Fed-Cup-Finale in Prag. „Alle wollen spielen, alle sind heiß auf dieses Match", sagte Rittner, „das ist supererfreulich." Wenigstens das.

Nein, Kabale und Hiebe gibt es bei den Schützlingen Rittners nicht, keine Boykotte, keinen Intrigantenstadl wie bei der männlichen Abordnung, und auch keine Rausschmisse wegen disziplinarischer Verstöße. Aber in welcher Verfassung sich die besten Deutschen zum Kampf gegen Tschechiens Powerteam um Wimbledonsiegerin Petra Kvitova stellen werden, gibt nach diesem letzten Grand-Slam-Turnier der Spielserie 2014 große Rätsel auf - mehr Fragezeichen jedenfalls als der Kapitänin Rittner und dem Trainerstab lieb sein können. „Es ist noch genügend Zeit bis zum Finale. Aber es muss sich auch noch was bewegen in der Leistungskurve", sagte Rittner, keineswegs alarmiert, aber doch ein wenig besorgt über den Ist-Zustand bei ihren Hoffnungsträgerinnen.

Zweifel statt Selbstvertrauen

Als Rittner in der Nacht letztmals in ihr Hotel in den Wolkenkratzerschluchten Manhattans zurückfuhr, hatte sie sozusagen drei Niederlagen mit im Gepäck - zwei nicht ganz unerwartete Knockouts vonAndrea Petkovic(gegen die DäninCaroline Wozniacki) und vonSabine Lisicki(gegen die russische TurniermitfavoritinMaria Sharapova). Und einen jähen, doch befremdlichen US-Open-Abschied vonAngelique Kerbergegen das 17-jährige Schweizer Tennis-SternchenBelinda Bencic. „Das Turnier hatte ich mir schon ein wenig anders vorgestellt", sagte die Leverkusenerin am Wochenende, „jetzt ist natürlich Enttäuschung da."

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Statt Selbstvertrauen und Sicherheit in der letzten Saisonphase aufzubauen, in diesem Countdown bis zu den Finaltagen in der „Goldenen Stadt" Prag, lösten die Auftritte der Deutschen auf der großen Grand-Slam-Bühne eher Zweifel aus. Und die Befürchtung, dass es eher schwer werden könnte mit einem großen Formumschwung in diesem heißen Tennis-Herbst. „Das war jetzt ein Dämpfer hier in New York. Aber ich bin doch guten Mutes, dass wir ein starkes Team aufstellen werden", sagte Rittner trotzig. Startplatzgarantien gab sie ihren beiden vertrauten Spitzenkräften Kerber und Petkovic, wenn die „gesund und fit sind."

Die Suche nach einem überzeugenden Doppel

Doch die so ungleichen Freundinnen, die scheue Kielerin Kerber und die extrovertierte Stimmungskanone Petkovic aus Darmstadt, plagten sich bei den US Open mühselig durch den Spielbetrieb - wankelmütig Kerber, wieder einmal zweifelnd an sich selbst Petkovic. Bei den fünf verlorenen Spielen zum Turnier-Aus gegen Bencic (5:2 zu 5:7 im zweiten und letzten Satz) wirkte Kerber ähnlich erstarrt wie schon beim French-Open-Rausschmiss gegenEugenie Bouchard. Petkovic, die nach sommerlicher Viruserkrankung den Anschluss verloren hatte, blieb selbst nach zwei überstandenen Turnierrunden ohne Lockerheit und vermittelte ihren Fans ein Gefühl der inneren Zerrissenheit. Mit den Reisestrapazen zum Fed-Cup-Halbfinale Anfang April nach Australien, die sie später auch anführte als Grund für manche deutsche Enttäuschung des Frühjahr und Sommers, hatte das alles aber nichts zu tun - selbst Chefin Rittner wollte das nicht gelten lassen.

Im Verteilungskampf um die vier Plätze im Team steckt durchaus Brisanz. Rittner ist bekannt dafür, an vertrauten Personaltableaus festzuhalten, an Teams, in denen vor allem auch die Chemie im Beziehungsgeflecht stimmt. Doch nach dem verletzungsbedingten Fehlen in den Auftaktrunden des Fed Cup drängt nun die Berlinerin Lisicki zum Endspiel zurück in die Equipe, nicht ganz unberechtigt auch nach einem US-Open-Auftritt, der ihren Aufwärtstrend der letzten Wochen bekräftigte. „Alles ist offen. Alle können sich empfehlen", sagte Rittner. Wobei: So richtig überzeugend sind alle ihre Handlungsalternativen in Wirklichkeit gar nicht, dennJulia Görgessetzte in New York ihre Serie von Erstrunden-Niederlagen fort, und die ewige Nationalspielerin und DoppelspezialistinAnna-Lena Grönefeldklagt derzeit über hartnäckige Hüftprobleme. Das macht für Rittner vor allem die Suche nach einem überzeugenden Doppel schwer, einem Doppel, das am Ende des Finals womöglich noch den Ausschlag über Sieg und Niederlage geben könnte. Käme es soweit, wäre nach dem jetzigen Stand allerdings schon viel erreicht für die deutschen Damen.

von tennisnet.com

Sonntag
31.08.2014, 11:40 Uhr