Wawrinka-Coach Daniel Vallverdu im Interview - „Wünsche mir deutlich mehr Beteiligung der NextGen"

Daniel Vallverdu ist nicht nur der Coach von Stan Wawrinka - der in Venezuela geborene Ex-Profi sitzt auch im Council der ATP. Und ist ein grandioser Gesprächspartner.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 26.06.2022, 19:14 Uhr

Dani Vallverdu hat vor Stan Wawrinka auch schon Andy Murray, Grigor Dimitrov oder Karolina Pliskova gecoacht
© Getty Images
Dani Vallverdu hat vor Stan Wawrinka auch schon Andy Murray, Grigor Dimitrov oder Karolina Pliskova gecoacht

tennisnet: Herr Vallverdu. Wo steht Stan Wawrinka aktuell?

Dani Vallverdu: Stan ist in einer sehr guten Position. Seit er Ende Februar wieder begonnen hat zu trainieren, haben sich die Dinge eigentlich jede Woche positiv weiterentwickelt. Körperlich fühlt er sich gut, mit dem Fuß gibt es keine Probleme, und auch spielerisch machen wir Fortschritte. Es wird Zeit brauchen. Stan war fast zwei Jahre außer Gefecht. Und: Seine Motivation ist weiterhin hoch, er liebt die tägliche Arbeit, macht das, was die Coaches ihm sagen. Bis jetzt hatte er auch keine Rückschläge.

tennisnet: Es geht hier das Gerücht um, dass Stan immer der erste Spieler auf der Trainingsanlage ist. Können Sie das bestätigen?

Vallverdu: Er mag es früh aufzustehen. Das stimmt.

tennisnet: Wenn man sich die Turnierplanung von Dominic Thiem nach dem Comeback ansieht: Hätte man im Nachhinein vielleicht anders gemacht. Wie fällt Ihr Resümee für Stan Wawrinka aus, der ja, wie Thiem, in Marbella wieder eingestiegen ist?

Vallverdu: Bei uns ist der Hauptfokus auf dem Terminplan gelegen. Dabei haben wir immer im Hinterkopf gehabt, dass es mehrere Schritte braucht, um wieder ganz nach oben zu kommen. Jeder Spieler ist anders. Aber für Stan würde es keinen Sinn machen, jede Woche zu spielen. Er hat Phasen gebraucht, in denen er an seiner Fitness arbeiten konnte. Und andere Phasen, in denen er an seinem Spiel arbeiten konnte. Wir haben es deshalb langsam angehen lassen. er hat in Marbella gespielt, dann in Monte-Carlo. Danach gab es eine Pause mit einem Trainingsblock, und wir sind für Rom und die French Open zurückgekommen. Wir sind immer noch in der Aufbauphase.

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tennisnet: Welche Phasen unterscheiden Sie?

Vallverdu: Der erste Schritt ist einfach, zurück auf den Court zu kommen und zu sehen, wie der Körper reagiert. Da muss man sehr vorsichtig sein. In der zweiten Phase gibt es eine Kombination aus Training und Matches. In dieser Phase sind wir gerade. Und die letzte Phase heißt dann, wieder einen vollen Kalender zu spielen.

Vallverdu - "Keine Gewinner bei dieser Entscheidung"

tennisnet: Sie sind ja nach wie vor im Players Council der ATP vertreten. Wie kontrovers ist dort die Entscheidung diskutiert worden, beim Wimbledon-Turnier 2022 keine ATP-Punkte zu vergeben?

Vallverdu: Nicht sehr. Was unsere Entscheidung beeinflusst hat war die Frage, wie sie andere Spieler betreffen könnte. Aber das Prinzip war, dass wir die wichtigste Regel in der ATP befolgt haben. Und die lautet: Jeder sollte bei allen Turnieren spielen dürfen, unabhängig von Rasse, Religion oder Geburtsland. Es ging mehr darum, die Fairness des Rankings zu beschützen. Und man kann am Ende des Jahres nur ein faires Ranking haben, wenn jeder einzelne Spieler auf der ATP-Tour die Möglichkeit gehabt hat, bei allen Turnieren zu spielen. Leicht gefallen ist uns die Entscheidung dennoch nicht. Jeder möchte in Wimbledon spielen, es ist das beste Turnier des Jahres. Es hat keine Gewinner in dieser Sache gegeben.

tennisnet: Im Golfsport droht gerade eine große Spaltung. Neben der PGA Tour hat sich sehr schnell und mit viel Geld eine zweite Tour aufgebaut, zu der viele der Topstars abgewandert sind. Sehen Sie diese Gefahr auch für den Tennissport?

Vallverdu: Diese Gefahr gibt es immer. Aber im Tennis ist eine vergleichbare Entwicklung schwieriger als im Golf. Dort kann man in fast jedem beliebigen Club weltweit ein tolles Event aufsetzen. Um im Tennis mit den Grand Slams und den Masters-1000-Turnieren zu konkurrieren, braucht man eine viel kompliziertere Infrastruktur. Dafür benötig man mehr Zeit im Tennis. Eine neue Tour im Tennis hätte viele Unsicherheiten. Und darauf lassen sich die Spieler ungern ein.

"Ich respektiere das Grundprinzip der PTPA voll"

tennisnet: Wie sieht im Moment das Verhältnis zwischen der ATP und der PTPA aus?

Vallverdu: Das Grundprinzip der PTPA respektiere ich voll. Weil es bedeutet, dass die Spieler besser repräsentiert werden. Damit stimme ich zu einhundert Prozent überein. Aber in der ATP haben wir schon eine sehr offene und transparente Struktur. Wenn man sich damit auseinandersetzen möchte. Unsere Struktur ist so, dass die Spieler sehr großen Einfluss nehmen können. Es ist aber schwierig, wenn Leute Kommentare abgeben, die sich nicht mit den Hintergründen der Entscheidungen auseinandergesetzt haben. Man kann die Spielerrepräsentation auch von innen verbessern.

tennisnet: Würden Sie sich wünschen, dass die Generation um Alexander Zverev, Daniil Medvedev oder Stefanos Tsitsipas mehr Verantwortung im Council übernimmt?

Vallverdu: Absolut. Félix Auger-Aliassime war der einzige Spieler aus der #NextGen-Gruppe, der im Council war, aber er hat sich jetzt zurückgezogen. Jetzt haben wir keinen der #NextGen im Council. Ich sage seit drei, vier Jahren: Lasst uns diesen Spielern wenigstens anbieten, dass sie als Gäste und ohne Verpflichtung an den Sitzungen teilnehmen. Wann immer sie können. Aber dann würden sie verstehen, wie die Strukturen sind. Viele junge Spieler sehen die ATP nur als Vertretung der Turniere. Und nicht als eine 50:50-Partnerschaft zwischen den Spielern und den Turnieren. Ich wünsche mir deutlich mehr Beteiligung der jüngeren Generation.

Daniel Vallverdu, Coach von Stan Wawrinka, beim Interview in Wimbledon
© privat/tennisnet
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